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Nachteile der Überführung öffentlicher Aufgaben und Unternehmen ( Eigenbetriebe ) in eine private Rechtsform ( insbesondere in eine GmbH )

( Beispiele dargestellt an der Wirtschafts- und Strukturförderungsgesellschaft des Kreises Höxter ).

Vorbemerkung :

An der Wirtschafts- und Strukturförderungsgesellschaft des Kreises Höxter wird ( insbesondere bei Diskussion über ihre Auflösung ). hier dargestellt, wie die in einer privaten Rechtsform ( hier GmbH ) geführten öffentlichen Aufgaben Parlamente entmachten und dabei noch höhere Kosten verursachen. Dieses Papier stammt aus 1984.  Ähnliche Verhältnisse wurden vor Ort auch in der Gegenwart beobachtet.

1. Die öffentliche Aufgabe ( hier: Wirtschaftsförderung ) wird der öffentlichen Haushaltskontrolle entzogen : Es erscheinen keine Einnahme- und Ausgabepositionen im Haushaltsplan. Wirtschaftspläne von Gesellschaften mit über 50 % Beteiligung der Kommune sollten eigentlich dem Haushaltsplan beigefügt sein, was aber oft nicht zutrifft..

Beispiel: Eine versteckte Ausweisung als Finanzvorschau der GMBH war erst aufgrund meines ständigen Drängens erfolgt.

2. Die parlamentarische Kontrolle wird zumindest stark erschwert. An den Sitzungen der Gesellschafterversammlung bzw. des Aufsichtsrats dürfen keine Abgeordneten als Gäste teilnehmen, noch nicht einmal die stellvertretenden Mitglieder der Gesellschaftsorgane. Kleine Fraktionen haben überhaupt kein Kontrollrecht.

3. Die Entscheidungskompetenz wird auf die Gesellschaftsorgane ( Vorstand, Geschäftsführer, Aufsichtsrat) verlagert, in der meist die Exekutive vertreten ist.

Beispiel : Im Aufsichtsrat, der die Mittel vergab, hatten die Stadtdirektoren die Mehrheit.

4. Die Rechnungsprüfung obliegt nicht dem vom Rechnungsprüfungsausschuß eingesetzten Rechnungsprüfungsamt, sondern privaten Wirtschaftsprüfern, die betriebswirtschaftliche ( sprich : privatwirtschaftliche ) Gesichtspunkte vor volkswirtschaftliche stellen.

5. Die Informationsmöglichkeiten sind stark erschwert.

Beispiel : In unserer Fraktion wurden keine Berichte aus den Gesellschaften gegeben, auch nicht auf mein Drängen hin.

Eine Akteneinsicht ist auch nicht möglich.

Beispiel :Als stellv. Aufsichtratsmitglied wurden mir Einblicke in die Protokolle verweigert.Die SPD- Stadtratsfraktionen und die kleinen Fraktionen des Kreistags hatten überhaupt keine Informationsmöglichkeit. Als ich einmal ( 1975 oder 1976 ) an einer Aufsichtsratsitzung teilnahm, habe ich die betroffenen Stadtratsfraktionen informiert.
 

6. Aufwandsentschädigungen werden oft ungerecht vergeben

Beispiel :Während die kommunalen Spitzenbeamten während ihrer Arbeitszeit noch Vergütungen erhielten ( als Aufsichtsratsmitglieder die Stadtdirektoren Sitzungsgelder, als Geschäftsführer der OKD Gehalt ), wurde die Tätigkeit der Mandatsträger ( Kreistagsabgeordneten als Vertreter in der Gesellschafterversammlung ) ehrenamtlich ausgeübt, wobei oft noch auf den Verdienstausfall verzichtet worden war. ( vergl. meinen diesbezüglichen Redetext bei der Auflösung einer Wirtschaftsförderungsgesellschaft in NRW )

7. Die Wirtschaftspüfungsgesellschaften verdienen nicht nur an den Prüfungshonoraren, sondern auch an zu erstellenden Gutachten.

