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Schleswig- Holsteinischer Landkreistag, Haus der kommunalen
Selbstverwaltung Reventiquallee 6, 24105 Kiel,
Landkreis
Info 0658/2006 vom 19.09.2006
Auskunft erteilt:
Bernhard Hoyer
923.50 Ho/Hi
eMail:
bernhard.hoyer@sh-landkreistag.de
Tel.:
0431/570050-14
Themenkreis : Kommunale Finanzen und Liegenschaften
Betreff : 06/0658 Public Private Partnership;
I. Urteil des Bundesgerichtshofs zur Sittenwidrigkeit eines
Immobilienleasingvertrages
II. Grundsätze der Rechnungshöfe zu
PPP-Projekten
Sehr geehrte Damen und Herren,
der Bundesgerichtshof hat in einem erst jetzt bekannt gewordenen Urteil
vom 25. Januar 2006 (VIII ZR 398/03) die Sittenwidrigkeit eines
lmmobilienleasingvertrages einer Gemeinde nach § 138 BGB
festgestellt Er hat der Entscheidung folgenden Leitsatz vorangestellt:
„Zur Sittenwidrigkeit eines Immobilienleasingvertrages wegen besonders
grober Verletzung des Grundsatzes der Sparsamkeit und
Wirtschaftlichkeit kommunaler Haushaltsführung“.
Hintergrund der Entscheidung war der Abschluss eines als
lmmobilienleasingvertrages zu wertenden Rechtsgeschäftes einer
„Kleinstgemeinde“ mit einem Investor. Dabei war bekannt, dass die
Gemeinde im Zuge der sich abzeichnenden Gebietsreform ihre Eigen-
ständigkeit verlieren dürfte. Unabhängig von der Frage,
dass die kommunalaufsichtlich erforderliche Genehmigung dieses
kreditähnlichen Rechtsgeschäfts zunächst nicht vorlag
und später versagt wurde, stellt der Bundesgerichtshof eine
Sittenwidrigkeit des Rechtsgeschäftes in diesem Fall fest.
Sittenwidrig können danach auch Rechtsgeschäfte sein, durch
die Dritte gefährdet oder geschädigt werden oder die im Falle
einer Beteiligung der öffentlichen Hand in krassem Widerspruch zum
Gemeinwohl stehen, sofern alle an dem Geschäft Beteiligten
sittenwidrig handeln, d. h. die Tatsachen, die die Sittenwidrigkeit
begründen, kennen oder sich zumindest ihrer Kenntnis grob
fahrlässig verschließen. Auch Rechtsgeschäfte mit
Gemeinden, die das öffentliche Haushaltsrecht missachten,
können sittenwidrig sein, sofern der Verstoß beiden Seiten
subjektiv zurechenbar ist.
In Anwendung dieser Grundsätze legt der BGH dar, dass der von der
Gemeinde ab- geschlossene lmmobilienleasingvertrag den Grundsatz der
Sparsamkeit und Wirtschaft- lichkeit der Haushaltsführung in
besonders grobem Maße verletzte. Dieser Grundsatz diene sowohl
dem Schutz der Gemeinden und Gemeindeverbände vor
Selbstbeschädigung durch übermäßige
privatrechtliche Verbindlichkeiten als auch dem Interesse der
Allgemeinheit. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass zur
Erfüllung gemeindlicher Aufgaben nicht mehr ausgegeben werden
dürfe, als bei wirtschaftlicher und sparsamer
Haushaltsführung notwendig sei und dass leichtfertige Ausgaben und
übertriebener Aufwand zu vermeiden seien. Der Grundsatz der
Wirtschaftlichkeit gelte auch für das kommunale Immobilienleasing.
Seine Beachtung sei eine der wichtigsten Anforderungen, die es
erfüllen müsse. In dem vorliegenden Fall seien die die
Sittenwidrigkeit begründenden Umstände den am Abschluss des
Leasingvertrags beteiligten Personen bekannt gewesen. Dies gelte sowohl
für die Organe der Gemeinde, als auch für den Vertragspartner
der Gemeinde.
Den Vertragsparteien sei nicht nur klar gewesen, dass das Projekt
gemessen an Aufgaben und Bedarf einer Kleinstgemeinde
unverhältnismäßig groß und kostspielig gewesen
sei, sondern dass wegen der Eingemeindungspläne sogar damit
gerechnet werden musste, dass es für ein Verwaltungs- und
Gemeindezentrum alsbald keinerlei Bedarf mehr geben werde. Nach alledem
handele es sich bei dem gleichwohl geschlossenen
lmmobilienleasingvertrag um einen beiderseits so eklatanten
Verstoß gegen das Gebot sparsamer Verwendung öffentlicher
Mittel und gewissenhafter treuhänderischer Verwaltung des
Gemeindevermögens, dass der Vertrag gemäß § 138
Abs. 1 BGB nichtig sei.
Wegen der Einzelheiten nehmen wir auf das Urteil (Anlage 1) Bezug.
II.
Die Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten der
Rechnungshöfe des Bundes und der Länder haben am 3. und 4.
Mai 2006 in München Grundsätze zu PPP-Projekten verabschiedet
(Anlage 2). Sie weisen darauf hin, dass PPP zunächst nur eine von
mehre- ren Finanzierungsformen sei. Städten, Gemeinden und auch
Ländern, die finanziell an- geschlagen seien, helfe dieses
Instrument nicht weiter. Bei Finanzierungsengpässen werde es von
der öffentlichen Hand häufig als Ausweg angesehen, um
Investitionen zu realisieren und Wachstumsimpulse zu setzen. Mittel-
und langfristig ein gefährlicher Weg, weil auch hier die
Finanzierungslast in die Zukunft verschoben werde. Die deutschen
Rechnungshöfe fordern deshalb eine sorgfältige und
realistische Bewertung von Chancen und Risiken. In ihren
Grundsätzen weisen sie insbesondere darauf hin, dass bei
PPP-Projekten andere laufende Ausgaben an die Stelle von Zins- und
Tilgungstasten treten und künftige Haushalte in gleicher oder
ähnlicher Weise belasten. Nur nachgewiesene und haushaltswirksame
Effizienzgewinne können zur Haushaltsentlastung beitragen.
PPP-Projekte, die sich die öffentliche Hand konventionell
finanziert nicht leisten kann, darf sie sich ebenso wenig alternativ
finanziert leisten.
Weitere Einzelheiten können der Pressemitteilung des Bayerischen
Obersten Rechnungs-hofs vom 5. Mai 2006 entnommen werden.
Wir bitten um Kenntnisnahme.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
Bernhard Hoyer
Anlagen: - 2 -