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Oberhessische Zeitung (Alsfeld) vom 23.07.2003

Das Steuersparmodell des Kreises auf der Kippe

Oberfinanzdirektion hält Investor des „Sale-and-Lease-Back" hin - Entscheidung des Geldgebers in drei Wochen erwartet

VOGELSBERGKREIS (vn). Das Steuerspar-Projekt, mit dem der Vogelsbergkreis 2,5 Millionen Euro einnehmen will, steht offenbar auf der Kippe. Der Kreis will seine Immobilien an einen Investor verkaufen und von ihm zurückleasen.

Über den dabei entstehenden Steuervorteil wollte der Investor vom Finanzamt eine verbindliche Auskunft erhalten, die die Finanzbehörden jedoch verweigern. Das Projekt ist damit nicht gescheitert, aber der Investor trägt ein größeres Risiko. Eine Familienstiftung mit Sitz in Nordrhein-Westfalen verfügt über enorme Werte, für die alle 30 Jahre Erbersatzsteuer anfällt. Diese Steuern will die Stiftung begrenzen, indem sie ihr Geldvermögen in eine Gesellschaft einbringt, die die Immobilien von- Landkreisen verwaltet. Damit wird das Bargeld zu Betriebsvermögen, das nur zu 60 Prozent der Erbersatzsteuer unterliegt.

Allein im Vogelsbergkreis will die Stiftung für rund 150 Millionen Euro Immobilien erwerben. Interesse an dem - Sparmodell haben auch die Landkreise Limburg-Weilburg und Waldeck-Frankenberg geäußert. Die Waldecker sind mit ihren Beschlüssen bereits am weitesten gediehen. Der Vogelsberger Kreistag hat erst am vergangenen Mittwoch grünes Licht gegeben.

Jetzt, wo die Verträge unterzeichnet werden sollen, hat der Investor die Finanzämter um eine rechtverbindliche Auskunft gebeten, ob die Steuerspareffekte tatsächlich eintreten. Unter dem Betreff „Kommunal-Leasing/Erbschaftssteuermodell" antwortet die Oberfinanzdirektion (OFD) per Rundverfügung den Finanzämtern (siehe auch OZ vom 19. Juli)
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Die Verfügung ist etwas zweideutig: „Die beschriebene Gestaltung ist steuerlich nicht anzuerkennen", schreibt die OFD. Damit ist aber offenbar nicht gemeint, dass die Steuerspareffekte nicht eintreten sollen, sondern dem Sparmodell wird nur die verbindliche Anerkennung verweigert. Die Frankfurter Behörde schreibt nämlich weiter, „verbindliche Auskünfte sind in entsprechenden Fällen nicht zu erteilen." Die Direktion weist die Finanzämter an, auch zu Randaspekten keine verbindlichen Auskünfte zu geben, denn diese Auskunft „könnte als Beleg verwendet werden, das Finanzamt habe das Steuersparmodell insgesamt anerkannt oder für unbedenklich angesehen. (...) Es wäre misslich, wenn die Autorität der Finanzbehörden zur Anbahnung fragwürdiger Geschäfte missbraucht würde."

Ein Interpretation der zweideutig formulierten Verfügung wollte Manfred Schwebel, stellvertretender Sprecher der OFD, unter Hinweis auf das Steuergeheimnis gegenüber unserer Zeitung nicht abgeben. Er mochte nicht einmal bestätigen, dass die zitierte Rundverfügung ergangen ist.

Der Immobilienkonzern Hannover Leasing, eine Tochter der Landesbank Hessen-Thüringen, der das Geschäft abwickelt, äußert sich abwartend. Andreas Fritsch, verantwortlicher Prokurist für Großimmobilien, erklärt auf Anfrage, der gesetzliche Rahmen für das Steuersparmodell sei eindeutig positiv, selbst wenn die Oberfinanzbehörden jetzt keine bindende positive Aussage treffen wollen. Das Steuersparmodell sei rechtlich zulässig. Er sei optimistisch, dass der Investor sich trotz des fehlenden Urteils der OFD für das Modell entscheide. „Die Stiftung prüft jetzt die Lage. Weil das umfangreiche Projekt bis Jahresende abgewickelt werden muss, gehen wir davon aus, dass der Investor in zwei bis drei Wochen entscheiden wird", nimmt Fritsch an.

Die Frage ist jetzt, ob sich der Investor auf ein Modell einlässt, dessen steuerliche Wirkung nicht rechtsverbindlich geklärt ist. Bisher hatte es geheißen, dass die Stiftung ohne die Auskunft keine Verträge unterzeichnen wolle. Andererseits betont die OFD, dass zu Steuersparmodellen grundsätzlich keine verbindliche Vorab-Auskunft erteilt werde. In jedem Fall dürfte sich das Risiko der Familienstiftung jetzt erhöht haben.

Der Vogelsbergkreis gibt sich betont entspannt. Landrat Rudolf Marx (CDU) erklärt, die Anweisung der Oberfinanzdirektion sei „ein rein verwaltungsinterner Vorgang", der keine direkten rechtlichen Folgen habe. „Ich gehe davon aus, dass die Investoren weiter Interesse an dem Projekt haben. Ob es zu dem Vertragsabschluss kommt, muss der Investor entscheiden." Kreispressesprecher Erich Ruhl sagte, der Vogelsbergkreis beobachte intensiv, wie sich das Verfahren im Pilotkreis Waldeck-Frankenberg weiter entwickle.