8. Je nach Vorteil kann sich auf die private Rechtsform ( z. B. auf Verschwiegenheitspflicht in der Aufsichtsratssitzung auch gegenüber anderen Fraktionsmitgliedern ) oder auf die öffentliche Aufgabe ( z. B. Umgehung der privatrechtlichen Bewertung der Steuerpflicht für Eigentümer bei Nießbrauchabtretung ) berufen werden.

9. Es kann eine besondere Geschäftsordnung: des Aufsichtsrats beschlossen werden, deren Inhalt Außenstehenden nicht bekannt ist. Hier gibt es die Möglichkeit, sich selbst die Aufwandsentschädigungen festzulegen. ( ein Beispiel lag mir vor ).

1o. Brisante , politisch nicht durchsetzbare Entscheidungen können ohne Wissen von Öffentlichkeit und Parlament durchgesetzt werden. ( z. B. die Bereitstellung von 85ooo,-- DM für die Planung der Kreiswasserversorgung).

11. Es können ohne Wissen des Parlaments Geldmittel von einer Gesellschaft in eine andere GmbH übertragen werden ( z. B. die o. a. 85000,— DM von der Wirtschaftsförderungsgesellschaft in die Kreiswasserversorgungs- GmbH ).

12. Kommunale Eigengesellschaften in Form von GmbH bzw. AG ( z. B. Stadtwerke ) können mit verbindlicher Aussenwirkung Anteile an- und verkaufen.

13. Die Parlamentsmehrheit kann wegen der Nichtöffentlichkeit ihre Klientel ohne öffentliche Kritikmöglichkeit bedienen.
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Konsequenz :

Auszug aus dem Wahlprogramm 1984 der SPD des Kreises Höxter :( Seite 3, 2. Absatz ) :

" Wir lehnen auch die Überführung kommunaler Eigenbetriebe ( z. B Stadt- und Wasserwerke ) in eine private Rechtsform ab, da diese die Kontrolle durch den Stadtrat erschwert. Gemeinschaftsaufgaben von Kreis und Städten sind in öffentlich-rechtlichen Zweckverbänden durchzuführen. "
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Praktische Auswirkungen :

Während meiner politischen Tätigkeit erlebte ich insgesamt 4 Fälle, wo solche kommunalen GmbHs aus der Opposition heraus verhindert werden konnten,  bzw.  hinterher  wegen angeprangerter Gesetzeskollision aufgelöst werden mussten.

Der Fall der Auflösung einer Wirtschaftsförderungsgesellschafts- GmbH , der ganz gräuschlos durch Dringlichkeitsbeschluss ( =  mit Unterschrift von 2 Abgeordneten )  vollzogen werden sollte, konnte öffentlich gemacht werden. Er kann durch folgende Unterlagen dokumentiert werden :

1. Warum die Wirtschaftsförderungsgesellschaft ( WiFG) des Kreises Höxter aufgelöst wurde   -   Antworten des SPD- Kreistagsabgeordneten Wilhelm Rühl ( Höxter ) in der Kreistagssitzung am 17.03.1988 auf die rhetorischen Fragen des OKD Sellmann aus der Wirtschaftsförderungsausschußsitzung am 1o. 12. 1987

2.  Die Wirtschaftsföderungsgesellschaft des Kreises hat den Steuerzahler zusätzliche Verwaltungsausgaben gekostet "  -
Ausführungen des SPD- Kreistagsabgeordneten Wilhelm Rühl in der Kreistagssitzung am 17. 03. 1988

3. Zeitungsbericht der Neuen Westfälischen Zeitung vom Freitag, 18.März 1988 -  „Wirtschafts- und Strukturförderungsgesellschaft" aufgelöst - OKD: „Hat ihre Aufgabe erfüllt" - Rühl: „Überflüssig und unnütz"