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Aktuell

Vattenfall

Goldesel mit Imageproblem

VON HANNES GAMILLSCHEG

Stockholm. Die Privatisierung von Staatsunternehmen zählt Schwedens bürgerliche Regierung zu ihren wichtigsten Anliegen, doch ein Konzern steht nicht auf ihrer Verkaufsliste: der Energieriese Vattenfall.

Offiziell ist die Versorgungssicherheit das Argument gegen eine Streuung des Aktienbesitzes. Doch dass Vattenfall Jahr für Jahr Milliarden an Dividenden an die schwedische Staatskasse abliefert, verstärkt den Wunsch der Regierung, den Zugriff zu bewahren.

Allein im Vorjahr führte der Energiekonzern 7,5 Milliarden Kronen (824 Millionen Euro) an den Finanzminister ab, 40 Prozent des Konzerngewinns von 18 Milliarden Kronen, hauptsächlich generiert durch die hohen Strompreise in Deutschland.

Die Vattenfall AB - zu deutsch: Wasserfall AG - ging aus der einstigen "Königlichen Wasserfallbehörde" hervor, als der Staat 1992 das Stromnetz in eine eigene Gesellschaft ausgliederte und den Energieproduzenten als Aktiengesellschaft für den Kampf um den liberalisierten Strommarkt trimmte. Da hatte der Name längst nur noch halbe Richtigkeit: Die Hälfte des Stroms in Schweden erzeugt der Konzern mit Wasserkraft, für die anderen 50 Prozent steht die Nuklearenergie aus den Atomkraftwerken in Forsmark und Ringhals.

Vattenfall ist ein Zwitter: Auf dem Europamarkt ein aggressiver Akteur, der auf Wachstum und Zukäufe setzt, daheim in Schweden aber zusätzlich ein Werkzeug für die Energiepolitik. So ließ sich die Schließung der Atomanlage in Barsebäck vor allem deshalb bewerkstelligen, weil die Regierung deren Betreiber Sydkraft (heute: Eon) mit einem Anteil am AKW Ringhals entschädigen konnte.

Die 2002/03 durch die Fusion der deutschen Energiewerke HEW, Veag und Bewag sowie des Bergbauunternehmens Laubag entstandene Tochter Vattenfall Europe ist inzwischen für den Konzernumsatz wichtiger als der Heimatmarkt Schweden.

Auch in Polen und Dänemark ist Vattenfall aktiv. Der Energiemix im Gesamtkonzern sieht fossile Träger mit 42 Prozent vor Atomstrom (35 Prozent) und Wasserkraft (23 Prozent) vorne, der Anteil von Windenergie oder Biomasse ist in Promillen zu messen. Vor allem für die Nutzung von Braunkohle bekam Vattenfall in der Vergangenheit immer wieder Kritik.

Das "schwarze" Image will der von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zum Klimaberater ernannte Konzernchef Lars G. Josefsson verändern, die CO2-Emissionen senken, in Windparks investieren. Umweltorganisationen kritisieren die Pläne als wenig ambitioniert und reine Schminke.

Katastrophal für Vattenfalls Image waren jedoch vor allem die Pannen in den Atomkraftwerken, erst in Schweden, nun in Deutschland, auf die die schwedische Öffentlichkeit wesentlich unaufgeregter reagierte als die deutsche. Selbst die Entlassung der führenden Manager von Vattenfall Europe machte in Schweden keine Schlagzeilen. Doch der "Verfall der Sicherheitskultur", den ein interner Rapport nach dem Störfall in Forsmark anprangerte, hat Vattenfall auch in der Heimat in die Defensive gedrängt.

Die geplante Kapazitätserhöhung der aus den 70er und 80er Jahren stammenden Reaktoren ist vorerst jedenfalls vom Tisch.

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Dokument erstellt am 19.07.2007 um 17:36:02 Uhr
Letzte Änderung am 19.07.2007 um 18:15:39 Uhr
Erscheinungsdatum 20.07.2007