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DIe Privatisierung der Sparkassen und öffentlichen Banken in den Veröffentlichungen von Attac.

- Fassung vom 16.09.2006 -


von Diplom- Volkswirt Wilhelm Rühl, Zeller Weg 4, 36304 Alsfeld/Hessen,
Tel. 06631/74524   Email : Wilhelm.Ruehl@t-online.de

                                                                                       

Diese umfangreiche Seite zeigt meine aktuellen Berichte zum o. a. Thema aus den Jahren 2004 und 2005. 

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1: Auszug aus den AttacBasisTexten 9 "Privatisierung : Wahn & Wirklichkeit" von Peter Hauschild u.a. (VSA-Verlag Hamburg (2004)

Hier befindet sich auf den Seiten 75 und 76 mein Beitrag : 

6.8 Vormarsch der Sparkassen-Privatisierung

Gegen Ende der 1970er Jahre begann eine Kommerzialisierung der Sparkassen, die damit ihren Gründungsauftrag immer mehr verließen. Eines der ursprünglichen Ziele, Kinder und andere »kleine Leute« zur Sparsamkeit (mit einem damaligen gesetzlichen Spareckzins von 3%) anzuhalten und dabei für »mündelsichere« Geldanlagen zu sorgen, trat vollends in den Hintergrund. Man schloss sich dem rücksichtslosen Gewinnstreben anderer Banken an. Ihre Zins- und Gebührenpolitik begünstigt nunmehr eindeutig die Besserverdienenden und trägt erheblich zur Umverteilung von unten nach oben bei.

Bald wurden mit Hilfe der neuen Bestimmungen des Kreditwesengesetzes die ersten Privatisierungsmöglichkeiten genutzt: Durch Ausgabe von hochverzinslichen nachrangigen Verbindlichkeiten und Genussscheinen, in Einzelfällen sogar mit stillen Beteiligungen konnten Gewinne abgeschöpft werden, die ursprünglich lt. Gesetzen und Satzungen »nicht Hauptzweck des Geschäfts« waren. Dies ergab sich aus der angeblichen Notwendigkeit zu der alles umfassenden Gewährsträgerhaftung zusätzliche Einlagen mit Kapitalhaftung einzuführen.

2001 wurde im Rahmen der EU nach längeren Verhandlungen vereinbart, mit Wirkung von Mitte 2005 die Gewährsträgerhaftung wegfallen zu lassen, die die Existenz der Sparkassen durch die Haftung der Kommunen bisher abgesichert hatte, In 2002 wurden die Sparkassengesetze der Länder und die Satzungen der Sparkassen nicht nur entsprechend geändert, sondern in unterschiedlichem Ausmaß in den Ländern - weitere Privatisierungs- und Fusionsmöglichkeiten vorgesehen.

Am 1.1.2003 entstand aus der Hamburger Sparkasse die erste Sparkasse mit einer privaten kommerziellen Rechtsform, die Haspa AG. Zuvor waren bereits die Berliner Sparkassen in die jetzt skandalumwitterte Bankgesellschaft Berlin AG einverleibt worden, die nun einer unsicheren Zukunft entgegengehen.

In verschiedenen Bundesländern gibt es immer mehr Pläne zu größeren Fusionen der Sparkassen untereinander, z.T. mit den betreffenden Landesbanken, die in Hessen bereits zu einem gemeinsamen Verbund mit der Landesbank Hessen- Thüringen (HELABA) führte. Als dann sogar im November 2003 der Bundesbankpräsident dem Druck der (ausländischen) privaten Großbanken nachgab und laut Frankfurter Rundschau vom 22.11. erklärte, »die Sparkassen sollten ... sich auch privaten Anteilseignern öffnen«, beschlossen die Stadtvertreter von Stralsund, »ihre Sparkasse« zu verkaufen, weil die Aufsichtsbehörde eine Zwangsfusion mit einer Nachbarsparkasse vornehmen wollte. Es wird nun geprüft, wie das unter Umgehung des Landessparkassengesetzes ermöglicht werden kann, z.B. durch einen Einzelverkauf der Vermögensteile mit einem so genannten Asset-Vertrag. Der sächsische Finanzminister bot schließlich einer Großbank eine Minderheitsbeteiligung (49%) bei der sich entwickelnden Sachsen-Finanzgruppe der Sparkassen an, stieß aber vorerst auf Ablehnung, da ihr dies zu wenig Einfluss ermögliche. Die Privatisierung der Sparkassen ist an allen Fronten auf dem Vormarsch.

---------------------------------------------------- Ende dieses Berichtes

 

Auszug aus „Die Privatisierung der Welt - Hintergründe, Folgen, Gegenstrategien -

Reader des wissenschaftlichen Beirats von Attac

Koordination Jörg Huffschmid

Hier befindet sich auf den Seiten  206 bis 213 mein Beitrag.

Wilhelm Rühl : Auf dem Weg zur Privatisierung von Sparkassen und öffentlichen Banken

Die Sparkassen sind in der Regel selbständige Anstalten des öffentlichen Rechts. Ihre Gewährsträger sind die Kommunen: Gemeinden, Kreise oder Zweckverbände. Diese tragen die Gewähr dafür, dass ihre Einwohner das bei den Sparkassen angelegte (angesparte) Geld nicht verlieren können. Deshalb haftet die Kommune für die Verbindlichkeiten ihrer Sparkasse gegenüber den Gläubigern, die ja vorwiegend ihre einheimischen Kunden sind. Diese so genannte Gewährsträgerhaftung soll Mitte 2005 wegfallen.

