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Neue Koalitions-Baustelle -

SPD-Politiker setzen auf Projekte mit Privatbeteiligung, doch der Teufel steckt im Detail

VON MARKUS SIEVERS (BERLIN)

PPP in Frankfurt (FR)

Die Erwartungen sind groß - gerade weil die öffentlichen Haushalte in der Krise stecken. "Mehr Öffentlich Private Partnerschaften" fordert der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Klaus Brandner. Unter dem Kürzel ÖPP - oder PPP für das englische "Public Private Partnership" - soll der Staat private Investoren ins Boot holen und Geld für den Bau von Schulen, Verwaltungsgebäuden, Gefängnissen und Krankenhäusern mobilisieren. Damit sei das Potenzial noch lange nicht ausgeschöpft: "Investitionen in Bildung, Forschung und Entwicklung, eGovernment, Kultur, internationale Entwicklungszusammenarbeit, soziale Infrastruktur können mit ÖPP häufig schneller, effizienter und damit kostengünstiger realisiert werden."

Die Hoffnungen gehen so weit, dass die Wirtschaftspolitiker der SPD dem flächendeckenden Einsatz des Instruments so schnell wie möglich den Weg ebnen wollen. Vorerst bremsen aber die Parteilinken und der Koalitionspartner. Die Grünen sehen Beratungsbedarf. Aus der Absicht, in dieser Woche einen Antrag zur Erleichterung von PPP-Projekten in den Bundestag einzubringen, wird daher nichts. Dennoch ist die SPD zuversichtlich, noch vor der Sommerpause im Bundestag einen Gesetzesentwurf in erster Lesung behandeln zu können.

Beide Koalitionspartner wollen den Eindruck vermeiden, die bereits umfangreiche Liste der koalitionsinternen Streitprojekte werde um die drei Buchstaben PPP verlängert. Die grünen Haushaltspolitiker äußern sich zu dem Thema vorerst nicht. Grünen-Verkehrsexperte Albert Schmidt sagte der FR: "Prinzipiell ist das vollkommen richtig, der Teufel aber steckt im Detail." Er warnt vor allem vor der Gefahr, dass am Ende die Sache für den Steuerzahler zwei- bis dreimal so teuer wird, als wenn es der Staat in eigener Regie gemacht hätte. Die Risiken bei der öffentlichen Hand, die Gewinne beim privaten Investor - so dürfe die Arbeitsteilung nicht aussehen. Es müsse in jedem Einzelfall sichergestellt werden, dass Infrastrukturprojekte effizienter betrieben werden. Die Voraussetzungen dafür sehen Befürworter bei vielen Projekten gegeben. Deutschland müsse dieses Instrument als Chance begreifen, argumentieren sie. Dabei könne es von den Erfahrungen anderer Länder wie Großbritannien, Spanien oder den Niederlanden profitieren. Dort sei es gelungen, trotz des Sparzwanges die Sachinvestitionen des Staates zu erhöhen.

Bei Investitionen wird gespart

In Deutschland sparen die klammen Finanzminister und Länder ausgerechnet bei diesen Zukunftsausgaben. Verwandte der Bund vor zehn Jahren 14,4 Prozent seines Budgets für Investitionen, so hat er diesen Anteil inzwischen auf deutlich unter zehn Prozent heruntergefahren. Ähnlich sieht es bei den Ländern und den Kommunen aus. Daraus folgt laut Brandner: "Der Sanierungsbedarf und die Infrastrukturlücke werden immer größer - zum Nachteil von Wirtschaft und Gesellschaft." Um diese Lücke schließen zu können, wollen die Sozialdemokraten die Bedingungen für PPP vereinfachen. So diskriminiert das Steuerrecht die Beteiligung von privaten Investoren. Für den eigenen Hausmeister muss die Gemeinde keine Mehrwertsteuer abführen, wohl aber der (halb) private Träger, der in ihrem Auftrag diese Leistung erbringt. Das Problem mit der Mehrwertsteuer gilt kurzfristig im föderalen Finanzsystem als unlösbar, weil es die gesamte Steuerverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden berührt. Einfacher ist es, reine Kommunalsteuern wie die Grundsteuer zu erlassen.

Für Wettbewerbsgleichheit sollen auch Änderungen im Vergaberecht sorgen, das bisher auf die Bedürfnisse der öffentlichen Hand ausgerichtet ist. So gilt die Vorschrift, dass Gebühren die Kosten widerspiegeln. Weil beim Bau etwa eines Tunnels die Anfangsausgaben hoch sind, müsste demnach eine Firma mit hohen Entgelten in den Markt eintreten. Sie dürfte also nicht vorübergehende Verluste hinnehmen, um Kunden zu gewinnen. Daher will die Koalition die Entgeltgestaltung flexibilisieren, ohne sie der staatlichen Kontrolle zu entziehen.

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(Teil-)Privatisierung

Public Private Partnership, kurz PPP, bezeichnet Formen der Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Hand und privaten Unternehmen bei Bauprojekten und/oder dem Betrieb öffentlicher Einrichtungen. Auf Deutsch heißt dieses Kooperationsmodell Öffentlich Private Partnerschaft (ÖPP). Effizienzgewinne werden zugunsten der Privatisierung öffentlicher Aufgaben angeführt. Kritiker warnen vor Lohndumping, Stellenabbau, Nachteilen für lokales Handwerk und Mittelstand. Sie verweisen auf langfristig teils höhere Belastungen öffentlicher Etats. mk
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Copyright © Frankfurter Rundschau online 2005
Dokument erstellt am 12.05.2005 um 13:40:09 Uhr
Erscheinungsdatum 13.05.2005