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Auszug aus Erziehung und Wissenschaft -Zeitschrift der Bildungsgewerkschaft GEW 1/2008 Seite 33

Soziale Spaltung nimmt zu

Privatisierung der Bildung verändert Arbeit und Lernen

Früher war es so, dass man Anreize für das Sparen gab, um Geld für notwendige Investitionen aufzutreiben. Im Zeitalter entfesselter Finanzmärkte ist das grundlegend anders. Hunderte Milliarden Euros vagabundieren durch die Welt auf der Suche nach einer profitablen Anlageform. Aus Geld soll ständig mehr werden - der Rest interessiert nicht. Nichts wird unversucht gelassen, nicht einmal die Spekulation mit einem Anlagefonds zur Studienfinanzierung (Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 11. Oktober 2007). Bei dieser erhoffen sich die Anleger, genügend finanzschwache Studentinnen und Studenten zu finden, die sich im Gegenzug zu ihrer Studienfmanzierung verpflichten, einen Anteil ihres künftigen Lohnes zurückzuzahlen. Logisch, dass die Anleger ihren Gewinn darin sehen, von den jungen Menschen erheblich mehr zurückzubekommen, als sie selbst vorgestreckt haben.

Logik der Anbieter

Für die GEW ist klar: Bildung ist keine „Ware". Privatisierung ist nicht nur eine technische Veränderung im Bildungsmanagement. Sie verändert Erfahrungen von Menschen. Sie verändert die Bedeutung der jeweiligen Rolle der Lehrenden sowie der Heranwachsenden, ihrer Selbstwahrnehmung und der Wahrnehmung ihrer sozialen Beziehungen. Sie ist gerade nicht, so Stephen Ball in seinem Buch „education for sale" (2004), ein „irgendwie gearteter Reformprozess". Im Zuge der Privatisierung geschieht vielmehr eine Verwandlung des Verständnisses sozialer Beziehungen innerhalb der Gesellschaft. Hinterrücks drohe uns, so Stephen Ball, ein Zustand, in einer Welt von ausweglosen Abhängigkeiten zu leben, weil das Verständnis von Lehren, Lernen und Forschen der Logik von „Anbieter und Kunde" unterworfen werde. Es werde Zeit, schreibt Ball, „der Tyrannei der so genannten Verbesserungen, der höheren Effizienz und der Standards eine Sprache der Erziehung und Ausbildung entgegenzusetzen". Eine Sprache, die sich in Ethik, moralischen Grundsätzen und Werten ausdrückt.

Privatisierung der Bildung treibt nicht nur die soziale Spaltung innerhalb einer Gesellschaft voran. Sie verändert nicht nur die Arbeits- und Lernbedingungen innerhalb der Bildungseinrichtungen - sie zerstört ebenso die Grundlagen unserer Gesellschaft, weil sie Tor und Tür dafür öffnet, noch die letzten sozialen Räume, in denen menschliche Beziehungen nicht durch die Brille eines profitabeln Verkaufs betrachtet werden, zu versperren.

Ulrich Thöne, Vorsitzender der GEW