Für die Sparkassen gilt grundsätzlich das Regionalprinzip. Sie dürfen nur innerhalb des Gebietes ihres Gewährsträgers, d.h. in der betreffenden Kommune, geschäftlich tätig sein. Ihren Anstalten gegenüber haften auch die zuständigen Kommunen dafür, dass ihnen genügend finanzielle Mittel, d.h. genügend Eigenkapital, für ihren Geschäftsbetrieb zur Verfügung steht. Man spricht hier von der Anstaltslast, die die Kommunen gegenüber ihrer Anstalt haben. Die Sparkassen haben einen »öffentlichen Auftrag«, der in den Sparkassengesetzen der Bundesländer und ihren Satzungen festgeschrieben ist. Er hat sich im Laufe der Jahre gewandelt und ist in Deutschland wegen der Zuständigkeit der Länder für die Sparkassengesetze auch unterschiedlich. Im Allgemeinen wird ihm eine lokale bzw. regionale gesellsehafts- und sozialpolitische Zielsetzung zugerechnet, die den örtlichen Kreditbedarf unter besonderer Berücksichtigung der Arbeitnehmer, des selbständigen Mittelstandes und der Kommunen decken soll. Im Einzelnen gehören dazu:

- Gewährleistung aller bankwirtschaftlichen Leistungen in der betreffenden Region mit einem ausreichenden Zweigstellennetz;

-  Förderung des Sparens und der Vermögensbildung;

-  Beitrag zur Förderung der Wirtschaftsstruktur;

-  Hausbank der Kommunen des Gewährsträgerbereichs;

-  Sicherung des Wettbewerbs im Bankgewerbe.

Zusammenfassend wird hier auch von der Daseinsvorsorge im Geld-und Kreditbereich gesprochen. Der für Sparkassen gültige Grundsatz der Gemeinnützigkeit gewährt ihnen steuerliche Vergünstigungen. Danach »ist bei wirtschaftlicher Führung die Gewinnerzielung nicht Hauptzweck ihres Geschäftsbetriebes«. Angestrebt werden soll das Kostendeckung s pr i nzip. Trotzdem erzielte Gewinne dürfen dann auch nur für gemeinnützige Zwecke verwendet werden. Gegebenenfalls können sie auch der Sicherheitsrücklage, die bei Sparkassen dem Eigenkapital entspricht, zugeführt werden.

Sparkassen- und Giroverbände organisieren den Zahlungsverkehr untereinander und sind Interessenvertreter. SiKommerzialisierunge haben in der gesamten Sparkassenorganisation eine starke Stellung und sind oft mit erheblichen Anteilen an den Landesbanken beteiligt. Sparkassenverbunde sind Zusammenschlüsse von Sparkassen und werden immer mehr zur Übernahme von überregionalen Geschäften der Sparkassen genutzt.

Kommerzialisierung

Ende der 1970er Jahre begann eine Kommerzialisierung der Sparkassen, die sich damit immer mehr von ihrem Gründungsauftrag entfernten. Ihr Ziel, Kinder und andere »kleine Leute« zur Sparsamkeit (mit einem ehemaligen gesetzlichen Spareckzins von 3%) anzuhalten und dabei für »mündelsichere« Geldanlagen zu sorgen, wurde aufgegeben. Man schloss sich mehr und mehr dem rücksichtslosen Gewinnstreben anderer Banken an. Die jetzt praktizierte Zins- und Gebührenpolitik (mit Mindestgebühren) begünstigt nunmehr auch eindeutig die Besserverdienenden und trägt damit erheblich zur Umverteilung von unten nach oben bei.

Angefangen hat dies alles Ende der 1960er Jahre bei den Landesbanken und mit dem Skandal um die Hessische Landesbank erreichte es seinen ersten Höhepunkt. Diese Entwicklung wurde nach der Gründung der WestLB (Westdeutsche Landesbank) durch Ludwig Poullain, ihren ehemaligen Vorstandsvorsitzenden, weiter vorangetrieben. In seinem Buch »Taetigkeitsbericht« (Seewald-Verlag, Stuttgart, 2. Aufl. 1979) schildert er die damaligen Vorgänge. Hier kann man lesen, wie sich Bedienstete der Sparkassen von oben, d.h. von den Direktoren her, von Beamten zu gut bezahlten Angestellten mit »14 Monatsgehältern« mauserten, wovon besonders die Spitzenleute profitierten, die sich als »Banker« profilierten. Ludwig Poullain selbst wurde schließlich 1981 von einem Gericht vom Vorwurf des missbräuchlichen Abschlusses eines millionenschweren Berater Vertrages entlastet, indem man ihm den Status eines »Bankers« zuerkannte. Kein Wunder, dass es danach innerhalb der Organisation der Landesbanken und Sparkassen und von Seiten der Politik Bestrebungen gab, Sparkassen nicht nur zu fusionieren (besonders im Rahmen der kommunalen Gebietsneugliederungen), sondern bei einer bereits faktisch gewonnenen Unabhängigkeit von den Gewährsträgern auch zu privatisieren.

Am weitesten fortgeschritten ist diese Entwicklung zur Kommerzialisierung im Bundesland Rhein l and-Pfalz. Mit einer Änderung des Sparkassengesetzes im Jahre 1998 wurde hier erstmalig der öffentliche Auftrag der Sparkassen auch formal ad acta gelegt. War die Sparkasse bisher eine »mündelsichere, dem gemeinen Nutzen dienende rechtsfähige Anstalt des öffentliches Rechts«, wurde sie in Rheinland-Pfalz nun zur »öffentlich-rechtlichen Bank«, was sie unumschränkt zu allen Bankgeschäften und wohl auch grundsätzlich zur Gewinnerzielung berechtigt.

Da die Sparkassen aber eine eigenständige öffentliche Rechtsform besitzen, konnten sie sich bis jetzt noch vor einer weitgehenden formalen Privatisierung abschirmen, wobei sicherlich auch die Erhaltung der Pfründe der Kommunalpolitiker eine Rolle gespielt hat. Im Laufe der Jahre ist aber, wie die Frankfurter Rundschau bereits 1984 schrieb, durch die »Hintertüre« an einzelnen Punkten mit der Privatisierung begonnen worden.(1)

... und erste praktische Privatisierungsschritte durch »stille Beteiligungen«

Nach der Novelle des Kreditwesengesetzes im Jahre 1976 wurden mit Hilfe der neuen Bestimmungen die ersten Privatisierungsmöglichkeiten genutzt: Durch Ausgabe von hochverzinslichen nachrangigen Verbindlichkeiten und Genussscheinen, in Einzelfällen sogar mit stillen Beteiligungen konnten Gewinne abgeschöpft werden, die laut (damaligen) Sparkassengesetzen und Salzungen »nicht Hauptzweck des Geschäfts« waren. Begründet wurde dies mit der angeblichen Notwendigkeit, zu der (damals noch) alles umfassenden Gewährsträgerhaftung zusätzliche Einlagen mit Kapitalhaftung einzuführen.

