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"Unser Trinkwasser ist kein Wirtschaftsgut"

Sebastian Schönauer, Landesvorsitzender des Bundes Naturschutz in Bayern, sprach auf Einladung der Grünen und Attac

ALSFELD (la). "Trinkwasser ist kein Wirtschaftsgut." Das erklärte Sebastian Schönauer bei einem Vortrag am Dienstag im Hotel "Zur Erholung", zu dem die Vogelsberger Grünen und die Alsfelder Attac-Gruppe eingeladen hatten, um die geplante Übertragung kommunaler Wasserversorgung auf die OVAG zu thematisieren. Sebastian Schönauer, stellvertretender Landesvorsitzender vom "Bund Naturschutz in Bayern", sprach sich entschieden gegen eine Privatisierung der Wasserversorgung aus.

Die Säle, stellte er fest, seien immer dann voll, ;,wenn es meistens sehr spät ist". Oftmals verliefen gravierende kommunal-politische Weichenstellungen für die Öffentlichkeit unbemerkt. Attac, eine "Bürgerbewegung reinsten Wassers", wolle sich um die Dinge selbst kümmern. Zur Trinkwasserversorgung bemerkte Schönauer: "Unsere Karten sind recht gut."

Eine Privatisierung der Trinkwasserversorgung habe weitreichende Folgen. Bei Wasser seien die Bürger bereit, sich "zu wehren". Allen Verantwortlichen sei bewusst, um was es gehe. Es gehe um eine der drei natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen, nämlich "Wasser, Boden und Luft". Der "Kampf um das Wasser" bleibe ein Zielkonflikt des 21. Jahrhunderts.

Schönauer verwies auf seine politische Erfahrung und auf Erfolge in Bayern. Man wolle gesundes Trinkwasser durch einen flächendeckenden Trinkwasserschutz in ganz Europa und lehne ein "Cross Border Leasing" ab. Es gebe heftige Diskussionen darüber, ob man die Trinkwasserversorgung den multinationalen Konzernen ausliefere und ob die Kommunen das "kommunale Tafelsilber", nämlich die Stadt-und Wasserwerke, zur "Profitmaximie-rung an fremde Kapitaleigner" verkauften.

Heute beobachte man den Versuch von Städten und Gemeinden, aufgrund der „ökonomischen Krise" mit "Lebensstil über die Verhältnisse" aus dieser finanziellen Sackgasse wieder herauszukommen. Mit "finanztechnischen Tricks" wie Verantwortungsübertragung an andere Unternehmen, die dann "abkassierten", versuchten die Kommunen, dies aufzufangen. Man wolle damit den eigenen Haushalt wieder entlasten.

Bezüglich der Trinkwasserqualität gebe es eine "zufriedene Bevölkerung", da sie die qualitätssichernden Maßnahmen der Kommunen anerkenne. Die hohen finanziellen Aufwendungen beinhalteten aber auch die Sanierung und Instandhaltung des Wasserleitungssystems. Während beim kommunalen Wasserleitungssystem in Deutschland lediglich bis zu 17 Prozent Leitungsverlust aufträten, betrage der Verlust bei der privatisierten Wasserversorgung in England 30 Prozent: "eine Energieverschwendung sondergleichen". Aufwändigen Detailuntersuchungen zufolge sorge Kleinräumig-keit bei der Wasserversorgung nicht nur für besseres Trinkwasser, sondern sei auch wirtschaftlicher als größere Verbünde.

Schönauer verwies auf die Erfolge seiner Bemühungen beim bayrischen Gemeindetag mit 700 Bürgermeistern und 300 "Wasserwerkern". Die Versammlung habe sich gegen eine Liberalisierung der Wasserversorgung ausgesprochen. Dies habe die bayrische Staatsregierung zum "Zurückrudern" veranlasst. Schließlich hätten die kommunalen Mehrheitsverhältnisse auf dem Spiel gestanden. Die Staatsregierung sei "Speerspitze der Bewegung" gegen eine Liberalisierung der Wasserversorgung gewesen.
Bei der Privatisierung gehe es letztlich um "Abkassieren". "Private" gingen von Gewinnerwartungen von bis zu 19 Prozent aus, bei den Kommunen betrage bei einem eventuellen Kredit der Kreditsatz nur rund fünf Prozent. Die soziale Komponente sei gravierend. Nach der Privatisierung seien in England unter Thatcher 150000 Arbeitsplätze gestrichen worden. Im Gegenzug habe man die Gehälter der Vorstandsvorsitzenden um bis zu 570 Prozent erhöht.

Beim Kampf um möglichst hohe Profite seien "Mangelwirtschaft, Qualitätsminderung und Wucherpreise" die Folge. Man wolle den "direkten Angriff auf unseren Geldbeutel". Es habe noch nie eine "bessere Geschäftsidee" gegeben, als "frisch verdientes Geld" durch das übliche Abbuchungsverfahren einzuziehen.

Bei "schlechtem Image" des kommunalen Trinkwassers seien die Menschen bereit, mehr zu zahlen. "Es gibt kein besseres und billigeres Trinkwasser als das unsrige", so Schönauer. Die Personalunion von Vorstand und Geschäftsführung der OVAG wurde in der Diskussion heftig kritisiert.