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Zauberformel PPP
Uli Maaz über Privatisiserung durch Partnerschaft im
Bildungsbereich
Im Kontext der Ausgliederung und Privatisierung öffentlicher
Dienstleistungen geistern bereits seit einiger Zeit die Begriffe
»Öffentlich-Private-Part-nerschaften« (ÖPP) oder
neudeutsch »Public-private-Partnership« (PPP) durch die
Öffentlichkeit. Der folgende Beitrag gibt am Beispiel des
staatlichen Hochbaus/ genauer: des Schulbaus, einen kurzen Einblick in
dieses Thema.
Auftragsvergabe an und Zusammenarbeit mit privaten Unternehmen ist
für die Kommunen und die anderen Gebietskörperschaften nichts
Neues. Insofern könnte der Eindruck entstehen, »PPP«
sei lediglich eine neuer, schillernder Modebegriff. Hinter diesem
Begriff verbergen sich zwei unterschiedliche Sachverhalte:
l. die Beteiligung von privaten an öffentlichen Unternehmen (sog.
»institutionelle Partnerschaft«)
2. die Durchführung öffentlicher Aufgaben
(einschließlich Vorfinanzierung) durch Privatunternehmen im
Rahmen langfristiger Verträge (sog. »Vertrags-PPP«}.
Beide Varianten haben deshalb Konjunktur, weil auf der einen Seite die
öffentliche Hand - dank der Steuerpolitik - chronisch
unterfinanziert ist, und auf der anderen Seite das reichlich vorhandene
Kapital nach neuen Verwertungsmöglichkeiten sucht.
PPP im Schulbau
Die Kommunen haben angesichts der desolaten Finanzsituation bereits
einen großen Teil ihres Wohnungsbestands, aber auch ihrer
Verwaltungsgebäude an private Investoren verkauft. Insofern gibt
es hier gar keine Ansatzpunkte mehr für institutioneile oder
Vertrags-PPPs im Hochbau. Anders sieht es beispielsweise im Schulbau
aus. Viele Schulgebäude sind in einem schlechten Zustand, weil die
Kommunen in der Vergangenheit zu wenig in die Instandhaltung und
Sanierung investiert haben bzw. investieren konnten. Ein Kauf von
Schulgebäuden durch Privatunternehmen scheint wenig attraktiv zu
sein, aber für die langfristige Übernahme des
Gebäudemanagements (Bau, Sanierung und Bewirtschaftung) von
Schulen gibt es ein Interesse.
Das Beispiel Landkreis Offenbach
Im Landkreis OfFenbach haben beispielsweise Tochtergesellschaften
(Projektgesellschaften) der Baukonzerne SKE (Vinci) und Hochtief den
Auftrag erhalten, 15 Jahre lang das Gebäudemanagement für
jeweils 50 Schulen zu übernehmen. In den ersten fünf Jahren
sollen die Gebäude dort saniert werden. Der Landkreis hat sich
verpflichtet, über die gesamte Vertragslaufzeit eine feste Rate an
die Projektgesellschaften zu zahlen, die die Kosten
(einschließlich der Fremdfinanzierung m der Sanierungsphase) und
natürlich auch den Profit abdecken soll. Der Landkreis Offenbach
wurde und wird bei der Realisierung .und Werbung tatkräftig von
einem Berliner Beratungsunternehmen unterstützt. Mit großem
Aufwand wird dieses Vorhaben als Modell beworben. Wichtige Einzelheiten
der Vertrags-gestaltung wie der genaue Leistungsumfang oder die
Risikoübernahme bleiben allerdings im Dunkeln, weil die
Verträge nicht öffentlich bekannt sind. Entgegen den
Behauptungen der Befürworter scheint das PPP-Projekt für den
Haushalt des Landkreises Offenbach zu einer echten Belastung zu werden,
weil nicht berücksichtigte zusätzliche Kosten anfallen.
... und Hamburg
Auch in anderen Gebietskörperschaften und Städten werden
vergleichbare Projekte für den Bau, die Sanierung und die
Bewirtschaftung von Schulgebäuden vorbereitet. In Hamburg plant
der Senat, das Gebäudemanagement für 31 Schulen südlich
der Elbe gleich für 25 Jahre an die GWG-Gewerbe GmbH zu vergeben.
Die GWG-Gewerbe ist eine Tochtergesellschaft der städtischen
Wohnungsbaugesellschaft SAGA-GWG. Insofern handelt es sich bei diesem
Vorhaben nicht um eine
ÖffentHch-Private-»Partnerschaft«.
Als Begründung für den Wechsel von der Öffentlichen Hand
zu ÖPP werden vom Senat unter anderem der Sanierungsstau an
Schulen, fehlende finanzielle Mittel, langwierige Verfahren und
geteilte Verantwortung zur zeitnahen Behebung der baulichen Mängel
genannt. Außerdem solle durch zügig sanierte
Schulgebäude die Qualität der schulischen Arbeit verbessert
werden.