1990 erschien dann ein Buch über die Entwicklung der Sparkassen und Genossenschaftsbanken, das sich bereits ausgiebig mit der Sparkassenprivatisierung befasste.(2)  Dort war schon zu lesen, was ich ab 1998 in der Sparkassensatzung meines heimatlichen Vogelsbergkreises fand: die Möglichkeit der Aufnahme von privaten stillen Beteiligungen. Grundlage dafür war das 1993 verabschiedete hessische Sparkassengesetz, das eine solche Beteiligung bis zu max. 49% des haftenden Eigenkapitals erlaubte. In der gegenwärtig gültigen Satzung der Sparkasse Vogelsbergkreis ist sie allerdings auf max. nur 4,9% begrenzt. Eine solche stille Beteiligung wurde hier erstmals im Jahresabschluss 2001 mit 0,9 Mio DM in der Bilanz ausgewiesen.

Die stille Beteiligung spielt auch bei der im Laufe der 1990er Jahre gegründeten Bankgesellschaft Berlin AG eine große Rolle. Diese befindet sich nach der Kapitalerhöhung vom 29. August 2001 zu 80,95 % im Besitz des Landes Berlin (zuvor etwa 56,6 %). Sie gehört außerdem zu 10,85 % der Nord LB, zu 2,27 % dem Versicherungskonzern Parion (Gothaer Versicherung) und befindet sich zu 5,93 % im Streubesitz. Die Bankgesellschaft ist an der Landesbank als stille Gesellschafterin mit einem Anteil vun 75,01 % beteiligt. Das Land Berlin hält unmittelbar einen Anteil von 24,99 % an der Landesbank, hat aber seine entsprechenden Gewinmmsprüche an die Bankgesellschafl abgetreten. Damit ist die Bankgesellschaft wirtschaftlich Alleineigentümerin der Landesbank. Alle Berliner Sparkassen sind in der Landesbank integriert.

Die Kritik gegen diese Rechtskonstruktion richtete sich zum einen dagegen, dass die auf öffentliche Interessen verpflichtete öffentlich-rechtliche Anstalt einer auf Gewinnerzielung orientierten Aktiengesellschaft und ihrem Weisungsrecht untergeordnet werden solle. Das sei letztlich verfassungswidrig. Auch werde das Durcheinander der unterschiedlichen Weisungs- und Kontrollmechanismen von Anstalt und Aktiengesellschaft sowie der Regelungen von Beteiligungs- und Interessenwahrungsvertrag dazu führen, dass im Ergebnis eine wirksame Kontrolle überhaupt nicht gewährleistet sei.

Wegfall der Gewährsträgerschaft

Um die Jahrtausendwende (1999/2000) lief das private Bankgewerbe Sturm gegen die Konkurrenz der öffentlichen Banken und Sparkassen in der Bundesrepublik Deutschland, die hier ca. 40% der Privatkonten führen. Es warf den Öffentlichen vor, sie besäßen durch die Gewährs-trägerhaftung der öffentlichen Körperschaften (Bund, Länder und Kommunen ) einen großen kreditpolitischen Vorteil und würden dadurch den Wettbewerb zu ihren Gunsten verzerren. Dagegen führten die Öffentlichen zu ihrer Rechtfertigung ihren gesetzlichen gemeinnützigen Auftrag, z.B. die Versorgung des ländlichen Raumes mit Geld und Kredit und die räumliche Begrenzung ihres Geschäftsbetriebs, ins Feld.

In diesen Streit wurden EU-Gerichte und die EU-Kommission eingeschaltet. Es folgten Verhandlungen der deutschen Bundesregierung mit der EU-Kommission. Diese vertrat konsequent ihre europäischen Wettbewerbsrichtlinien und ging auf keinen Kompromiss ein. Sie stellte der Bundesregierung praktisch ein Ultimatum. In einem Brief machte sie klar, dass die Gewährsträgerhaftung der öffentlichen Hand aus ihrer Sicht den Wettbewerb verzerrt und damit gegen EU-Recht verstoße. Die Eigentumsverhältnisse der öffentlich-rechtlichen Banken sollten aber nicht infrage gestellt werden. Es ginge nur darum, »Bedingungen für eine faire Konkurrenz in Europa zu schaffen«.

Dieser Druck der EU-Behörden war letztlich von Erfolg gekrönt: Die Bundesregierung gab nach. Sie willigte ein, dass die Gewährsträgerhaftung ab Mitte 2005 wegfallen wird. In der Zwischenzeit (bis Ende 2002) ging man - fast unbeachtet von der Öffentlichkeit - in den Bundesländern daran, die Sparkassengesetze zwecks Wegfalls der Gewährsträgerhaftung zu ändern. Alle maßgeblichen Personen, die vorher noch gegen deren Wegfall (und damit für eine personengesicherte Haftung, also persönliche Solidarität innerhalb der Kommune) opponiert hatten, beugten sich jetzt der von den Großbanken in Brüssel lancierten Forderung nach alleiniger Kapitalhaftung, die natürlich nur diejenigen begünstigt, die dieses Kapital besitzen. Auch die hiervon betroffene Gewerkschaft ver.di leistete keinen Widerstand mehr gegen den Wegfall der Gewährsträgerhaftung, lehnte aber weitergehende Maßnahmen (z.B. Fusionen) ab.(3)

Bei den entsprechenden Änderungen der Sparkassengesetze in den deutschen Eandtagen wurden allerdings Bedenken gegen den Wegfall der Gewährsträgerhaftung laut, die sich vor allem auf die damit einhergehenden zusätzlichen Kosten für die Sparkassen bezogen, die von den Kunden getragen werden müssten. So erklärte u.a. der rheinland-pfälzische Wirtschaftsminister Bauckhage in der Beratung vor der Beschlussfassung: »Mit der Abschaffung der Gewährsträgerhaftung und der Umgestaltung der Anstaltslast ab dem Jahr 2005 wird den öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten der Wind natürlicherweise stärker ins Gesicht blasen. Der Blick muss jedoch schon jetzt in die Zukunft gerichtet werden; denn die Zukunft hat bereits begonnen. Nicht erst im Jahr 2005, wenn die neuen Haftungsregelungen in Kraft treten, sondern bereits heute verteuert sich die Refinanzierung der öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute. Das ist keine Frage(4)

