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Investoren kaufen sich ein

Politik setzt auf private Autobahnen

Von der Öffentlichkeit fast unbemerkt geschieht eine kleine Revolution auf Deutschlands Autobahnen. Erste Teilstücke werden privatisiert - ohne Zusatzkosten für Auto- und Lastwagen-Fahrer.

München - Wer in den vergangenen Tagen auf der A8 zwischen München und Augsburg unterwegs war, hat ein historisches Stück Autobahn befahren. Für den Betrieb und den bald beginnenden Ausbau des 52 Kilometer langen Teilstücks ist seit kurzem - erstmals in Deutschland - ein Konsortium privater Baufirmen namens Autobahnplus zuständig. Mit diesem und drei weiteren geplanten Pilotprojekten "wird der Weg für öffentlich-private Partnerschaften im Bundesfernstraßenbau bereitet", meint Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD).

Schneller und effektiver wird es beim Bau und Erhalt von Autobahnen künftig zugehen, hoffen Politiker und Bauindustrie. Das Kriterium "schneller" sieht das Bundesverkehrsministerium beim bayerischen Pilotprojekt erfüllt. Denn das Baukonsortium hat sich verpflichtet, die marode Strecke bis Ende 2010 auf sechs Spuren modern auszubauen und sie dann bis mindestens 2037 zu betreiben. "Dies wäre bei einer herkömmlichen Vorgehensweise wohl nicht möglich gewesen", räumt ein Sprecher Tiefensees ein. Soll heißen: Der Bund hätte auf absehbare Zeit kein Geld für den Ausbau gehabt.

Erfahrungen in Großbritannien

Beim zweiten Kriterium "billiger" verweisen Fachleute auf Erfahrungen in Großbritannien: Im Mutterland solcher öffentlich-privater Bauprojekte seien im Schnitt 17 Prozent Effizienzgewinn ermittelt worden. Für Deutschland hofft man analog darauf, dass Bau und Betrieb am Ende einer jahrzehntelangen Konzessionsvereinbarung zehn bis 20 Prozent billiger kommen, sagt Heiko Stiepelmann vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie. Ob das stimmt, sollen die Pilotprojekte zeigen.

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Straßen-Projekte

Privatfirmen sollen mehr Autobahnen ausbauen und betreiben. Ein Projekt gibt es bereits, drei sind geplant. A8: Für den Betrieb und Ausbau eines Teilstücks ist bereits ein Firmenkonsortium zuständig.

A4: Die Verträge für einen Teil dieser Autobahn in Thüringen könnten in diesem Jahr noch unterschrieben werden, heißt es in der Baubranche.

A5 und A1: Vom kommenden Jahr an könnten private Betreiber für einen Teil der A5 in Baden-Württemberg und der A1 in Niedersachsen verantwortlich sein. tmaFür die Strecke zwischen München und Augsburg beträgt das so genannte Konzessionsvolumen für die 30 Vertragsjahre knapp eine Milliarde Euro, sagte eine Sprecherin des bayerischen Innenministeriums. Dieses Geld erhalten die Baufirmen. Die Summe setzt sich zusammen aus einer Anschubfinanzierung für Autobahnplus aus Bundesmitteln sowie den Lkw-Mauteinnahmen, die der Bund für das Teilstück an die Baufirmen weiterreicht.

"Für Autofahrer ändert sich gar nichts", stellt eine Sprecherin des Innenministeriums klar. Pkw-Fahrer müssen gar keine Gebühr zahlen und Brummilenker lediglich die übliche Lkw-Maut. An dem Projekt beteiligt sind die Baufirmen Berger Bau, BAM, Wayss & Freytag, Trapp, Egis Projects und Fluor Infrastructure.

Die ersten Erfahrungen, die die Baubranche hier zu Lande mit privat finanzierten Tunneln gemacht hat, sind nicht ermutigend, räumt Stiepelmann ein. Damit meint er Flops wie die Warnowquerung in Rostock oder einen Tunnel in Lübeck. Dort ist das - gebührenpflichtige - Verkehrsaufkommen hinter den Prognosen zurückgeblieben. Zu den jetzt auf den Weg gebrachten Autobahnprojekten besteht aber ein wichtiger Unterschied: Bei den Tunneln handelt es sich um schwer kalkulierbare Neubauten. Dagegen gibt es für die privaten Autobahn-Teilstücke verlässliche Daten zum Verkehrsaufkommen.

Ein Risiko für Autofahrer oder die öffentliche Hand gebe es bei den Privat-Strecken nicht, betont der Hauptverband der Bauindustrie. Denn falls sich die Firmen verrechnen sollten, seien die Autobahnteilstücke in jedem Fall bereits ausgebaut. Zudem würden die Straßen immer im Eigentum des Bundes bleiben.

Ohnehin erwartet die Baubranche, dass sich die Sache für Staat und Firmen rechnet. "Der Staat baut ohne Rücksicht auf Folgekosten, wir tun das nicht", meint ein Baumanager. Thomas Magenheim

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Copyright © FR-online.de 2007
Dokument erstellt am 09.05.2007 um 17:36:02 Uhr
Letzte Änderung am 09.05.2007 um 17:53:21 Uhr
Erscheinungsdatum 10.05.2007