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Oberhessische Zeitung
Vogelsbergkreis
Mittwoch, 27. Dezember 2006 • Seite 20


Hier schreibt der Leser :

 „Verscherbelt"

Betreff: Verkauf von Landeseigentum an private Investoren

Die Immobilientransaktion „Leo II" wurde durch die Adlaten der Koch-Administration im hessischen Landtag abgenickt. Hinter „Leo II" verbirgt sich das Verhökern und die gleichzeitige Zurückmietung von 36 landeseigenen Immobilien - Eigentum der hessischen Bürger also - wie Behördenhaus und Polizeidirektion in Bad Hersfeld, Behördenzentrum in Fulda, Amtsgericht in Friedberg, Polizeipräsidium, Gerichte/Staatsanwaltschaft, Behördenzentram und Behördenhaus in Gießen, Hessische Bezügestelle, Gerichte, Behördenzentren in Kassel, Wirtschaftsministerium, Behördenzentrum, Statistisches Landesamt, Landesvermessungsamt, Polizeischule, Polizeirevier und Präsidium für Technik, Logistik und Verwaltung in Wiesbaden (Quelle Drucksache 16/6376 Landtag). So hat die Hessische Landesregierung zusammen mit „Leo I" im vergangenen Jahr in so genannten Sale-and-lease-back-Deals Volksvermögen von rund 2 Milliarden Euro verscherbelt. Nutznießer solcher Deals sind die Investoren, denn sie können mit solchen Geschäften Steuern entziehen und ihnen wird gleichzeitig über die Zurückmietung langfristig eine Rendite durch das Land (die Steuerzahler) garantiert. Die Koch-Administration trägt also dazu bei, dass Steuereinnahmen wegbrechen. Weitere Nutznießer sind die Rechts- und Transaktionsberater und Datenbeschaffer. Genannt werden Kosten von 6,5 Millionen Euro.

Die Landtagsfraktion der SPD hat gegen „Leo II" votiert. Um so unverständlicher ist nun, dass G. Rudolph - Landtagsabgeordneter der SPD -im Schwalm-Eder-Kreis als SPD-Vordermann gemeinsam mit der FWG vehement den Verkauf der Schwalm-Eder-Kliniken vertritt. Hier ist die Asklepios Kliniken GmbH mit 90 Prozent einer Bietergemeinschaft im Gespräch. Befürchtet werden von den Belegschaften nach erfolgter Übernahme Lohndumping, Tarifflucht, Arbeitsplatzverlust und drohende Einschnitte in der wohnortnahen Gesundheitsversorgung. Ein Blick nach Hamburg oder Lich belegen dies. Das besonders Skandalöse bei diesem Deal ist, dass der Schwalm- Eder-Kreis für diese Übernahme noch 16 Millionen Euro zahlt, um sich so aus der Trägerschaft und der damit verbundenen Verantwortung loszukaufen. Nach Angaben von Verdi-Nordhessen stelle das tatsächliche öffentliche Eigentum an den Kliniken einen Gegenwert von 134,5 Millionen Euro dar.

Und was passiert in Alsfeld? Hier steht Herbert Diestelmann (SPD) als Bürgermeister an der Spitze der Kommune. Alsfeld ist bereits eine Hochburg der formalen Privatisierung. Gleichzeitig ist er auch Kreistagsabgeordneter. Als solcher hatte er persönlich keine Einwände gegen einen allerdings gescheiterten SLB-Deal des Vogelsbergkreises im Jahr 2003. In Alsfeld strebt besonders er Privatisierungsdeals in welcher Form auch immer an. Einzelheiten blieben bis jetzt unter Verschluss. So kann man nur vermuten, dass beispielsweise das Schwimmbad einem Privatisierungmodell geopfert wird, wie da wären: Veräußerung mit Zurückmietung (SLB) ohne Risiko für den Käufer, Verpachtung mit Kaufoption ohne Risiko für den Pächter. Das Risiko trägt immer der Bürger. Was passiert mit der Stadthalle? Wird hier das Eigentum der Alsfelder an einen Investor verscherbelt, der dann ein Luxushotel installiert, das wiederum von der Stadt gemietet und unter Umständen mit Verlust weiter vermietet wird? Solch wahnwitzige Privatisierungen dürften eigentlich Kommunal- und Landesparlamente nicht zulassen.

Hans-Georg Bodien für Attac Alsfeld/ Vogelsberg

Der Briefschreiber gab zu dieser Homepage per Email noch folgende Ergänzung:

"Ergänzt werden müsste, dass der Klinik-Deal (symbolischer Verkaufserlös 1.-€) im Schwalm-Eder-Kreis am 21.12. im Kreistag (hier zeigten etwa 400-500 Besucher heftig ihren Protest. Meine Frau und ich waren auch dabei) durch die Fraktionen der SPD und der FWG abgenickt wurde. Ein Telefonat mit dem 1. Kreisbeigeordneten Becker (SPD) am 22.12. ergab, dass der Vertrag - ich wollte Einsicht- wegen personengeschützter Daten nicht öffentlich sei. Angesprochen auf Leo II in Hessen und die Ablehnung der SPD-Fraktion gab er an, diesen Deal nicht zu kennen, wollte sich mit mir aber auch nicht weiter über Hessen unterhalten. Zu betonen ist nochmals, dass Landrat (Neupärtel), 1. Kreisbeigeordneter (Becker) und G.Rudolph.(MdL) alle die SPD vertreten."

 

Ein ausführlicher Bericht der „Linken Zeitung“, Kassel über die entscheidende Kreistagssitzung ist hier zu erreichen.