Reaktionen: Die Gründung der »Hamburger Sparkasse AG«

Mit dem 1.1.2003 wurde das Bankgeschäft der Hamburger Sparkasse (Haspa) in die »Hamburger Sparkasse AG« (Haspa AG) ausgegliedert, wodurch die erste deutsche Sparkasse mit einer privaten kommerziellen Rechtsform entstand. Die traditionelle Haspa, die eine »juristische Person alten hamburgischen Rechts« darstellt, bleibt nur noch als Holding über drei selbständigen Sparten bestehen:

- einer Gesellschaft mit dem eigentlichen, dann ausgegliederten Bankgeschäft, die Haspa AG,

- einer zweiten Gesellschaft mit allen Haspa-Imniobilien und

- einer dritten Gesellschaft, in der Haspa-Töchter und -Beteiligungen wie die »Neue Leben« oder die LBS Hamburg zusammengefasst werden.(5)

Die Haspa AG nennt sich »öffentliche Sparkasse des Privatrechts« und ist zur Anlegung von Mündelgeld geeignet«. In ihrer Satzung sind noch alte Sparkassen-Aufgaben, wie »Förderung des Sparsinns«, »Vermögensbildung breiter Bevölkerung s kreise« und »Befriedigung des Kreditbedarfs der örtlichen Wirtschaft unier besonderer Berücksichtigung des Mittelstandes« weiter aufgeführt.

Auf der Bundeskonferenz Finanzdienstleistungcn der ver.di-Gewerk-schaft in Dortmund im April 2003 wurden Bestrebungen im Saarland bekannt, in einem neuen Sparkassengesetz die private Rechtsform der AG für Sparkassen zu ermöglichen.(6)

... und Versuche zum Verkauf von Sparkassen

In verschiedenen Bundesländern gibt es Pläne zu größeren Fusionen der Sparkassen untereinander, z.T. mit den Landesbanken. In Hessen existiert bereits ein gemeinsamer Verbund mit der Landesbank Hessen-Thüringen (HELABA).

Als der Bundsbankpräsident im November 2003 dem Druck der (ausländischen) privaten Großbanken nachgab und erklärte, »die Sparkassen sollten sich auch privaten Anteilseignern öffnen«,7 beschlossen die Stadtvertreter von Stralsund »ihre Sparkasse« sogar zu verkaufen, um einer Zwangsfusion mit einer Nachbarsparkasse zu entgehen, die die Aufsichtsbehörde vornehmen wollte. Es sollte zunächst geprüft werden, wie das unter Umgehung des Landessparkassengesetzes möglich gemacht werden kann, z. B. durch einen Einzelverkauf der Vermögens-teile mit einem so genannten »Asset«-Vertrag. Dagegen formierte sich jedoch bei der zuständigen Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern, bei den Sparkassenverbänden und sogar bei den betroffenen Bürgern Widerstand, der dazu führte, dass das Vorhaben aufgegeben werden musste.(8)

Der sächsische Fjnanzminister bot einer Großbank eine Minderheitsbeteiligung (49%) bei der sich entwickelnden Sachsen-Finanzgruppe der Sparkassen an, stieß aber auf Ablehnung, weil dies der Großbank zu wenig Einfluss ermöglichte. Als die Frankfurter Sparkasse, schon längere Zeit ein Zusammenschluss von zwei Sparkassen aus freier und städtischer Trägerschaft, im Frühjahr 2004 in Schwierigkeiten geriet, kamen sogleich - neben der Fusion mit dem Hessisch-Thüringischen Verbund - »Privatisierungsoptionen« (Verkauf, AG) ins Gespräch.(9)

Noch ist der Damm nicht auf breiter Font gebrochen, aber die Versuche zur auch organisatorischen Privatisierung der Sparkassen werden immer mächtiger.

 

Anmerkungen

(1) Laut Frankfurter Rundschau vom 07.11.1984

(2) Vgl. Sparkassen und Genossenschaftsbanken im Spannungsverhältnis zwischen Moral und Ökonomie: Strukturelemente, Organisationsgrundsätze und Geschäftspolitik von Claus Oellerking. Manfred Holzgrabe. Sparkassenprivatisierung, S. 170-176.

(3) Vgl. Presserniiteilung von ver.di Sachsen vom 12.11.2001.

(4) Siehe Protokoll des Rheinland-pfälzischen Landtages - 14. Wahlperiode - 26. Sitzung, 19. Juni 2002, Seite 1728-1735.

(5) Vgl. Hamburger Abendblatt vom 31.12.2002.

(6) Vgl. Neues Deutschland vom 14.4.2003.

(7) Vgl. FR vom 21.11.2003.

(8) Vgl. Financial Times Deutschland vom 17.03.2004.

(9) Vgl. FR vom 05.04.2004.

Literatur und Links

Informationen und weitere Materialien unter http://www.meinepolitik.de/privaspk.htm

(1) http://www.meinepolitik.de/prispaka.htm

(2) http://www.meinepolitik.de/eurspk2.htm

(3) http://www.meinepolitik.de/auspkges.htm

(4) http://www.meinepolitik.de/auspksat.htm

(5) http://www.meinepolitik.de/verdisac.htm

(6) http://www.meinepolitik.de/hasphama.htm

(7) http://www.meinepolitik.de/verdspk.htm

(8) http://www.meinepolitik.de/eurospk.htm

(9) http://www.meinepolitik.de/spkableh.htrn

(10) http://www.meinepolitik.de/fraspa2.htm

-----------------------------------Ende dieses Berichtes

 

Auszug (gescannt) aus dem Newsletter Nr. 8 der EU_AG von Attac zum Thema "EU und Privatisierung", 2005 (Seiten 15 - 18) :

Wie die EU zwecks Privatisierung auf das deutsche öffentliche Bankensystem einwirkt

von Wilhelm Ruehl

Einleitung

Von der EU- Kommission wurden gegenüber Deutschland 2 Forderungen an die deutschen öffentlich- rechtlichen Banken und Sparkassen herangetragen, um angeblich im Bereich der globalisierten Finanzdienstleistungen eine stärkere Liberalisierung und mehr Wettbewerb zu erreichen :

1. Die Gewährträgerhaftung und die Anstaltslast bei den öffentlichen Banken und Sparkassen sollten wegfallen. Gewährträgerhaftung ist die Haftung der Kommunen für die Geldeinlagen ihrer Bürger bei den Sparkassen ihres Gebietes.

