Vorbemerkung :
Hier wird dargestellt, wie sich durch die Privatisierung öffentliche Aufgaben bzw. Vermögen ( insbesondere im kommunalen Bereich ) Schritt für Schritt in die Finanzmärkte einordnet, die dann den Vorrang vor allen ursprünglichen gemeinwirtschaftlichen Aufgaben übernehmen. Die Zusammenfassung ist einem Referat eines Seminars der Friedrich- Ebert-Stiftung entnommen, das mit dem AfA- Unterbezirk Höxter 1980 durchgeführt wurde, die allerdings aktualisiert worden ist
1. Schritt der Privatisierung
:
Öffentliches Vermögen ( z. B. Wasserwerke ) oder öffentlich
erbrachte Dienstleistungen ( z. B. Müllabfuhr ) werden ausgegliedert
und als Eigenbetrieb in öffentlicher Regie betrieben ( z. B. Stadtwerke,
Sparkasse ). Dies ist eigentlich noch keine Privatisierung, aber schon
eine Trennung von der öffentlichen Verwaltung.
2. Schritt der Privatisierung
Die Eigenbetriebe ( z. B jetzige Sparkassen und öffentliche Banken ) werden immer mehr gewinnbringend, nicht mehr gemeinnützig; betrieben.( Kommerzialisierung ). Auch hier bleibt der öffentliche Charakter erhalten. Nur die Geschäftsführung übernimmt private Formen und Verträge.
3. Schritt der Privatisierung
Die Eigenbetriebe werden zu eigenen Kapitalunternehmen, deren Kapital noch zu 100 % der öffentlichen Hand gehört ( sog. Eigengesellschaften ). Sie erhalten eine private Rechtsform ( GmbH, AG ) und sind damit rechtlich selbständig. Man spricht hier auch von formaler Privatisierung.. Beispiele: Stadtwerke GmbH, OVAG ..
4. Schritt der Privatisierung
Privatrechtlich geführte öffentliche Unternehmen schließen sich ggf. mit bereits bestehenden gemischtwirtschaftlichen oder auch privaten Unternehmen zusammen ( z. B. EAM , von der einige Alsfelder Ortschaften Strom beziehen ) .
5. Schritt der Privatisierung
Kommunen verkaufen ganze Werke oder Anteile davon ( GmbH- Anteile, Aktien ) an Konzerne und erwerben unter Umständen dafür Aktien dieser Konzerne bzw. ihrer Tochterunternehmen. Dies ist geschehen bei dem Verkauf des KEA ( Kreiselektrizitätsamt ) Höxter an die Preag. Es wurden hauptsächkich Aktien der PREAG erworben.Die Stadt Höxter hat auch von dem Erlös der Stadtwerke für rund 1 Million DM Aktien der Konzernmutter, der Gelsenwasaer AG, gekauft.
6. Schritt der Privatisierung
Die öffentliche Hand bzw. die Konzerne verkaufen ihre Anteile an private Anleger ( z. B. bei der Ausgabe der VW- Aktien, VEBA- Aktien, der sog." Volksaktien ", später bei Telekom )
7. Schritt der Privatisierung
Von der öffentlichen Hand bzw. den Konzernen werden bei der Ausgabe der Aktien rentable von unrentablen Teilen getrennt. Die rentablen Teile werden privatisiert, die unrentablen verbleiben der öffentlichen Hand. Schlagwörter " Privatisierung der Gewinne " und " Verstaatlichung der Verluste " , Beispiele : Postdienst, Ruhrkohle AG .
8. Schritt der Privatisierung :
Konzerne booten die Kleinaktionäre ihrer Tochtergesellschaften aus, wenn sie die entsprechenden Mehrheit erreicht haben. Dies geschieht zunächst durch lukrative Angebote, später durch Übernahme bzw. Verschmelzung. Sie können in einem Kauf- Angebot in Einzelfällen auf die seit 01.01.2002 gültige Gesetzesregelung hinweisen, wonach bei einer mehr als 95 %-igen Beteiligung des Mehrheitsaktionärs die Möglichkeit besteht, dass außenstehende Minderheitsaktionäre gegen Gewährung einer Abfindung ausgeschlossen werden können und diese dann zur Annahme einer "freiwilligen Abfindung" im Hinblick auf eine spätere "Enteignung" veranlassen. Letztlich kann die betreffende Gesetzesregelung zur "Enteignung" mit Geldentschädigung durchgführt werden.
Sinn und Zweck ist wohl u. a., durch den kurzfristigen und von den Aktionären nicht zu kontrollierenden An- und Verkauf von Anteilen ( meist in Paketform ) Gewinne zu erzielen.
Bei dieser abschliessenden Kapitalkonzentration werden Unternehmen nur von einem Aktionär übernommen. Ist er eine private ( natürliche ) Person, kann man dies eine echte "Ein- Mann-AG" nennen. In der Regel wird wohl wegen der Grösse aber eine anonyme Kapitalgesellschaft ( juristische Person : AG oder GmbH ) der Einzelaktionär sein. In diesem Falle kann man diesen Vorgang wohl nicht mehr Privatisierung nennen, da ja private Personen in der Eigentümerrolle vollkommen ausgeschieden sind. Man sollte diesen Vorgang der letzten Stufe dann "Kapitalisierung" bezeichnen.
Und was sind die Folgen ? Über Handlungen von Managern und Nutzniessern ( Vorstände, Aufsichtsräte, Beiräte, Notare, Wirtschaftsprüfern usw. ) wird auch im Innenverhältnis die Kontrolle stark vermindert.
Weiter sehe ich hier noch eine andere Entwicklung : Die Konzerne werden
die ertragreichen Unternehmen voll übernehmen. Für die anderen
Anleger werden dann nur noch die Bereiche übrig bleiben, wo wenige
oder gar keine Gewinne mehr zu erzielen sind. ( vergl. Seite
"Die höchste Stufe der Privatisierung ist in Deutschland erreicht
: Grossanleger dürfen Kleinaktionäre enteignen").