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HANDELSBLATT, Dienstag, 15. August 2006, 06:00 Uhr
RWE greift in die Trickkiste Energiekonzern versucht über
Beteiligung an Investmentgesellschaft für Stadtwerke seine
Machtposition auszubauen
von
JÜRGEN FLAUGER | DÜSSELDORF
PETER KÖHLER | FRANKFURT
RWE versucht offenbar über einen von der WestLB organisierten
Fonds für Stadtwerke-Anteile seine Machtposition auszubauen. Der
Energiekonzern bringt einige kleinere Beteiligungen in die
Investmentgesellschaft ein. Im Gegenzug sichert er sich ein
Vorkaufsrecht auf Stadtwerke-Anteile, wenn der Fonds in wenigen Jahren
wieder aufgelöst wird. Das erfuhr das Handelsblatt aus Kreisen,
die mit der Transaktion vertraut sind. Der Konzern, der aus
kartellrechtlichen Gründen derzeit praktisch keine
Kommunalversorger mehr erwerben kann, versucht so offenbar seine
Expansionsinteressen zu wahren, bis sich die Rahmenbedingungen
eventuell wieder ändern.
Die Pläne für den Fonds hatte WestLB-Chef Thomas Fischer, der
zugleich Aufsichtsratschef von RWE ist, zwar schon im Frühjahr
präsentiert. Die Einbeziehung von RWE wurde allerdings erst
gestern durch einen Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ bekannt.
Die WestLB bestätigt nur die Pläne für die Gründung
des Fonds, die Beteiligung von RWE kommentiert das Unternehmen nicht.
RWE hielt sich ebenfalls bedeckt.
Die „Stadtwerke Investment Gesellschaft“ (SIG) wird von der WestLB, dem
öffentlichen Förderportal NRW Bank sowie acht Sparkassen aus
Nordrhein-Westfalen – unter anderem aus Köln, Dortmund und Bochum
– getragen. Die Fondsgesellschaft soll Anteile von Stadtwerken
erwerben. Die Erfolgsaussichten sind dabei günstig. Viele Kommunen
sind in Haushaltsnöten und würden gerne ihre Versorger zu
Geld machen, schrecken aber vor einem Verkauf an einen reinen
Finanzinvestor zurück. Ein Verkauf an die von
öffentlich-rechtlichen Instituten getragene SIG dürfte ihnen
leichter fallen. Die SIG-Gesellschafter werden an den Gewinnen der
Stadtwerke beteiligt und erhalten zudem eine feste Verzinsung von 50
Mill. Euro pro Jahr.
Der Gesellschaftervertrag durchläuft zur Zeit die Kontrollgremien
der Unternehmen, gestern stimmte der Verwaltungsrat der Sparkasse
Düren zu. In der Beschlussvorlage steht die entscheidende Passage:
„RWE erhält ein Vorerwerbsrecht für die am Ende der Laufzeit
der SIG gehaltenen Beteiligungen.“ Und das Ende der Laufzeit ist
absehbar: Nach neun Jahren soll der Fonds wieder aufgelöst werden.
Um den Fonds in Schwung zu bringen und Kommunen zur Teilnahme zu
ermutigen, werde RWE zunächst selbst Anteile einbringen,
heißt es in den mit der Transaktion vertrauten Kreisen. So werde
der Konzern unter anderem von den Stadtwerken Düren, an denen er
74,9 Prozent hält, ein Paket von 24 Prozent veräußern.
Der Energiekonzern solle aber auch als „Türöffner“ dienen und
den Kontakt zwischen der SIG und verkaufswilligen Kommunen herstellen.
RWE könne so verhindern, dass Konkurrenten zum Zuge kommen.
Nach Auflösung des Fonds könnte RWE dann selbst zugreifen.
Deutschlands größtem Stromkonzern, der über ein
großes Netz an Kommunalversorgern verfügt, ist derzeit die
Expansion zwar weitgehend verwehrt. Das Bundeskartellamt hat deutlich
gemacht, dass es RWE den Zukauf weiterer Stadtwerke untersagen
würde, um die Konzentration im deutschen Energiemarkt
einzudämmen. RWE spekuliert aber offenbar darauf, dass mit
fortschreitender Liberalisierung des europäischen Energiemarktes
die Machtverhältnisse in den einzelnen Staaten weniger streng
bewertet werden.
Die Pläne von WestLB und RWE stoßen allerdings bereits auf
scharfe Kritik. „Die SIG ist ein Parkhaus, das RWE mit
Unterstützung öffentlich-rechtlicher Geldinstitute nutzen
kann“, sagt Reiner Priggen, Energieexperte der Grünen in
Nordrhein-Westfalen. Damit werde die Konzentration in der
Energiebranche weiter zementiert. Die Landesregierung müsse sich
entscheiden, ob sie wie stets verkündet tatsächlich für
mehr Wettbewerb auf dem Energiemarkt sorgen wolle. Mit einer Anfrage
will er die Rolle der Regierung bei der Gründung der SIG
klären. Er verweist auf die Beteiligungen des Landes an WestLB und
NRW Bank.
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