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Oberhessische Zeitung (Alsfeld) vom 27.08.2003

Zu kontrovers: Millionenschweres Leasing-Geschäft ist jetzt geplatzt

Investor sagte Kreis und HeLaBa nach kritischen Diskussionen in der Öffentlichkeit ab

VOGELSBERGKREIS (vn). Das Leasing- und Steuerspar-Projekt, mit dem der Vogelsbergkreis 2,5 Millionen Euro einnehmen wollte, ist geplatzt. Die Landesbank Hessen-Thüringen (HeLaBa) teilte dem Vogelsbergkreis mit, dass sich der Investor „wegen der öffentlichen Diskussion" endgültig zurückgezogen habe.

„Der Investor, entgegen anderen Meldungen war es nur ein Investor, nämlich eine Familienstiftung mit Sitz in Nordrhein-Westfalen, hat von dem Geschäft Abstand genommen. Die Familienstiftung wollte sich und ihr Vorgehen keiner öffentlichen Debatte aussetzen", erklärte Renate Stiebing, Kämmereileiterin des Vogelsbergkreises, gestern auf Anfrage. Die Stiftung sei aus ihrer Tätigkeit in der Geschäftswelt mit solchen Debatten nicht vertraut, sagte Renate Stiebing. Mehrere Gruppierungen im Kreisgebiet hatten sich in den vergangenen Wochen kritisch zu dem Vorhaben geäußert, das darauf abzielte, einen Steuervorteil zu erzielen.

Zur Motivation des Investors, das angebahnte Leasing-Geschäft mit dem Vogelsbergkreis, aber auch den Landkreisen Marburg-Biedenkopf, Limburg-Weilburg, Waldeck-Frankenberg und Werra-Meißner definitiv abzubrechen, wollten sich weder die HeLaBa-Zentrale in Frankfurt noch ihre Tochtergesellschaft Hannover-Leasing in München, die das Geschäft für die HeLaBa abwickelt, gegenüber unserer Zeitung äußern. Eine zentrale Rolle dürfte neben der kritischen öffentlichen Debatte gespielt haben, dass die Oberfinanzdirektion Frankfurt sich weigerte, eine bindende positive Aussage zur Anerkennung des Steuersparmodells abzugeben (die OZ berichtete). Damit hätte der Investor das komplette Risiko des Geschäfts getragen.

Ankauf für 150 Millionen

Die Stiftung hätte allein im Vogelsbergkreis für rund 150 Millionen Euro Immobilien des Kreises kaufen und an ihn zurückleasen sollen, ohne zu wissen, ob der kalkulierte Steuervorteil eintritt. Die Stiftung wollte dabei davon profitieren, dass Immobilien im Erbfall besser gestellt werden als liquide Mittel. An diesem Geschäft sollte der Kreis mit rund 2,5 Millionen Euro beteiligt werden.

Landrat Rudolf Marx (CDU) ließ erklären, er bedauere den Rückzug des Investors. CDU-Fraktionsvorsitzender Dr. Hans Heuser sagte, schon als die Oberfinanzdirektion eine Aussage zu der Transaktion abgelehnt habe, habe er befürchtet, dass das Geschäft scheitere. „Schade, dass der Vogelsbergkreis jetzt die fast drei Millionen Euro nicht verdienen kann. Das hätte unserem Kreishaushalt sehr, sehr gut getan, ohne dass wir moralische Bedenken gegen das Geschäft hätten haben müssen. Vielleicht hätte das Vorhaben gelingen können, wenn wir schon ein Jahr früher darauf gekommen wären".

Bei der SPD waren Fraktionschef Herbert Diestelmann und Parteivorsitzender Manfred Görig nicht erreichbar. Rudolf Marek äußerte sich für die SPD-Kreistagsfraktion sehr kritisch zum Scheitern des Projekts: „In unserer Fraktion gab es unterschiedliche Auffassungen. Ich persönlich hielt das Geschäft für anrüchig, der Kreis wäre nur ein Spielball für Banken und Konzerne gewesen. Die Koalition hätte im Vorfeld besser recherchieren müssen und auch bei der CDU-geführten Landesregierung das Feld besser bereiten müssen. So wurden Sondersitzungen der Fachausschüsse einberufen, ohne dass etwas herauskam", klagt Romrods Bürgermeister.

Die HeLaBa will offenbar versuchen, neue Geldgeber für ein ähnliches Sale-and-Lease-back-Projekt zu gewinnen, nach der Absage des Investors jedoch erst einmal mit gebremster Energie, wie es hieß.