Zurueck zur Vorseite
Zurueck  zur Homepage
Wo Bürger sich über steigende Preise für Strom und Wärme freuen

In Nordrhein-Westfalen zeigt eine Initiative, dass sich mit dem Energiesparen Geld verdienen lässt / Schulsanierung wird für Privatanleger interessant

VON BERNWARD JANZING (FREIBURG)

Wenn es um das Energiesparen geht, kursieren viele Märchen. Etwa dieses: Energiesparen ist teuer. Doch das Gegenteil ist richtig: Es lässt sich damit richtig Geld verdienen. Wer dafür noch den Beweis benötigt, muss sich derzeit nur in Nordrhein-Westfalen umschauen.

Im Rahmen der so genannten 100 000-Watt-Initiative werden unter Federführung der Landesinitiative Zukunftsenergien NRW und des Wuppertal Instituts derzeit mehrere Schulen im Land energetisch saniert. Das Spannende daran: An dem Projekt kann jeder Bürger teilnehmen und durch eine finanzielle Beteiligung von den erzielten Einsparerfolgen profitieren. Bürgercontracting heißt das Prinzip.

Konzept soll Firmen Weg weisen

Nach zwei Schulen in den nordrhein-westfälischen Gemeinden Engelskirchen und Emmerich soll jetzt die Gesamtschule Berger Feld in Gelsenkirchen mit dem Geld privater Investoren saniert werden. Das Konzept ist ebenso einfach wie clever: Die von der Schule aufgrund der Umbauten eingesparten Energiekosten werden in den folgenden Jahren an die Investoren ausgeschüttet. Die Geldgeber, so prognostizieren die Projektplaner, erzielen dadurch eine Rendite in Höhe von fünf bis sechs Prozent.

---------------------------

100 000-Watt-Solar-Initiative

- Die Initiative: Das Wuppertal Institut initiierte das Energieprojekt, das vom Land Nordrhein-Westfalen gefördert wird. Bei dem Vorhaben, das zunächst auf nur fünf Schulen ausgedehnt wurde, geht es darum, den Bau von Photovoltaik-Anlagen mit der Beleuchtungssanierung und mit Energieeinsparinvestitionen zu kombinieren.
- Der Plan: Die Grundidee der Initiative besteht darin, dass an ausgesuchten nordrhein-westfälischen Schulen pro Schüler 50 Watt solare Stromerzeugung installiert werden und 50 Watt bei der Beleuchtungsleistung gespart werden. So werden pro Schüler insgesamt 100 Watt Leistung an herkömmlicher Stromerzeugung hinfällig. Bei Schulen mit etwa 1000 Schülerinnen und Schülern kann auf diesem Weg jeweils eine 100 000- Watt-Solar-Initiative umgesetzt werden.
- Informationen: Details über das Projekt sowie Broschüren für Anleger gibt es unter www.solarundspar.de im Internet.

------------------------------

Ziel der Initiative des Landes, die insgesamt fünf Projekte unterstützt, ist es, privaten Unternehmen aufzuzeigen, wie sich mit Energiesparen Geld verdienen lässt. "Wir werden dann Musterverträge veröffentlichen", sagt Kurt Berlo vom Wuppertal Institut - in der Hoffnung, dass künftig private Investoren das Thema aufgreifen und sich auf diesem Geschäftsfeld betätigen werden.

In vielen öffentlichen Gebäuden ist oft ein erheblicher Sanierungsbedarf gegeben, der sich durch die erzielbaren Energieeinsparungen gut refinanzieren ließe.

Im Fokus stehen aber Schulen, die in Deutschland über eine besonders marode Bausubstanz verfügen, wie Berlo beobachtet hat. Entsprechend bewarben sich in Nordrhein-Westfalen 40 Lehranstalten um Aufnahme in das Sanierungsprogramm der Landesinitiative.

Die fünf ausgewählten Schulträger kommen damit in den Genuss einer energetischen Gebäudesanierung, ohne dass sie eigenes Kapital einbringen und damit den öffentlichen Haushalt belasten müssen.

Am Ende profitieren durch die kreative Form der Projektfinanzierung alle: die Geldgeber, die Schulen und die Umwelt. Sogar für den Unterricht bleibt etwas hängen: Lehrer nutzen die Einsparprojekte ihrer Schule, um ihren Schülern den effizienten Umgang mit Energie näher zu bringen.

In das Gelsenkirchener Projekt kann jeder Bürger investieren, der bereit ist, mindestens 2500 Euro anzulegen. Für Angehörige der Schule (also Lehrer, ehemalige Schüler, Eltern oder Großeltern der Schüler) wurde die Mindestbeteiligung auf 500 Euro reduziert. Nach den Prognosen erhalten die Anleger während der 20-jährigen Laufzeit des Projektes 222 Prozent ihrer Einlagen zurück.

935 000 Euro wollen die Initiatoren in der Gelsenkirchener Schule investieren. Davon sollen 618 000 Euro als Eigenkapital durch Private aufgebracht werden. Mit dem Geld werden sparsamere Lampen angeschafft, so wie eine tageslichtabhängige Steuerung der Beleuchtung installiert. Ferner werden die Lüftungstechnik und die Heizungssteuerung modernisiert. Schließlich wird auch noch eine Photovoltaikanlage mit 30 Kilowatt Leistung installiert. Jedes Jahr werden diese Schritte etwa 465 000 Kilowattstunden Strom und 875 000 Kilowattstunden Wärme sparen. Der weniger verbrauchte Strom entspricht etwa dem Verbrauch von 150 Haushalten, die Wärmeeinsparung kommt einer Abnahme des Ölverbrauchs um mehr als 80 000 Litern gleich.

Gutschrift für die Klimabilanz

Alle Investitionen zusammen führen zu einer Senkung des jährlichen CO2-Ausstoßes der Schule um 750 Tonnen. Wer sich mit 2500 Euro an der Anlage beteiligt, kann sich somit etwa drei Tonnen Gutschrift auf die persönliche Klimabilanz anrechnen - das entspricht etwa einem Viertel des Pro-Kopf-Ausstoßes in Deutschland.

Bei der Berechnung der Rendite haben die Planer einen Anstieg der Strom- und Wärmepreise von zwei Prozent jährlich angesetzt. Steigen die Energiepreise schneller, fällt die Ausschüttung umso höher aus, die aufgrund der eingesparten Energie gezahlt wird. Künftig braucht über steigende Energiepreise also nicht mehr gejammert werden - die Freude über höhere Ausschüttungen aus der Beteiligung überwiegt dann.

[ document info ]
Copyright © Frankfurter Rundschau online 2004
Dokument erstellt am 03.08.2004 um 17:56:32 Uhr
Erscheinungsdatum 04.08.2004