Zurueck zur Homepage
Große Koalition 2005 : Folgt nach der Mehrwertsteuer die Diskussion um das Mehrheitswahlsystem ?  (04.11.2005)

Einer der Hauptpunkte der Großen Koalition von 1966 - 1969 war u. a. die Diskussion um die Einführung des Mehrheitswahlrechtes mit dem Ziel, eine stark aufkommende NPD  ( sie erreichte bei den Bundestagswahlen 1969 fast 5 % der Stimmen) abzublocken. Eine dementsprechende Änderung des Wahlrechts stiess nicht nur bei der FDP, sondern auch bei der Basis der SPD auf sehr starken Widerstand, sodass das Ziel nicht weiter verfolgt wurde. Das geht auch aus einem Bericht vom Bezirksparteitag meines damaligen SPD- Bezirks Ostwestfalen. Lippe hervor, der im "express international" vor dem SPD- Bundesparteitag in Nürnberg  1968 erschien. Der Bericht stammte von einem Juso aus Warburg (Westfalen). der dort bei der "Neuen Westfälischen" beschäftigt war. An dem Zustandekommen des Berichts war ich damals auch beteiligt.

Ob in der heutigen (wahrscheinlich zustande kommenden) Großen Koalition  ein Mehrheitswahlrecht in Erwägung gezogen wird (z. B. wegen des Anwachsens der Linkspartei), ist fraglich, zumal wegen der FDP und den Grünen ein stärkerer Widerstand zu erwarten ist.

Die Große Koalition war 1966 nicht von einem SPD- Parteitag, sondern nur vom versammelten Parteivorstand, Parteirat und der Kontrollkommission  (sog. "Kleiner Parteitag") im Vorfeld beschlossen worden. Auf dem nächsten ordentlichen Parteitag in Nürnberg 1968 wurde sie dann mit knapper Mehrheit gebilligt, nachdem sich bereits 1967  Arbeitsgemeinschaften
Sozialdemokratischer Gewerkschaftler in Rheinland- Pfalz und Nordhessen zu einer innerparteilichen Opposition gesammelt hatten (vergl. "Wie die Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) in der SPD entstand" (lt. Anlage)).

In der damaligen Großen Koalition von 1966 - 1969 wurden folgende wichtige Gesetze beschlossen

- Parteiengesetz (1967) mit neuem Organisationsstatut (in der SPD : ohne Maßnahmen gegen Organisationsgliederungen)

- Stabilitätsgesetz (1967)

- Notstandsgesetzgebung (1968 gegen den Widerstand einer ausserparlamentarischen Opposition)

Außerdem wurden diskutiert :

- Mehrheitswahlrecht (in der SPD : Blockwahlrecht)

- Anfänge zu Änderungen der Ostpolitik (Anerkennung der DDR).

In dem Bericht "SPD- Parteitag vor 33 Jahren - Wie 1968 auf dem Nürnberger SPD- Bundesparteitag sich die Mitgliedschaft
gegen die Notstandsgesetze und Einschränkung ihrer Rechte wehrte" (siehe Anlage) habe ich aus meiner Sicht als Delegierter des (jetzt in den Landesbezirk NRW zentralisierten) Bezirks Ostwestfalen- Lippe die Vorgeschichte und den Ablauf dieses Parteitages geschildert.