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Bemerkungen zu den Plänen der OVAG, die Wasserversorgung der Städte des Vogelsbergkreises zu übernehmen.

Von Diplom- Volkswirt Wilhelm Rühl,  Zeller Weg 4, 36304 Alsfeld

Nicht nur in Grebenau, sondern im ganzen Vogelbergkreis soll die Wasserversorgung ( in welcher Vertragsform auch immer ) von der OVAG übernommen werden ( vergl.offizielle Absichtserklärung der "OVAG  ENERGIE UND WASSER : Erledigung der Wasserversorgung durch die OVAG" ). Der zuständige Regierungspräsident ( s. Anlage ) und das betreffende Landesministerium ( s. Anlage ) gaben vorläufig zustimmende Stellungnahmen ab. Diese Vorbereitungen sind ein Zeichen dafür, dass es hier um mehr geht, als um den Ausgleich der gemeindlichen Haushaltsfinanzen.

Es ist wohl verständlich, dass ein Versorgungsunternehmen in der privatrechtlichen Form einer AG, welches neben der Stromversorgung auch schon Wasserwerke besitzt, seinen Geschäftsbereich ausdehnen will und deshalb den Städten anbietet, deren Wasserver- und -entsorgung zu übernehmen.

Die OVAG bietet dabei die folgenden Vertragsformen an :

- Betriebsführungsvertrag ( vergl. Entwurf ),

- Pachtvertrag ( vergl. Entwurf ),

- Öffentlich-rechtliche Vereinbarung  über die Übertragung der Aufgaben der öffentlichen Wasserversorgung ( vergl. Entwurf )

Jetzt gehört die OVAG den Kreisen im mittelhessischen Raum, aber nicht den Städten. Allerdings spielen die Bürgermeister der Städte in den Kreistagsfraktionen eine beherrschende Rolle. Allein schon die Tatsache, dass sie dadurch auf die Stellen, die ihre Aufsicht ( Kommunalaufsicht ) ausüben sollen, einen Einfluss ausüben können, halte ich fuer bedenklich.

Daneben haben auch die letzten Personalbesetzungen der leitenden Stellen der OVAG mehrfach gezeigt, dass Spitzenpolitiker hier ihre Karriere verbessern konnten, was natürlich auch legitim ist. Solange sie allerdings noch einer Kommune vorstehen, sollte deren Interessen zum Wohl ihrer Bürger einen Vorrang vor den persönlichen Ambitionen haben.

Situation der Stadt Alsfeld

Hier ist zunächst zu bemerken, dass die beiden letzten Bürgermeister über die Position des Landrats die leitende Funktion im Vorstand der OVAG übernommen haben, was zuletzt auch dazu führte, dass die SPD die Landratsposition im Vogelsbergkreis verlor und m. E. auch den negativen Ausgang der Kommunalwahlen ( Verlust von 3 Sitzen ) beeinflusste.

Hier wird wohl nach dem ursprünglichen Plan, die Stadtwerke ( Wasserver- und -entsorgung ) zu verkaufen, eine Verpachtung angestrebt.

Als Grund für die Übergabe an die OVAG wurde wohl allgemein die schlechte Finanzlage der Gemeinde angegeben. Dies ist schon deshalb unsinnig, da der sog. "Verkauf von Tafelsilber" die Finanzprobleme ( zumindest mittel- und langfristig ) nicht löst, da er ja die Ursachen der schlechten Finanzlage nicht ändert, ja dazu beiträgt, dass diese gar nicht erkannt werden.

Bei einer Verpachtung fällt sogar die kurzfristige Überbrückung der Finanzlage weg. Ausserdem müsste eine höhere Pacht erzielt werden als in Eigenregie erwirtschaftet werden kann, was ich für ein Unding halte.Dies ist erst recht der Fall, wenn man einen jahrelangen .Pachtertrag kapitalisieren sollte, wovon ja dann noch Banken zusätzlich zu Lasten der Bürger profitieren könnten ( sog. Factoring )..

