Kreis Anzeiger - Ihre Tageszeitung im Internet, Lokales 24.04.2004 02:24 Uhr
CDU: Übernahme der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung ist nicht zu empfehlen
SCHOTTEN (pd). In einer Sitzung ihres Fraktionsvorstandes befasste sich die Schottener CDU mit der zur Zeit diskutierten Übertragung der kommunalen Wasserversorgung und Abwasserentsorgung auf nichtkommunale Dienstleister, wie beispielsweise im hiesigen Bereich den Zweckverband Oberhessische Versorgungsbetriebe (ZOV). Im Mittelpunkt der Diskussion standen dabei die wirtschaftlichen Auswirkungen einer solchen Verlagerung auf die "ohnehin schon stark gebeutelte Bevölkerung", als deren Interessenwahrer sich die CDU - nach eigenen Angaben - sieht.
Wie Fraktionsvorsitzender Popplow ausführte, sei die vom (ZOV) bzw. der Abwasser Service Oberhessen AG (ASO AG) angestrebte Aufgabenübernahme mit Sicherheit nicht allein auf deren Bürgerfreundlichkeit zurückzuführen. Dies ergebe sich unter anderem bereits aus dem Vortrag der Geschäftsführung der ASO AG anlässlich einer Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses in Schotten. Hier seien durchaus wirtschaftliche Interessen neben Kundenbindung und Synergieeffekten als Begründung für ein Übernahmevorhaben genannt worden. Wenn dies auch aus Sicht eines Unternehmens verständlich erscheine, da bekanntlich Gewinnstreben der Motor jeder wirtschaftlichen Betätigung ist, so sei es jedoch aus Sicht der Verbraucher nicht unbedingt vorteilhaft.
Nach den bis jetzt bekannten Übernahmekriterien seien nämlich Umfang, Art und Zeitpunkt von Investitionen, sofern nicht eine gesetzliche Notwendigkeit dafür besteht, weitgehend dem Gutdünken der Übernehmer überlassen, da die Gemeinde hier nur ein eher empfehlendes Mitberatungsrecht habe, so Popplow. Demzufolge sei die Gestaltung von Beiträgen und Gebühren der politischen Diskussion und Entscheidung entzogen und stehe dann allein den Betreibern zu.
Dass dann die Preisgestaltung nur nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten einer Aktiengesellschaft erfolgen werde und damit für den Verbraucher unkalkulierbare Belastungen mit sich bringen könne, dürfte jedem klar sein.
Das von den möglichen Übernehmern vorgebrachte Argument, der ZOV sei
als öffentliche Einrichtung auch an die für Beitrags- und Gebührengestaltung
geltenden Vorschriften gebunden, entfalle angesichts der Tatsache, dass
die mit der Übergabe verbundenen Aufgaben im Wege des "Outsourcing" an
private Firmen (wie die ASO AG) weitergegeben werden könnten und somit
von diesen auch privat finanziert und kalkuliert würden.
Im Übrigen sei der Erlös aus dem Verkauf des städtischen Anlagevermögens
in Form von Wasser- und Abwassereinrichtungen an ein Betreiberunternehmen
nicht als willkommene Einnahme für den städtischen Haushalt anzusehen.
So seien natürlich weiterhin die bestehenden Darlehensverpflichtungen für
den Kanal- und Wasserbereich von der Kommune zu tragen und von den zu erwartenden
Mieteinnahmen des Betreibers für beispielsweise Rohrleitungen müsse die
Kommune die Abschreibungen finanzieren.
Auch in Bezug auf die steuerliche Situation sind nach Meinung der Schottener
CDU keine bemerkenswerten Vergünstigungen zu erwarten. Ähnliches gelte
für die Personalfrage.
Da städtisches Fachpersonal nur mit dessen Zustimmung von dem Betreiberunternehmen
mitübernommen werde, dürfte es bei der Ablehnung eines solchen Wechsels
zu erheblichen personellen Überkapazitäten bei der Kommune kommen.
Unter Berücksichtigung all dieser Umstände ist aus Sicht der Schottener
CDU-Vertreter sowohl im Interesse der Bürger wie auch im Interesse des
Selbstverwaltungsrechts der Stadt ein solcher Schritt nicht zu empfehlen.
Bei der Wasserversorgung komme noch hinzu, dass nach dem ausdrücklich
bekundeten Willen des Deutschen Bundestags diese Dienstleistung in Händen
der Kommunen verbleiben solle, da Wasser keine übliche Handelsware sondern
ein allen Menschen gehörendes kostbares Gut und Lebensmittel ist.
Darüber hinaus dürften sich auch bei der Übertragung der Abwasserentsorgung
rechtliche Schwierigkeiten für die Stadt Schotten ergeben. Als Mitglied
eines Abwasserverbandes mit Nidda könne sie nicht selbständig handeln,
sondern sei an die Entscheidung der Verbandsversammlung gebunden.
Zwar sollen nach der einschlägigen Satzung deren Mitglieder einhellig
nach den Vorgaben der heimischen Parlamente handeln, jedoch dürfte diese
Bestimmung im Hinblick auf das Verbot des "imperativen Mandats", also des
fremdbestimmten Abgeordnetenvotums, verfassungswidrig sein, so der CDU-Fraktionsvorsitzende.