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Sparsame Nutzer

In Deutschland ist der Wasserverbrauch stark gesunken

VON JOACHIM WILLE

Sparsam ist er, der Deutsche. Duscht nur noch statt ein ordentliches Vollbad zu nehmen. Kauft Waschmaschinen und Geschirrspüler, auf denen das A-Label prangt - als beste Wassersparer. Wechselt fleißig Duschköpfe und tauscht Toilettenspülkästen aus, damit möglichst wenig von dem kostbaren Nass aus der Leitung verbraucht wird.

Die Manager der Unternehmen, die mit dem Verkauf von Wasser Geld verdienen, sehen den „Spartick" der Deutschen mit zumindest einem weinenden Auge. Statt mehr als 150 Liter Wasser wie noch in den 80er Jahren lässt der Bundesbürger heute pro Tag nur noch weniger als 130 durch die Leitung rauschen. „Aus betrieblicher Sicht", mahnte der Verband der Gas- und Wasserwirtschaft (BGW) daher kürzlich, gebe es hier „kaum noch Spielräume nach unten". Die Logik dahinter: Je weniger Kubikmeter verkauft werden, desto höher wird der Wasserpreis, denn die Fixkosten bei Gewinnung, Aufbereitung und Verteilung blieben gleich. „Eine politisch geförderte weitere Reduzierung des Wassergebrauchs ist nicht erforderlich", warnte der BGW, als er Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) sein „Branchenbild 2005" überreichte.

Wie sich die Zeiten ändern. Wassernotstände wie in den 60er und 70er Jahren, als in schnell wachsenden Ballungsgebieten vorhandene Brunnen nicht mehr ausreichten, sind dank überregionaler Beschaffung und Fernwasserleitungen längst vergessen. Auch Trockenperioden, gegen die Politiker noch in den 80ern mit Rasenpreng- und Autowaschverbot ankämpften, haben den Schrecken verloren. Dreiviertel des Trinkwassers werden aus Grundwasser gewonnen, hier sind die Speicher fast immer ausreichend gefüllt. Deutschland ist dank ausgiebiger Niederschläge, die über das ganze Jahr verteilt fallen, eines der süßwasserreichsten Länder.

Trotzdem: Das Image, das die deutschen Wasserwerker bei den Bundesbürgern haben, ist gespalten. Einerseits sind die Kunden, wie eine aktuelle BGW-Umfrage zeigt, hoch zufrieden mit der Wasserqualität und der Zuverlässigkeit der Versorgung (Zustimmung 90 Prozent).

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Privatisierung der Wasserversorgung schreitet voran: Städte und Gemeinden brauchen Geld.
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Und das offenbar zu Recht. Denn einer der bisher aufwendigsten Tests in 270 deutschen Städten von Aachen bis Zwickau ergab 2003: Nirgendwo mehr werden die strengen Grenzwerte - etwa für Nitrit und Nitrat, Pestizide und Chloroform - überschritten. Auch kommt es praktisch nie zu langen Unterbrechungen bei der Versorgung. Hahn auf - Wasser läuft.

Andererseits: Viele Deutsche halten den Komfort für zu teuer erkauft. Beim Thema "Preis-Leistungs-Verhältnis" erbrachte die Umfrage nur 60 Prozent zufriedene Kunden. Die Nebenkosten gelten längst als „zweite Miete", wobei Wasserver- und -entsorgung erheblich zu Buche schlagen. Dabei verweisen die Wasserwerker gerne darauf, dass der Wasserpreis zumindest in den vergangenen zehn Jahren nur im Gleichschritt mit den allgemeinen Lebenshaltungskosten gestiegen sei.
„Berücksichtigt man den jeweiligen Wassergebrauch, so gibt der deutsche Bürger jährlich weniger für sein Trinkwasser aus als der französische oder «nglische Verbraucher", brüstet sich der BGW.

Also alles paletti? Dieses Bild zu vermitteln, ist Aufgabe eines Branchenverbandes. Tatsächlich hat sich die Welt der deutschen Wasserwerker in den vergangenen zehn Jahren stark verändert. Die Zeiten, da das Trinkwasser nur von Stadtwerken oder kommunalen Unternehmen gefördert, aufbereitet und verteilt wurde, sind vorbei. Grund: Die Finanznot der Städte und Gemeinden zwang eine Reihe von Kommunen, die Wasserversorgung zumindest teilweise zu privatisieren - und dadurch wenigstens «inmal ordentlich Geld herein gespült zu bekommen.