Anstaltslast ist die Last (Pflicht) der Kommunen, ihren Anstalten (Sparkassen) genügend Eigenkapital zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben bereit zu stellen.

2. Die aus den zurückfließenden Geldern des Sozialen Wohnungsbaus bei den Landesbanken als Eigenkapital eingebrachten Einlagen sollten mit den damit erzielten Zinsgewinnen an die Länder zurückgezahlt werden, da sie als Beihilfen bzw. staatliche Subventionen bewertet wurden.

1. Wegfall der Gewährträgerschaft und Anstaltslast

EU-Kommission ergreift Partei für private Großbanken

Ende der 90-er Jahren hatte das private deutsche Bankgewerbe Sturm gelaufen gegen die Konkurrenz der öffentlichen Banken und Sparkassen in der Bundesrepublik Deutschland, die hier ca. 40% der Privatkonten führen. Es wurde den Öffentlichen vorgeworfen, sie besäßen durch die Gewährträgerhaftung der öffentlichen Körperschaften (Bund, Länder und Kommunen ) einen großen kreditpolitischen Vorteil und würden dadurch den Wettbewerb zu ihren Gunsten verzerren. Daraufhin stellte die EU-Kommission um die Jahrtausendwende (1999/2000) die Forderung auf, die Gewährträgerhaftung und Anstaltslast müssten abgeschafft werden. Dagegen führten die Öffentlichen zu ihrer Rechtfertigung ihren gesetzlichen gemeinnützigen Auftrag, z.B. die Versorgung des ländlichen Raumes mit Geld und Kredit und die räumliche Begrenzung ihres Geschäftsbetriebs ins Feld (vergl. Bericht im „Vorwärts" Nr. 12/2000 : „Sparkassen vorm Kadi"(l)

SPD und CSU sind im EU-Parlament für Erhalt des deutschen Bankensystems

Zu Beginn des Jahres 2000 hatte ein Europaabgeordneter, der dem wirtschaftspolitischen Ausschuss des EU- Parlamentes angehörte, in einer Parteiveranstaltung über die Forderungen der EU-Kommission und die Diskussionen darüber berichtet. Er gab hierzu bekannt, daß dort deutsche Politiker der SPD und CSU (!), nicht aber der CDU, sich bemühten, diese Gewährträgerhaftung und Anstaltslast als gemeinschaftliche Personenhaftung bei den öffentlich-rechttichen Kreditinstituten in Deutschland zu erhalten. Als Verteidigungsargument sei vor allem angeführt worden, daß die Privatbanken nicht in der Lage seien, in den ländlichen Gebieten die Geld-bzw. Kreditversorgung der Bevölkerung zu gewährleisten. Daher sei auch die Haltung der CSU- Mitglieder aus dem Flächenstaat Bayern zu erklären. Man sei aber Letzthin mit einem Schreiben der (alten) Bundesregierung unter Kohl konfrontiert worden, das die EU- Kommission vorlegte. In ihm habe gestanden, dass eine Kreditversorgung der Bevölkerung durch die Privatbanken gewährleistet sei.

Verhandlungen mit EU-Kommission scheitern

Mitte November 2000 sprach dann Bundeskanzler Gerhard Schröder wegen dieser Fragen in Brüssel bei der EU- Behörde vor, um sich zunächst für die Interessen des deutschen öffentlichen Bankensystems einzusetzen (vergL Bericht der FR „Schröder bricht in Brüssel Lanze für die Sparkassen - Kanzler erinnert an gewachsene Strukturen / EU-Wettbewerbskommissar Monti reagiert ausweichend" vom 23.11.2000(2).

Die grundsätzliche Frage der Haftung durch die öffentliche Hand bei Landesbanken und Sparkassen, die diesen Kreditinstituten einen Vorteil gegenüber den privaten Banken gewähren soll, war dadurch allerdings noch nicht gelöst (vergl. Bericht der FR vom 18.01.2001 : „Landesbanken - Roland Koch lässt Hoppenstedt den Vortritt"(3).

Denn die EU- Kommission ging auf keinen Köm-promiss ein. Sie blieb weiter am Drücker und stellte der deutschen Bundesregierung praktisch ein Ultimatum : In einem Brief an die Bundesregierung machte sie klar, dass die Gewährträgerhaftung und Anstaltslast der öffentlichen Hand aus ihrer Sicht den Wettbewerb verzerren und damit gegen EU-Recht verstoßen würde. Die Eigentumsverhältnisse der öffentlich-rechtlichen Banken sollten aber nicht in Frage gestellt werden. Es ginge nur darum, „Bedingungen für eine faire Konkurrenz in Europa zu schaffen". Binnen eines Monats müsse allerdings auf das Schreiben reagiert werden. Bei Nichteinhalten der Frist drohe der deutschen Bundesregierung eventuell eine Klage der EU vor dem Europäischen Gerichtshof, (vergl.FR vom 27.01.2001 : „Landesbanken : Brüssel schickt Blauen Brief nach Berlin").

