Zurueck zur Homepage
Zurueck zur Vorseite

http://www.handelsblatt.com/news/Default.aspx?_p=200276&_t=ft&_b=1121492

HANDELSBLATT, Dienstag, 15. August 2006, 06:00 Uhr

RWE greift in die Trickkiste Energiekonzern versucht über Beteiligung an Investmentgesellschaft für Stadtwerke seine Machtposition auszubauen

 von

JÜRGEN FLAUGER | DÜSSELDORF
PETER KÖHLER | FRANKFURT


RWE versucht offenbar über einen von der WestLB organisierten Fonds für Stadtwerke-Anteile seine Machtposition auszubauen. Der Energiekonzern bringt einige kleinere Beteiligungen in die Investmentgesellschaft ein. Im Gegenzug sichert er sich ein Vorkaufsrecht auf Stadtwerke-Anteile, wenn der Fonds in wenigen Jahren wieder aufgelöst wird. Das erfuhr das Handelsblatt aus Kreisen, die mit der Transaktion vertraut sind. Der Konzern, der aus kartellrechtlichen Gründen derzeit praktisch keine Kommunalversorger mehr erwerben kann, versucht so offenbar seine Expansionsinteressen zu wahren, bis sich die Rahmenbedingungen eventuell wieder ändern.

Die Pläne für den Fonds hatte WestLB-Chef Thomas Fischer, der zugleich Aufsichtsratschef von RWE ist, zwar schon im Frühjahr präsentiert. Die Einbeziehung von RWE wurde allerdings erst gestern durch einen Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ bekannt. Die WestLB bestätigt nur die Pläne für die Gründung des Fonds, die Beteiligung von RWE kommentiert das Unternehmen nicht. RWE hielt sich ebenfalls bedeckt.

Die „Stadtwerke Investment Gesellschaft“ (SIG) wird von der WestLB, dem öffentlichen Förderportal NRW Bank sowie acht Sparkassen aus Nordrhein-Westfalen – unter anderem aus Köln, Dortmund und Bochum – getragen. Die Fondsgesellschaft soll Anteile von Stadtwerken erwerben. Die Erfolgsaussichten sind dabei günstig. Viele Kommunen sind in Haushaltsnöten und würden gerne ihre Versorger zu Geld machen, schrecken aber vor einem Verkauf an einen reinen Finanzinvestor zurück. Ein Verkauf an die von öffentlich-rechtlichen Instituten getragene SIG dürfte ihnen leichter fallen. Die SIG-Gesellschafter werden an den Gewinnen der Stadtwerke beteiligt und erhalten zudem eine feste Verzinsung von 50 Mill. Euro pro Jahr.

Der Gesellschaftervertrag durchläuft zur Zeit die Kontrollgremien der Unternehmen, gestern stimmte der Verwaltungsrat der Sparkasse Düren zu. In der Beschlussvorlage steht die entscheidende Passage: „RWE erhält ein Vorerwerbsrecht für die am Ende der Laufzeit der SIG gehaltenen Beteiligungen.“ Und das Ende der Laufzeit ist absehbar: Nach neun Jahren soll der Fonds wieder aufgelöst werden.

Um den Fonds in Schwung zu bringen und Kommunen zur Teilnahme zu ermutigen, werde RWE zunächst selbst Anteile einbringen, heißt es in den mit der Transaktion vertrauten Kreisen. So werde der Konzern unter anderem von den Stadtwerken Düren, an denen er 74,9 Prozent hält, ein Paket von 24 Prozent veräußern. Der Energiekonzern solle aber auch als „Türöffner“ dienen und den Kontakt zwischen der SIG und verkaufswilligen Kommunen herstellen. RWE könne so verhindern, dass Konkurrenten zum Zuge kommen.

Nach Auflösung des Fonds könnte RWE dann selbst zugreifen. Deutschlands größtem Stromkonzern, der über ein großes Netz an Kommunalversorgern verfügt, ist derzeit die Expansion zwar weitgehend verwehrt. Das Bundeskartellamt hat deutlich gemacht, dass es RWE den Zukauf weiterer Stadtwerke untersagen würde, um die Konzentration im deutschen Energiemarkt einzudämmen. RWE spekuliert aber offenbar darauf, dass mit fortschreitender Liberalisierung des europäischen Energiemarktes die Machtverhältnisse in den einzelnen Staaten weniger streng bewertet werden.

Die Pläne von WestLB und RWE stoßen allerdings bereits auf scharfe Kritik. „Die SIG ist ein Parkhaus, das RWE mit Unterstützung öffentlich-rechtlicher Geldinstitute nutzen kann“, sagt Reiner Priggen, Energieexperte der Grünen in Nordrhein-Westfalen. Damit werde die Konzentration in der Energiebranche weiter zementiert. Die Landesregierung müsse sich entscheiden, ob sie wie stets verkündet tatsächlich für mehr Wettbewerb auf dem Energiemarkt sorgen wolle. Mit einer Anfrage will er die Rolle der Regierung bei der Gründung der SIG klären. Er verweist auf die Beteiligungen des Landes an WestLB und NRW Bank.
 
© Verlagsgruppe Handelsblatt GmbH - Economy.One 2006