Das bekannteste Beispiel: die Bundeshauptstadt Berlin. 1999 verkaufte der Senat 49 Prozent des Versorgers BWB an ein Trio aus dem französischen Konzern Vivendi (heute Veolia), RWE und Allianz. Umgerechnet 1,7 Milliarden Büro flössen in die Kasse.

Private Wasserwerker, Veolia und ihr französischer Konkurrent Suez an erster Stelle, beteiligten sich auch in anderen Ost-Städten, so in Rostock und Görlitz, aber auch etwa in Braunschweig. Im Westen gilt die zu Eon gehörende Thüga mit mehr als 100 Stadtwerke-Beteiligungen als erfolgreichste Aufkäuferin. Die Thüga macht den Städten und Gemeinden den Deal mit dem Argument schmackhaft, der kommunale „Partner" behalte schließlich „den entscheidenden Einfluss bei allen für das Unternehmen wesentlichen Entscheidungen (Investitionen, Finanzierung, Preise, Jahresabschluss, Bestellung der Geschäftsführer)".

Noch immer ist die Wasserversorger-Landschaft in Deutschland kleinteiliger als in anderen europäischen Ländern. Hier gibt es 6000 Unternehmen, während in Frankreich drei Konzerne den Markt beherrschen. Der Anteil der rein privaten Versorger ist zwar gewachsen, laut BGW mit 3,5 Prozent aber noch gering. Die Public-Private-Part-nerships (PPP) ä la Berlin hingegen machen bereits rund 29 Prozent aus. Immer öfter schließen sich auch bis dahin selbstständige kommunale Wasserwerke zusammen. Der Grund: Nur die größeren Einheiten sind offenbar imstande, die hohen Investitionen zu schultern, die anstehen - etwa um die Vorschriften der verschärften Trinkwasserverordnung einzuhalten, aufwendige Labors zu betreiben und die Leitungs- sowie Kanalnetze in Schuss zu halten.

Mehr Effizienz wollen alle. Doch kritische Wasserexperten wie Nik Geiler vom Umweltverband BBU bestreiten, dass dazu das Kapital der großen Konzerne nötig ist, die „mehr den Aktionären als der Belegschaft und der Ökologie" verpflichtet seien. Er nennt als positives Gegenbeispiel die Stadtwerke der Ruhrgebietsstadt Herten. Diese beteiligten statt eines Energie- oder Wassermultis die Beschäftigten und Kunden, die Fondsanteile zeichnen konnten, an ihrem Geschäft. Der 2002 aufgelegte „Hertenfonds^ war ein solcher Renner, dass das Fondskapital verdoppelt werden musste. Die erwogene (Teil-)Privatisierung wurde überflüssig. Der Umweltverband schlägt nach dem Hertener Modell und analog zu den spartenbezogenen Metall- und Chemiefonds einen bundesweiten „Blauen Pensionsfonds" vor, der sich speziell an die Beschäftigten der kommunalen Wasserbetriebe richten würde. Damit könnten diese Kapital für die Stadtwerke ansammeln und ihre eigene private Alterssicherung auf eine solide Grundlage stellen.

Die Ende der 90er Jahre gestarteten Versuche der EU, die Wasserversorgung nach dem Modell von Telekommunikation und Strom zu liberalisieren, gelten als gescheitert. Analysten wie Eric Heymann von Deutsche Bank Research hatten erwartet, dass mehr Wettbewerb die Preise für das kühle Nass merklich nach unten hätte drücken können. „Zehn Prozent", sagt er, „wären drin gewesen". Dies zeige zum Beispiel die Wasserpreissenkung in einigen hessischen Kommunen, die jüngst von der Kartellbehörde des Landes erzwungen wurde.

Grundsätzlich bestehe weiter die Tendenz, dass in „abgeschotteten Märkten" zu hohe Preise verlangt würden, moniert Heymann. Die Preisgestaltung sei „nicht transparent" genug.

Die Branche selbst, die den „Liberalisierungswahn" der EU immer kritisiert hatte, frohlockte. „Brüssel gleicht einem Vulkan, bei dem man ständig mit Liberalisierungseruptionen rechnen muss", warnte 2004 BGW-Vizepräsident Dieter Bongert. Man konnte das Aufatmen hörea Die „eruptive Gefahr" habe sich „deutlich verringert".