Druck der EU-Kommission setzt sich durch

Dieser Druck der EU-Behörden wirkte. Die Bundesregierung gab nach. Die Gewährträgerhaftung, die Kommunen und Länder zwingt, ihre Institute bei Schieflagen zu stützen, soll nunmehr mit Wirkung vom 19.07.2005 abgeschafft, die Anstaltslast modifiziert werden. Künftig darf der Eigner nicht mehr unbeschränkt einem Öffentlichen Institut zu Hilfe kommen, sondern muss notfalls in Brüssel ein förmliches Beihilfeverfahren beantragen.(vergl. Bekanntmachung der Bundesregierung online vom 01.03.2002 zu : „Einigung mit der EU-Kommission über Zukunft der Sparkassen und Landesbanken"(5) Entsprechend dieser Vereinbarung der Bundesregierung mit der EU-Kommission waren nun bundesweit alle die Sparkassen und Landesbanken betreffenden Gesetze zu ändern. Die Reformen mussten bis Ende des Jahres 2002 unter Dach und Fach sein.

Fast geräuschloses Durchsetzen an der Basis in den Bundesländern Und so geschah es : In der Folgezeit (bis Ende 2002} ging man - fast unbeachtet von der Öffentlichkeit - in den Bundesländern daran, die Sparkassengesetze und bei den Kommunen die Sparkassensatzungen zwecks Wegfalls der Gewährträgerhaftung zu ändern. Alle maßgeblichen Personen, die vorher noch gegen deren Wegfall (und damit für eine personengesicherte Haftung, also persönliche Solidarität innerhalb der Kommune) opponiert hatten, beugten sich jetzt der von den Großbanken in Brüssel lancierten Forderung nach alleiniger Kapitalhaftung, die natürlich nur diejenigen begünstigt, die dieses Kapital besitzen.

Bei den entsprechenden Änderungen der Sparkassengesetze in den deutschen Landtagen wurden allerdings Bedenken gegen den Wegfall der Gewä'hr-trägerhaftung laut, die sich vor allem auf die damit ein hergehenden zusätzlichen Kosten für die Sparkassen bezogen, die von den Kunden getragen werden mussten. So erklärte u.a. der rheinland-pfälzische Wirtschaftsminister Bauckhage in der Beratung vor der Beschlussfassung, dass mit der Abschaffung der Gewährträgerhaftung und der Umgestaltung der Anstaltslast ab dem Jahr 2005 den öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten der Wind natürlicherweise stärker ins Gesicht blasen werde.(vergi. Protokoll des Rheinland-Pfälzischen Landtages - 14. Wahlpriode -26. Sitzung, 19. Juni 2002, Seite 1728 - 1735(6).

Auswirkungen dieser erzwungenen Maßnahmen

Schon nachdem man sich mit dem Wegfall der Ge-währträgerhaftung ab 2005 abgefunden hatte, waren in allen Bundesländern neben den entsprechenden Änderungen der Sparkassengesetze, soweit das noch nicht geschehen war, andere Privatisierungstendenzen (nachrangige Verbindlichkeiten, Genussscheine, stille Beteiligungen) gleich dort mit einbezogen worden. Sie konnten dann von den kommunalen Gewährträgern (ab 2005: „Trägern") anschlies-send auch schon meist in die entsprechenden neuen Sparkassensatzungen übernommen werden.

Auch wurde zu Beginn des Jahres 2003 eine vollkommen private Rechtsform bei den Sparkassen erstmalig ins Leben gerufen. Diesen Anfang machte die „freie" Sparkasse Hamburg, die nach 175 Jahren der Rechtsform einer „Juristischen Person alten hamburgischen Rechts" eine „moderne" Aktiengesellschaft (AG) für ihre Bankgeschäfte, die Haspa AG, ausgliederte, (vergi. „HAMBURGER ABENDBLATT" im Bericht vom 31.12.2002 „Die Haspa wird eine AG - Sparkasse 2003 vor grundlegenden Veränderungen'^?).

Außerdem wurde aus einer Veranstaltung der ver.di- Gewerkschaft von Mitte April 2003 bekannt, dass das Saarland die Sparkassen AG ins Sparkassengesetz aufnehmen will, (vergi. Bericht von „MD" vom 14.04.2003 : „Kreditinstitute : Ver.di will Sparkassen retten - Dienstleistungsgewerkschaft verbündet sich mit Bankkunden und Verbraucherschützern" (8).

Durch den Wegfall der Gewährträgerhaftung wird eine Sparkasse dann faktisch ein Eigenbetrieb seines nunmehrigen Trägers. Die Umwandlung in eine private Rechtsform (GmbH oder AG) wird dann sowieso noch leichter möglich sein, wobei dann Verkauf von Anteilen (Teilprivatisierung) und Gesamtverkauf nach dem privaten Recht ohne weiteres erfolgen kann.

Der Verkauf der Stralsunder Sparkasse, der wohl durch eine entsprechende Erklärung des zurückgetretenen Bundesbankpräsidenten mit angeregt wurde (vergi. Bericht der FR vom 22.11.2003: „EUROPE-AN BANKING CONGRESS - Sparkassen mit privaten Eignern erwünscht"(9), konnte nur durch Massnah-men der zuständigen rot-roten Landesregierung von Mecklenburg- Vorpommern abgewehrt werden (vergi. Bericht der FR vom 03.03.2004: „Im Osten nichts Neues - Sparkasse bleibt Sparkasse"(10).

Wegfall der solidarischen Haftung kann zu Krisen führen

Interessant ist hierzu eine Entwicklung in Japan, die die globalen Zusammenhänge zeigt, wie also (mehr oder weniger) demokratisch legitimierte Gemeinschaften (Staaten bzw. Kommunen) durch neoliberale Weltwirtschaftspoh'tik immer mehr an Einflussnahme verlieren : In Japan wird nämlich auch die Staatshaftung für a 11 e Banken wegfallen. (vergi. Berichte der „Weit" vom Dienstag, 09.04. 2002 - Nr. 68 „Japans neue Bankenära"'(11) und (FR vom 02.08.2002 : „Kampf um Bankreform in Ja-pan"(12). Hiergegen soll es aber später wieder Widerstand gegeben haben.

In Krisenzeiten kann es wohl dann einen Run auf die Sparkasse geben, wenn publik wird, dass sie pleite ist und bei den Gläubigern nur ein Teil ihrer Gelder gesichert erscheint. In Argentinien haben wir vor einiger Zeit so etwas ähnliches erlebt.