Nachteile für die Bürger

In jedem Fall, ob Verkauf oder Verpachtung, überwiegen die Nachteile für den Bürger, um die es ja eigentlich gehen sollte.

1. Das gemeinschaftliche Interesse der durch Anschlusszwang an der Versorgung angeschlossenen Bürger kann nicht mehr durch deren Vertretung wahrgenommen werden.

2. Der eventuell kurzfristig aus einem Erlös erzielte finanzielle Vorteil entlastet den Bund bzw. das Land von Mitteln, die diese durch Gesetze mit Ausgaben für die Kommunen bzw. Steuerleichterungen beschlossen haben und die unten bei den Gemeinden an- bzw. ausfallen. Sie sind ja eigentlich verpflichtet, die finanziellen Ausfälle auszugleichen.

3. Unabhängig von dem zusätzlich zu erzielende Gewinn wird in jedem Fall die OVAG die Wasserpreise erhöhen müssen, da bei einer privaten Rechtsform noch Steuern ( Mehrwert-, Kapital-, Gewerbesteuer ) anfallen.

4. Gerade in ländlichen Gegenden mit geringer Anschlussdichte ist eine ortsnahe Versorgung und Verwaltung wichtig. Anschlüsse an grosse Unternehmen bedeuten in der Regel auch mehr Leitungsbau, was nicht nur höhere Kosten, sondern auch eine Minderung der Qualität des "frischen" Wassers bedeutet.

5. Gerade in den einzelnen Ortschaften ist es vor Ort möglich, zu erkennen, inwieweit der örtliche Wasserbedarf durch örtliche Quellen gedeckt werden kann und unnötige ( gerade in ländlichen Gegenden wegen der geringen Anschlussdichte kostenträchte) Verbundleitungen vermieden werden können.

6. Ähnliches gilt auch beim Ausbau der für die Abwässer notwendigen Kanäle. Hier hat gerade die Entwicklung in den neuen Ländern gezeigt, welche immensen Folgekosten durch den Ausbau weiträumiger Abwasser- und Kläranlagen für den Bürger entstehen, wenn nicht der örtliche Bedarf, sondern letzlich das Gewinnstreben von Architekten und Bauunternehmen staatliche Zuschüsse "verbraten" hat. Dabei war es auch gleich, ob öffentlich-rechtliche Zweckverbände oder private Versorgungsunternehmen die Bauträger waren.

7.. Die OVAG wird wohl nach der Übernahme grössere Wassermengen in die Ballungsgegenden abgeben. Aus früherer Zeit ist bekannt, dass dann Schäden in der Naturvegetation und sogar an Gebäuden eintreten.

8. Es besteht die Gefahr, dass bei einem Verkauf der OVAG an einen grossen Energieversorger ( z.B. E.ON, RWE ) oder dessen Tochtergesellschaften jegliche politische Kontrolle verlorengeht, zumal dies von der FDP immer wieder gefordert wird.

9. Die o. a. deutschen Energiekonzerne haben bereits in das internationale Geschaeft eingegriffen.

Weltweites Beispiel

Hierzu aktuell ein Auszug aus dem Bericht "Agrarpolitik des Nordens gerät ins Visier der Kritiker" der Frankfurter Rundschau vom 04.02.2002 :

" Andere Teilnehmer des Forums in Porto Alegre haben sich gegen die Privatisierung von Wasser gewendet. Die voranschreitende Privatisierung öffentlicher Wasserbetriebe sei eine existenzielle Bedrohung für Millionen von Menschen, sagte der italienische Umweltaktivist Ricardo Petrella. Häufig setze die Weltbank Regierungen von Entwicklungsländern unter Druck, indem sie die Freigabe von Krediten an Projekte zur Wasserprivatisierung koppele.

Paulo Solon aus der bolivianischen Stadt Cochabamba berichtete, der Konzern Bechtel habe das Recht gekauft, 40 Jahre lang die Wasserreserven Cochabambas zu verwalten. Nach einer Preiserhöhung um 40 Prozent habe die Bevölkerung massiven Widerstand geleistet."