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Schreiben der Attac Alsfeld vom 31.07.2003 an den Landrat des Vogelsbergkreises

ATTAC Aisfeld
Hans-Georg Bodien
Finkenrain 3
36323 Grebenau,
Tel. 06646/1230

Grebenau, den 31.07.2003

Herrn
Rudolf Marx
Landrat des Volgelsbergkreises
Goldhelg 20
36341 Lauterbach

Betr.: Kommunales Sale-and-lease-back.
Modell Max-Eyth-Schule: hier Leasing

Sehr geehrter Herr Landrat Marx,

ein Kreistagsbeschluss der bürgerlichen Koalition von CDU, FWG und FDP hat Ihnen kürzlich den Weg geebnet, das von Ihnen gewollte und forcierte „Sale-and-lease-back"-Geschäft mit der Hannover Leasing GmbH. & Co.KG. in die Wege zu leiten. Bei Umsetzung dieses Deals bedienen Sie besonders Vermögende und tragen dazu bei, dass die Länder massive Steuerverluste hinnehmen müssen, können reiche Investoren doch unter Nutzung von Steuerschlupflöchern den Ländern erhebliche Summen an Schenkungs-, Erbschafts- und Erbersatzsteuern entziehen - ein besonders skandalöser Akt mit Blick auf die 385 Milliarden Euro Schulden der Länder.

Mit diesem Beschluß macht sich das Kreisparlament also zum Instrument zur Durchsetzung von Interessen von Vermögenden - ein eklatanter Widerspruch zu den Aufgaben eines Parlaments, sind doch Parlamente dem Wohl der Allgemeinheit verpflichtet. In Ihrem Verhalten sehen wir auch eine mangelnde Loyalität dem Land gegenüber, ist doch unseres Erachtens der Landrat als Behörde der Landesverwaltung auch besonders dem Land verpflichtet.

Zuversichtlich hat uns nun der Hessische Finanzminister Weimar gestimmt, der in Zusammenarbeit mit den Finanzministern der anderen Länder diese Steuerschlupflöcher schließen will. Dass er dieses Steuersparmodell unmoralisch findet, teilt er uns mit Schreiben vom 28.7.2003 mit. Er schreibt, er sei der festen Überzeugung, „dass es der Steuermoral abträglich ist, wenn sich die Öffentliche Hand - ungeachtet der rechtlichen Zulässigkeit - von privaten Investoren zur Beteiligung an bedenklichen Steuersparmodellen (hier: Einsparungen bei der Schenkung-, Erbschaft- und Erbersatzsteuer) gewinnen lässt."

Dies trifft auch für die Entscheidung der Oberfinanzdirektion zu, die diesem Deal zunächst einen Riegel vorschiebt, indem sie die Finanzämter anweist, die Steuervorteile für dieses Modell nicht anzuerkennen. Obwohl wir hoffen, dass dieses skandalöse Geschäft - wie von Ihnen geplant - nicht realisiert wird, möchten wir Sie trotzdem bitten, uns folgende Fragen zu beantworten:
Wie einer großen Tageszeitung zu entnehmen war, sieht Karl Bart von der Hannover Leasing GmbH.&Co.KG. in dem Steuersparmodell Sale-and-lease-back für die Kommunen die Möglichkeit, Geld zu verdienen. Heisst dies, dass der Kreis im Hinblick auf die zu erwartenden 3 Millionen Euro zum Provisionsempfanger wird?

Wie hoch ist die Summe, die die Investoren bei diesem Modell durch Steuerentziehung erwartet?

- Aus der Broschüre der Hannover Leasing geht hervor, dass für die Objektgesellschaft ein Beirat zur Beratung und Unterstützung der Geschäftsführung installiert wird. Wieviel Mitglieder sind dafür vorgesehen? Aus welchem Personenkreis rekrutiert sich dieser Beirat? Wie hoch ist die finanzielle Entschädigung für diese Mitglieder?

- Seltsam finden wir, dass für die Wertermittlung der Kreisimmobilien eine Partnerfirma der Hannover Leasing beauftragt werden soll. Welche Gründe sprechen für diese Vergabe?

- Welcher Wert soll ermittelt werden (Einheitswert, Verkehrswert, Wiederherstellungswert)?

In unserem Schreiben vom 12.6.2003 an die Vorsitzenden der Fraktionen im Kreistag baten wir um die Leasingbedingungen im Zusammenhang mit der Erweiterung der Max-Eyth-Schule. Die Vorsitzende der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Cornelia Bothe, teilt uns in diesem Zusammenhang mit - der Fraktionsvorsitzende der SPD Herbert Diestelmann, der Fraktionsvorsitzende der CDU Dr. Heuser und der Fraktionsvorsitzende der FWG im Kreistag Friedel Kopp haben unser Schreiben bis heute ignoriert - dass sie hierzu keine genauen Konditionen mitteilen könne. Der Kreistag habe nur über den Finanzrahmen abstimmen dürfen. Sie erwähnt, dass Sie, Herr Landrat Marx, behaupten, dass dieses Modell zur Erweiterung der Schule dem Kreis viel Geld gespart habe. Ähnlich äußerte sich in einem Telefongespräch der Vorsitzende der FDP Fraktion, Herr Dr. Stumpf. Bekannt ist jedoch, dass Leasinggeschäfte dieser Art häufig teurer sind als Kreditgeschäfte. Wir bitten nun Sie, uns die genauen Konditionen zu diesem Leasinggeschäft mitzuteilen.

Wir bitten um eine baldige Antwort und verbleiben

mit freundlichen Grüßen

fur ATTAC Alsfeld

Hans-Georg Bodien