2. Zurückzahlung der Beihilfen (Staatsubventionen) bei Landesbanken

Fast gleichzeitig mit der Forderung nach Wegfell der öffentlichen Gewährträgerschaft und Anstaltlast gab es den Streit zwischen der EU und den deutschen bereits stark kommerzialisierten Landesbanken, die von den Landesstaaten Einlagen aus den ihnen zurückfließenden Gelder aus dem sozialen Wohnungsbau erhalten hatten.

Ausgangspunkt West LB

Ausgangspunkt dieses Konflikts auf europäischer Ebene war dann die Forderung der Brüsseler EU-Kommission im Juli 1999 an die (öffentliche) Westdeutsche Landesbank (WestLB), ca. 1,6 Mrd. DM (808 Mio Euro) an das Land NRW zu zahlen, um eine ihr vom Land zugewiesene Einlage der Wohnungsbauförderungsanstalt marktgerecht zu verzinsen. Dies war dann auch ein Präzedenzfall für andere deutsche Landesbanken, (vergl. FR vom 09.07.1999: „Brüssel verdonnert WestLB zur Rückzahlung von Rekordsumme - 1,6 Milliarden Mark fließen in die Kasse von Nordrhein-Westfalen / Ein Präzedenzfall für andere Landesbanken"(13).

Was war denn hier im einzelnen vorher geschehen? Die WestLB hatte praktisch Gelder des sozialen Wohnungsbaus dazu verwendet, um ihre kommerziellen Geschäfte durchzuführen, z.B. um Anteile von der Preussag AG (jetzt TUI AG) zu erwerben (vergi. meine Darstellung : „Wie steht es mit dem armen Staat von NRW, wenn er auf 1,6 Mrd verzichten kann? - Warum schweigt der Bund der Steuerzahler?"(14).

Eine öffentliche Bank oder Sparkasse sollte nämlich seine Gelder zur Finanzierung von öffentlichen und sozialen Aufgaben verwenden, vor allem dann, wenn sie aus diesem Bereich kommen und ja ursprünglich Steuergelder waren. Dabei sollte sie sich auch praktisch nach dem in den Gesetzen (z. B. in den Sparkassengesetzen der Länder) vorgeschriebenen öffentlichen gemeinnützigen Auftrag richten. Sie hätte bestimmt auch ihre öffentlichen Eigner bzw. Gewährträger für andere öffentliche Aufgaben mit relativ günstigen Zinsen entlasten können.

Wenn sich aber eine öffentliche Bank und dazu noch mit öffentlichen Sozialgeldern auf dem freien Markt und an der Börse betätigt, muss sie damit rechnen, dass sie von Konkurrenten unter Beschuss genommen wird.

Bei der Rückgabe hätte sich die Gelegenheit geboten, diese Gelder wieder ihrem ursprünglichen Zweck, nämlich dem sozialen Wohnungsbau, zuzuführen. Wenn dies in Form von Wohnungsgenossenschaften geschehen wäre, hätte dies so der viel be-schworenen Flexibilität der Arbeitnehmer beim Wechsel von Arbeitsplätzen einen großen Dienst erweisen können. Außerdem hätte auch zwecks Schaffung neuer Arbeitsplätze die Bauwirtschaft angekurbelt werden können.

Aufspaltung der WestLB genügte nicht

Zunächst erfolgte dann nach einem längeren Tauziehen mit entsprechenden Klagen gegen die Brüsseler EU- Behörde auch eine entsprechende Regelung. Die Aufspaltung der WestLB in einen öffentlich-rechtlichen und einen privaten Konzern sollte bis Ende 2002 geschehen (vgL Bericht der FR vom 20.11.2000 : WestLB - Umbau soll bis 2002 abgeschlossen sein"(15)).

Dann schien alles wieder offen zu sein: Während die WestLB der Brüsseler Behörde die Aufspaltung vorschlug, wollten jetzt die Sparkassen nach einer Übergangszeit von 10 Jahren auf ihre öffentliche Gewährträgerhaftung (s. oben) verzichten. Die Kommunen und ihre Bürger wurden gar nicht mehr gefragt (vgl. FR vom 26.01,2001: „Friedensofferte im WestLB-Streit - Düsseldorf bietet Brüssel Aufspaltung der Landesbank an"(16)).

Diese Regelung wurde aber dann (12.12.2002) von dem EU- Gerichtshof (EuGH) nicht anerkannt: Er stellte fest, dass Deutschland die Entscheidung der Kommission, mit der die Rückforderung staatlicher Beihilfen an die WestLB angeordnet wurde, nicht ordnungsgemäß durchgeführt hat" (Rechtssache C-209/00).

Auswirkungen auf andere deutsche Landesbanken

Der Streit um die Beihilfen der WestLB hatte dann auch noch Auswirkungen auf andere deutsche Landesbanken. Die EU-Kommission hatte im November 2002 Prüfverfahren gegen fünf weitere Landesbanken eröffnet, denen ebenfalls in den 90er Jahren staatliches Wohnungsbauvermögen übertragen worden war. Es waren die Landesbank Berlin, die NordLB, die Vorläuferinstitute der HSH Nordbank-Landesbank Schleswig-Holstein, die Hamburger Landesbank und die BayernLB.

Ein Sprecher der WestLB sagte dann, die WestLB wolle erst nach einer Prüfung zu dem Urteil Stellung nehmen, (vgl. HANDELSBLATT vom 12.12.2002 : „Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs -Herber Rückschlag für WestLB im Beihilfe-streit"(l7)). Der Streit ist immer noch nicht beigelegt

Während bei den Sparkassen durch die Änderungen der Landessparkassengesetze und der Sparkassen-Satzungen Ende 2002 mit dem Ziel des Wegfalls der Gewährträgerhaftung der Streit mit Brüssel beendet war, ist man sich nach Langem Hin und Her (s.oben) mit den Landesbanken bis jetzt noch immer nicht einig . (s. Bericht: „Landesbanken werden sich mit Brüssel nicht einig - Wettbewerbskommissarin hält im Beihilfestreit an Vorgaben für Finanzinstitute fest / Geldhäuser müssen 4,3 Milliarden überweisen" der FR vom 20.01.2005 (18))

Vergleichsweise geringfügig war auch die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) von dem EU-Beschluss betroffen, (vgl. Bericht „IANDESBANKEN - Einigung im Beihilfe-Streit rückt in weite Ferne" der FR vom 15.01.2005 (19)). Sie hat die Bedingungen der EU-Kommission bisher als einzige erfüllt.

