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Bau setzt auf Autobahnen

In Bayern wird bald die erste Strecke privat betrieben

In Bayern fällt der Startschuss für die erste privat betriebene Autobahn Deutschlands. Die Strecke von München nach Augsburg gilt als Pilotprojekt, der noch 2005 vier weitere Abschnitte bundesweit folgen sollen.

VON THOMAS MAGENHEIM-HÖRMANN

München · 27. Februar · Für die seit fast einem Jahrzehnt in der Krise steckende deutsche Bauwirtschaft ist das Autobahnprojekt ein Lichtblick, für die leeren Kassen der öffentlichen Hand eine willkommene Entlastung. Autofahrer werden dafür nicht extra zur Kasse gebeten. Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe hat soeben den Weg für erste privat finanzierte und betriebene Teilstücke auf heimischen Autobahnen frei gemacht.

Als bundesweites Pilotprojekt gilt die A8 zwischen München und Augsburg. Noch im März soll die 52 Kilometer lange Strecke europaweit ausgeschrieben werden. Vier weitere Abschnitte zur A4 in Thüringen, der A1/A4 in Nordrhein-Westfalen, der A5 in Baden-Württemberg und der A1 in Niedersachsen folgen.

"Wir haben das ehrgeizige Ziel, alle fünf Projekte noch in diesem Jahr anzustoßen", versprach Stolpe. Den ersten Betreibervertrag für die bayerische Strecke erwartet er für das zweite Halbjahr 2006. Insgesamt sind zwölf solche Vorhaben geplant. Zusammen mit anderen privat finanzierten Verkehrsprojekten wie Brücken wird der Bund in den nächsten Jahren damit Investitionen in Höhe von gut 5,5 Milliarden Euro an die Bauindustrie vergeben, schätzt der heimische Branchenführer Hochtief. Die Gesamtstrecke an Autobahnen addiert sich auf 525 Kilometer.

Umgesetzt würden die Projekte alle in ähnlicher Form, erklärt Heiko Stiepelmann, der dafür zuständige Experte beim Hauptverband der Deutschen Bauindustrie. Der Bund leiste eine Anschubfinanzierung von maximal 50 Prozent der Kosten. Den Rest trägt zunächst die Baufirma, die sich den Auftrag sichert. Sie ist auf 30 Jahre für den Streckenbetrieb zuständig und übernimmt damit Pflichten von Autobahnmeistereien. Als Gegenleistung fließen dafür die Einnahmen der Lkw-Maut für das jeweilige Teilstück an das Unternehmen. Für leichte Lkw oder Pkw-Fahrer entstehen keinerlei Zusatzkosten.

"Wir haben es bitternötig", kommentiert Stiepelmann den Start der Public-Privat-Partnership-Projekte, wie derartige Kooperationen zwischen Privatwirtschaft und Staat im Fachjargon heißen. Damit eröffne sich eine Chance, den Investitionsstau hier zu Lande zu beenden. Allein die fünf Pilotvorhaben hätten ein Volumen von rund einer Milliarde Euro. Weil sie von Planung über den Bau bis zum Betrieb alles in einer Hand belassen und das Know how erfordert, seien sie nichts für Billiganbieter aus dem Ausland. Als Kandidaten gelten neben Hochtief Bilfinger Berger oder Strabag. Aber auch mittelständische Konsortien könnten zum Zuge kommen.

Qualität gefragt

Wer inklusive 30 Jahren Betrieb profitabel sein will, müsse beim Bau Qualitätsarbeit abliefern und könne nicht die billigste Lösung wählen, verdeutlicht Stiepelmann das Prinzip. Höhere Qualität komme letztlich auch den Auto- und Lkw-Fahrern zugute. So steht die Autobahn von München nach Augsburg im Ruf baulich "Vorkriegsstandard" zu bieten.

Das Volumen für die Erweiterung dieser Strecke von vier auf sechs Spuren beziffert Bayerns Innenministerium auf 230 Millionen Euro. Eine geplante Verlängerung von Augsburg bis Ulm koste nochmals 330 Millionen Euro. Der Betrieb bringt dem Baukonzern, der den Zuschlag erhält, zusätzlich rund 420 Millionen Euro. Für die Firmen sei vor allem auch letzteres interessant, sagt Stiepelmann. Denn der klassische Bau sei ein sehr schwankendes Geschäft. Ein 30-jähriger Betrieb erlaube eine konjunkturunabhängige Basisauslastung.

Die bayerische Strecke und die anderen vier Projekte gelten zudem als wirtschaftlich wenig riskant, weil sie stark von schweren Lkw befahren werden und somit relativ hohe Einnahmen aus der Maut versprechen.

Deutschland gilt in punkto PPP im internationalen Vergleich als Entwicklungsland. In Spanien zum Beispiel ist fast das gesamte Autobahnnetz privat finanziert.

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Copyright © Frankfurter Rundschau online 2005
Dokument erstellt am 27.02.2005 um 16:44:23 Uhr
Erscheinungsdatum 28.02.2005