In seiner ausführlichen Stellungnahme (www.personalrat-bbs.de) vom
27. November 2006 kritisiert der Personalrat der Behörde für
Bildung und Sport das Vorhaben:
»Dieses ÖPP-Modell ist
demnach ein ÖÖP-Modell (Öffentlich-Öffentliche
Partnerschaß). Dies würde sich ändern, falls die GWG
Gewerbe privatisiert bzw. einen strategischen privaten Partner
aufnehmen würde. Innerhalb des gesamtstädtischen Kontextes
würde ein solches Verfahren lediglich zu einer verdeckten,
öffentlichen (!) Kreditaufnahme führen — verbunden mit einer
Ausgliederung der Aufgaben in eine kaum zu beeinflussende GmbH. (...)
Auch besteht die berechtigte Befürchtung, dass nach der Vergabe
dieser ersten > Tranche< eine weitere für die anderen
Schulen folgt. Auch aus diesem Blickwinkel — dem Pilotcharakter
für die Freie Hansestadt Hamburg- ist die fehler- und
lückenhafte Vorgehensweise bei der Durchsetzung dieses Vorhabens
nicht nachzuvollziehen,«
Weder wurde ein sorgfältiger Wirtschaftlichkeitsvergleich
durchgeführt, noch wurden die Risiken für den Haushalt der
Stadt bewertet und die langfristigen Auswirkungen auf die
Schulentwicklung geklärt. Die betreffenden Schulhausmeister und
Betriebsarbeiterinnen sollen im Rahmen eines Betriebsübergangs zur
GWG-Gewerbe wechseln, obwohl sie in den letzten Jahren bereits aktiv an
der Verbesserung des Gebäudemanagements ihre Schulen mitgewirkt
haben.
Die mangelhafte Information des Personalrats durch die Behörde
trägt allerdings ebenfalls nicht dazu bei, die Sorgen der
Kolleginnen und die Kritik an diesem Projekt zu zerstreuen.
Widerstand gegen Ausgliederung und
Privatisierung
Anders als irn Landkreis Offenbach ist der Widerstand in Hamburg gegen
die Ausgliederung der Gebäudeverwaltung groß. So haben
bereits am 28. Februar 2006 die etwa 400 Teilnehmerinnen einer
Teilpersonalversammlung, d.h. Schulhausmeister und andere
Beschäftigte der äußeren Schulverwaltung sowie
Kolleginnen der Bauabteilung, einstimmig folgende Resolution
beschlossen:
»Die Teilpersonalversammlung
fordert die Verantwortlichen in der BBS und im Senat auf, das
Gebäudemanagement für Schulen nicht auszugliedern und zu
privatisieren.
Eine Verschlechterung der
Einkommenssituation und der Arbeitsbedingungen sowie den Verlust der
Arbeitsplatzsicherheit werden die betroffenen Kolleginnen und Kollegen
nicht hinnehmen. Die Verantwortlichen in der BBS und im Senat werden
aufgefordert, mit dem vorhandenen Fachwissen der Kolleginnen und
Kollegen die Verwaltungsabläufe zu verbessern. Außerdem
müssen vergleichbare finanzielle Rahmenbedingungen wie für
die SAGA/GWG hergestellt werden.«
Der Personalrat schlussfolgert in seiner Stellungnahme:
* Das Modell Hamburg-Süd wird
aus Sicht des Personalrates auf Kosten der Beschäftigten
durchgeführt, um Erfahrungen für weitere
Privatisierungs-Vorhaben zu sammeln.
* Der Personalrat ist davon
überzeugt, dass die staatliche Bauverwaltung mit einer
entsprechend veränderten Struktur den Vergleich mit der
GWG-Gewerbe bzw. der Privatwirtschaft nicht zu scheuen braucht.
Ab Januar 2007 wird sich die Bürgerschaft mit dieser
»Neuorganisation des Gebäudemanagements für
Schulen« befassen. Hoffentlich lassen sich die
Bürgerschaftsabgeordneten und die Öffentlichkeit nicht von
den ideologisch geprägten Behauptungen der PPP-Befürworter
einwickeln, sondern berücksichtigen die finanziellen und
strategischen Folgen für die Stadt. Wenn allein 117 Mio. Euro
öffentliche Mittel für die neue Elbphilharmonie am Hafen zur
Verfügung stehen, dann müsste Hamburg ohne zweifelhafte
PPP-Projekte seine Schulen sanieren können.
Andere Städte wie z.B. Chemnitz (s. S. 7 unten) haben gerechnet
und lassen sich — zumindest beim Schulbau — nicht mehr von der
vermeintlichen Zauberfomel PPP blenden (vgl, dazu
»Standort«, Zeitschrift des ver.di-Fachbereichs Gemeinden,
Oktober 2006).