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In Deutschland hat das Volk bisher nur einmal über eine Verfassung abgestimmt. Das war am 6. April 1968 in der DDR.

Aus der "Berliner Korrespondenz" vom 15.03.2005  ist zu entnehmen , dass in Deutschland das Volk bisher nur einmal über eine Verfassung abgestimmt hat. Das war am 6. April 1968 in der DDR. An diesem Tag war ich dort zu Besuch bei meinen Schwiegereltern.

Eine Episode von damals ist mir dazu noch gut in Erinnerung. Der volle Text der neuen Verfassung der DDR lag allen Haushalten vor, also auch meinen Schwiegereltern und dem Haushalt meiner Schwägerin. Alle Personen wurden in der vorliegenden Broschüre aufgefordert, Anträge zu stellen. Ich entwarf deshalb einen Antrag  allgemeiner Art, der allen das Recht geben sollte, ihre Angehörigen in der Bundesrepublik zu besuchen. Leider hatte aber kein mir bekannter DDR- Bewohner den Mut oder die Lust, ihn zu übernehmen.

Vom Tage der Abstimmung  erinnere ich mich noch, wie mein Schwiegervater und meine Schwägerin sich darüber stritten, ob es im Abstimmungslokal überhaupt eine Abstimmungskabine gegeben habe. Meine Schwägerin bestritt das. Es sei nur offen abgestimmt worden. Mein Schwiegervater erklärte dagegen, er habe sie ja benutzt. Da hätten zwar einige Leute dumm geguckt. Er habe aber erklärt, dass er ja "Westbesuch" habe. Dem müsse er doch mit gutem Gewissen erklären können, dass man auch hier in der DDR  "demokratisch" abstimmen und wählen könne.

In der DDR fanden damals noch immer "gesamtdeutsche" Gespräche mit Westbesuchern statt, wobei natürlich dieses Mal vornehmlich über die "neue" Verfassung gesprochen wurde. Ich erklärte zum Verfahren, dass es ja bei  eventuellen Millionen Anträgen dazu für eine zentral organisierte Partei ein Leichtes sei, ihr Konzept durchzusetzen. Einer der Veranstalter erklärte, dass durch eine lange Diskussion erreicht worden sei, dass auch jetzt in den Verfassungsentwurf die ursprünglichen Rechte der Kirchen wieder berücksichtigt worden seien. Sie wurden nämlich damals im Verfassungsartikel 39 wie folgt festgelegt :

(1)   Jeder Bürger der Deutschen Demokratischen Republik hat das Recht, sich zu einem religiösen Glauben zu bekennen und religiöse Handlungen auszuüben.

(2)   Kirchen und andere Religionsgemeinschaften ordnen ihre Angelegenheiten und üben ihre Tätigkeit aus in Übereinstimmung mit der Verfassung und den gesetzlichen Bestimmungen der Deutschen Demokratischen Republik. Näheres kann durch Vereinbarungen geregelt werden.

Einige Tage später erfuhr ich, dass er ein Werksdirektor und ein Mitglied der Ost-CDU war. Er war nämlich auch der Ehemann von einer Schulkameradin meiner Frau und bei dem später vereinbarten Treffen anwesend.

Wenn ich jetzt darüber nachdenke, welche Rolle zum Beispiel die Kirchen bei dem Fall der Mauer und bei der Wiedervereinigung  gespielt haben, hat dieser Einfluss auf den damals noch ursprünglichen "Verfassungsentwurf" doch Wirkungen gezeigt.