3. Wie sich die Entwicklung in anderen EU- Staaten auf die Privatisierung unserer Sparkassen auswirken kann

Sparkassen gibt es auch noch in vielen europäischen Nachbarländern, wo sie neben Privat- und Genossenschaftsbanken existieren. Allerdings ist hier meist eine strenge organisatorische Trennung schon längst weggefallen. In der Regel sind hier Fusionen aller Bankarten untereinander möglich.

In Österreich haben wir einen Trend der Sparkassen zu AGs : Sie werden bei Fusionen meist in AGs uebernommen. (vgi. Bericht des Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV) vom 29.08.2003 „Die Sparkassenorganisation in Österreich"(20)).

In Frankreich ist die Privatisierung bereits weit fortgschritten. In großem Maße sind die Sparkassen in Genossenschaften umgewandelt worden. In der amtlichen Statistik wird hier inzwischen nur noch nach privaten Geschäfts- und Genossenschaftsbanken unterschieden.

Da ist wohl die rechtspolitische Dissertation von Alexander Scheike mit dem Titel „Rechtliche Voraussetzungen für die materielle Privatisierung kommunaler Sparkassen - Eine Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft", die als Buch im Verlag Peter Lang Frankfurt am Main 2004, erschienen ist, kein Zufall (vgi Inhaltsangabe unter http:// www.meinepolitik.de/scheike.htm (21)).

In Italien wurden die Sparkassen meist privatisiert. Öffentliche Förderaufgaben wurden von privatrechtlichen Stiftungen übernommen. Die Sparkassen erscheinen auch nicht mehr in offiziellen Statistiken.

In Spanien dagegen sind wie bei uns die Sparkassen vorwiegend in ihrer alten Form erhalten geblieben, und sie besitzen eine nach wie vor große Bedeutung (2002: 39 % Anteil an den Aktiva aller Universalbanken) (vgLWochenbericht des DIW Berlin 24/04, „Erfolgreiche Sparkassenreformen in Europa"(22)).

Da also in vielem Nachbarländern die Privatisierung der Sparkassen wesentlich stärker fortgeschritten ist, ist zu erwarten, dass nach dem Fortfall der Gewährträgerhaftung ein starker Privatisierungsdruck auf unsere Sparkassen zukommt.

Bei unseren Sparkassen ist zwar die Kommerzialisierung bereits sehr stark fortgeschritten. Da sie aber eine eigenständige öffentliche Rechtsform besaßen, konnten sie sich bisher noch vor einer weitgehenden formalen Privatisierung abschirmen, wobei bestimmt auch die Erhaltung von örtlichen Pfründen der Kommunalpolitiker eine Rolle spielte.

Die deutsche Sparkassen Organisation scheint nun auch bereit zu sein, sich gegen diesen Druck zu wehren. So ist auch wohl ihre jetzige Werbekampagne zu verstehen und ihre neue Homepage http:// www.gutfuerdeutschland.de, in der sich eindeutige Erklärungen gegen die Privatisierung der Sparkassen und Ergebnisse von eindeutigen Umfragen aus dem Saarland und Schleswig-Holstein befinden, aus denen auch eine eindeutige Ablehnung innerhalb der Bevölkerung hervorgeht.

Literatur und Links

1. "Auf dem Weg zur Privatisierung von Sparkassen und öffentlichen Banken", aus „Die Privatisierung der Welt - Hintergründe, Folgen, Gegenstrategien", VSA-Verlag Hamburg 2004, S. 206-.

2 „Vormarsch der Sparkassen-Privatisierung" aus: Peter Hauschild u.a. „Privatisierung: Wahn & Wirklichkeit - Kommunen im Fadenkreuz", VSA Verlag Hamburg(2004), S.75-76

3. Informationen und weitere Materialien unter http://www.meinepolitik.de/privaspk.htm

 

Links zu den betreffenden Anmerkungen :

(1) http://www.meinepolitik.de/spkkadi.htm

(2) http://www.meinepolitik.de/schrspk.htm

(3) http://www.meinepolitik.de/helabako.htm

(4) http://www.meinepolitik.de/blaubrie.htm

(5) http://www.meinepolitik.de/brgewae.htm

(6) http://www.meinepolitik.de/spkrpflt.htm

(7) http://www.meinepolitik.de/hasphama.htm

(8) http://www.meinepolitik.de/verdspk.htm

(9) http://www.meinepolitik.de/spkbundp.htm

(10) http://www.meinepolitik.de/spkstra7.htm

(11) http://www.meinepolitik.de/japbank.htm

(12) http://www.meinepolitik.de/japbank2.htm

(13) http://www.meinepolitik.de/westlbvd.htm

(14) http://www.meinepolitik.de/westlb.htm

(15) http://www.meinepolitik.de/umbwestl.htm

(16) http://www.meinepolitik.de/friewest.htm

(17) http://www.meinepolitik.de/ruecksch.htm

(18) http://www.meinepolitik.de/landesb4.htm

(19) http://www.meinepolitik.de/landesb5.htm

(20) http://www.sparkassen-finanzgruppe.de/owx_l_48„l_6_0_QOOOOOOOOOOOOO.html?ausga-be=presseforum_de&id=477&aktion=mehr

(21) http://www.meinepolitik.de/scheike.htm

(22) http://www.diw.de/deutsch/produkte/publika-tionen/wochenberichte/docs/04-24~2.html

 

Bemerkungen zum Verfasser :

Wilhelm Ruehl ist Diplom-Volkswirt, Mitglied bei Attac, beim BUND und war Kreistagsabgeordneter für die SPD in NRW. Er wohnt jetzt in Alsfeld/Hessen. Auf seiner Internetseite http:// www.meinepolitik.de hat er eine Vielzahl von Informationen rund um das Thema Privatisierung zusammengestellt.

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