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Thesenpapier zu Public Private Partnership (PPP)

von Attac Frankfurt (Main)  bekant seit 25.10.2005

1.) Die derzeitige Mangelsituation öffentlicher Haushalte auf allen Ebenen, wird von Politik und Medien überwiegend so dargestellt, als sei „der Staat“ auf allen Ebenen schlicht „pleite“. Die (steuer- und wirtschaftspolitisch im übrigen selbst verschuldete) Mangelsituation öffentlicher Haushalte wird vor allem von marktradikalen Kräften einerseits zu einem Generalangriff auf staatliche Ausgabenpolitik im allgemeinen und auf den sozialpolitischen Auftrag des Staates im besonderen genutzt. Andererseits suchen dieselben Kräfte nach Mitteln und Wegen, um unmittelbaren Zugriff auf die zweifellos knapper gewordenen, aber trotzdem immer noch erheblichen staatlichen/öffentlichen Finanzmittel zu erlangen.

2.) Bei der derzeitigen Kampagne um PPP handelt es sich um ein groß angelegtes Komplott der deutschen und europäischen Bau- und Immobilienindustrie sowie großer Banken und Kapitalgesellschaften. Die besonders fokussierten Bereiche sind derzeit der Straßenbau, die Instandsetzung von Kanalisationen, der Bau und die Bewirtschaftung von Schul- und Verwaltungsgebäuden, denkbar sind für die Zukunft aber auch Kindergärten, Sportanlagen usw..  Koordiniert wird die Kampagne von Stabsstellen im Bundeswirtschaftsministerium und in verschiedenen Landeswirtschaftsministerien, flankiert von einschlägig bekannten Unternehmens-  und Steuerberatungsfirmen, bekannten Wirtschaftsprüfungsunternehmen und Anwaltskanzleien sowie diversen (mehr oder weniger) wissenschaftlichen bzw. akademischen Koryphäen aus Unternehmen und Hochschulen.

3.) In der Diskussion um PPP wird von interessierter Seite die Behauptung in den Vordergrund gerückt, es würden erhebliche Einsparungen für die öffentlichen Haushalte erzielt (15 bis 20%). In Wirklichkeit ist PPP ein gezieltes Programm zur Plünderung der öffentlichen Haushalte.

4.) PPP wird als Mittel und Möglichkeit verkauft, einen sog. Investitionsstau der öffentlichen Hand bei der Errichtung und Bewirtschaftung öffentlicher Gebäude oder Einrichtungen zu beseitigen. In Wirklichkeit handelt es sich um ein Vorkreditierungssystem, welches insbesondere den großen Banken und Kapitalgesellschaften mittelfristig große Gewinne in die Kassen spülen soll und langfristig die Situation öffentlicher Haushalte erheblich verschlimmern wird.

5.) PPP-Verträge führen im kommunalpolitischen Bereich zu einer langfristigen Bindung kommu-naler Haushaltsmittel. Der kommunale Gestaltungsspielraum verkleinert sich in dem Maße, in welchem sich Kommunen und Gebietskörperschaften auf solche Verträge einlassen. Kommunale Selbstverwaltung (als demokratische, politische Errungenschaft) findet nicht  mehr (bzw. zunehmend weniger) statt.

6.) Die PPP-Befürworter aus Politik und Wirtschaft behaupten, dass PPP insbesondere kleinen und mittelständischen Firmen des Bau- und Handwerksbereichs nützt. Insbesondere sei hier von Bedeutung, dass dem ineffizienten und trägen Öffentlichen Dienst die Zuständigkeit für die Auftragserledigung genommen werde. Es wird hierbei verschwiegen, dass bisher bereits über 90% der öffentlichen Bau- oder Bewirtschaftungstätigkeit über entsprechende Vergabeverfahren durch private Firmen erledigt werden. Tatsächlich führen PPP-Projekte zu einer Verstärkung der Marktmacht einiger weniger Großunternehmen. Kleine und mittelständische Firmen verfügen in der Regel weder über die entsprechende Eigenkapitaldecke, noch über eine ausreichende Kreditwürdigkeit bei den Banken, um selbst als PPP-Unternehmen in den Markt zu gehen.

7.) Die größere Marktmacht der großen bauindustriellen Unternehmen führt zu einem erheblichen  wirtschaftlichen Druck für die kleinen und mittelständischen Firmen. Erste Erfahrungen zeigen: Die Auftragsbedingungen von PPP-Betreibern zwingen kleinere Unternehmen zu Tarifflucht und Lohndumping, zur Nichteinhaltung von Gesundheits- und Sicherheitsbestimmungen, zu Qualitätsminderungen bei der Auftragserledigung usw. und werden mittelfristig zu einem Rückzug vieler Firmen aus diesem Bereich führen (die Anzahl der Insolvenzen wird als Trend gerade in der Baubranche verstärkt).

8.) Die mittelfristig höhere Belastung der öffentlichen Haushalte führt in der Konsequenz zu einem Zwang, die für PPP-Projekte abfließenden Mittel entweder durch Kreditaufnahmen oder durch radikale Einsparmaßnahmen in anderen Bereichen zu kompensieren. Bereits im Rahmen der PPP-Projekte werden eine Vielzahl Mitarbeiter/innen aus dem öffentlichen Dienst in die private Wirtschaft verschoben. Die infolge der PPP-Projekte notwendigen Einsparmaßnahmen werden zu einem weiteren Arbeitsplatzabbau im öffentlichen Dienst führen.

9.) Die Verschiebung einer erheblichen Anzahl von Mitarbeiter/innen aus dem öffentlichen Dienst in private PPP-Projektgesellschaften bringt für die betroffenen Arbeitnehmer/innen teilweise schwer einschätzbare Risiken mit sich. Die tarif- und arbeitsrechtlichen Standards des Öffentlichen Dienstes werden zur Disposition gestellt. Erworbene Besitzstände stehen infrage. Es besteht das Risiko eines Arbeitsplatzverlustes durch Insolvenz der privatrechtlichen PPP-Projektgesellschaften.

Fazit:  PPP-Projekte nützen in erster Linie Banken, Kapitalgesellschaften und den Großunternehmen der Bauindustrie sowie ihren Handlangern in Wirtschafts- und Unternehmensberatungsfirmen. PPP-Projekte beschleunigen den Monopolisierungsprozess in der Bau- und Immobilienbranche. Die mittel- und langfristigen Folgen für die öffentlichen Haushalte könnten katastrophal sein: Die kommunale Selbstverwaltung löst sich mangels verfügbarer Mittel auf.
Für die betroffenen Beschäftigten entstehen zahlreiche existentielle Unsicherheiten und Risiken.