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Auszug aus Erziehung und Wissenschaft -Zeitschrift der Bildungsgewerkschaft GEW 1/2008 Seite 32

Profit machen mit Schule

Phorms AG, Schülerhilfe GmbH, Studienkreis GmbH - und wer dahintersteckt

Privatschulen wachsen wie Pilze aus dem Boden. Viele Elternfinden das prima. Doch wer steckt hinter diesen Schulen - und welche Interessen verfolgen die Träger? Auch private Nachhilfe erlebt einen Boom. Kommerzielle Institute holen sich immer größere Stücke vom Kuchen. Wie sind die Nachhilfe-Anbieter organisiert? Und welcheßnanzstarken Unternehmen haben sie im Rücken? Antworten gibt der GEW-PrivatisierungsreportNr. 5.

Good  morning,  everybo-dy", ruft Schulleiterin Ce-lia. Budge in die Runde. „Good   morning,   Mrs. Budge", schallt es ihr entgehen.     Morgendliches Ritual in der Phorms-Schule, einer privaten Grundschule in Berlin-Mitte. Die Phorms-Schule unterrichtet bilingual -selbst in der Vorschulklasse wird bereits Englisch  gesprochen.  Sie begann im August 2006 mit dem Unterricht - und sorgte im ganzen Land für Schlagzeilen.

„Geregelter Marktplatz"

Denn die Phorms Management AG will bundesweit Schulen gründen - und dann Geld mit Dienstleistungen verdienen. Marketing, Personalauswahl, Cur-riculum- Entwicklung, Computertechnik - all diese Leistungen soll die Phorms-Schule von der AG beziehen, gegen Gebühren. So das Modell. Unter den Aktionären der Phorrns AG tummeln sich Manager und Unternehmer. Darunter Rolf Schmidt-Holtz, Vorstand von Sony. Auch Antonella Mei-Pochtler gehört zu den Phorms-Investo-ren. Sie ist Seniorpartnerin der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BC) - und gefragte Gesprächspartnerin der Presse. Schon im Jahr 2002 sprach sie von der Schule als „geregeltem Marktplatz". Sie forderte die Bundesländer auf, „Ranglisten ihrer Vorbildschulen" aufzustellen. 2006 erklärte sie: „Schulen müssen sich wie Hochschulen transformieren." Dass Boston Consulting im Bildungswesen eigene Interessen verfolgt, leugnete die Unternehrnensberaterin nicht. BC sei „ein großer Nachfrager von Mitarbeitern und deshalb sehr an einer Bildungsreform interessiert", sagt Mei-Pochtler. Derweil erleben Schulen in privater oder kirchlicher Trägerschaft einen Aufschwung sondergleichen. Allein in Köln öffneten zu Beginn des Schuljahres 2007/2008 drei neue Privatschulen. Sachsen meldet für 2000 bis 2005 ein Plus von 54 Privatschulen. Gleichzeitig schlössen die sächsischen Behörden 591 öffentliche Schulen - weil Familien abwandern, Geburtenzahlen sinken. Die GEW stellt sich gegen den weiteren Ausbau der privaten Schulen. Das verstärke nur die „extreme Spaltung des Bildungswesens", erldärt Marianne Demmer, Leiterin des GEW-Vorstandsbereichs Schule. Sie empfiehlt den Eltern, ihre Kinder in öffentliche Schulen zu schicken und sich dort zu engagieren. „Man braucht keine freien Träger, urn gute Schulen für alle Kinder zu machen", betont Demmer.

Anbieter wittern Morgenluft

Auch auf dem Nachhilfe-Markt wittern private Anbieter Morgenluft. Geschätzte zwei Milliarden Euro geben Eltern in Deutschland jährlich aus, damit ihre Kinder Stoff nachholen und Wissenslücken schließen. Kommerzielle Institute erobern immer mehr Marktanteile. Allen voran die Schülerhilfe GmbH (Gel-scnkirchen) und die Studienkreis GmbH (Bochum). Beide betreiben etwa 2000 Nachhilfe-Institute, oft mit Hilfe von Franchise-Partnern. Sie werfen immer neue Angebote auf den Markt. „Sinus, Cosinus, Wattenmeer" - wirbt etwa die Schülerhilfe für so genannte Lerncamps, eine Kombination aus Urlaub und Nachhilfe. „Fußballcamps mit Lernschule" bietet die Studienkreis GmbH.

Die Schülerhilfe ist eine Tochter des US-Unternehmens Sylvan Learning Center, das wiederum zum US-Bildungsdienstleister Educate gehört. Educate wurde im Juni 2007 für rund 535 Millionen Dollar von Finanzinvestoren übernommen. Nachhilfeunterricht sei „keineswegs systemwidrig", betont Cornelia Sussieck vom Bundesverband Nachhilfe- und Nachmittagsschulen (VNN). Ganz im Gegenteil - man sei „idealer Partner der Schulen", so Sussieck. Der VNN fordert Public-Private-Partnership mit öffentlichen Schulen. Auf diese Weise ließe sich die Bildungsmisere beseitigen, so die Behauptung des Verbandes. Die Studienkreis GmbH meldet, dass ihr Kurs zur Förderung der Lesekompetenz bereits an rund 40 staatlichen Ganztagsschulen laufe - als „Komplettpaket für den Nachmittag". Die GEW fordert, dieses System auszutrocknen. Die Schulen, so Marianne Demmer, seien personell und materiell so auszustatten, „dass Nachhilfe kostenfrei in der Schule erteilt werden kann."

Matthias Holland-Letz, freier Journalist