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Oberhessische Zeitung (Alsfeld) vom 29.10.2005

Leserbrief von Hans Georg Bodien

„Armutszeugnis"

Betrifft: „Krug: Landrat kopiert die Konzeption der SPD", OZ vom 24. Oktober.

Es ist schon besonders originell, wenn der SPD-Kommunalwahlkampf eröffnet wird, indem der SPD-Landratskandidat Karl Heinz Krug seine Urheberschaft auf ÖFFENTLICH PRIVATE PARTNERSCHAFT (ÖPP) bei der Sanierung und Bewirtschaftung der Schulen im Vogelsbergkreis erhebt und Landrat Rudolf Marx sozusagen Plagiat vorwirft. Während Marx noch die Alternative der Finanzierung der notwendigen Sanierungsmaßnahmen über billige kommunale Kredite wenigstens erwägt, die kommunale Selbstverwaltung in Sachen Schulen und damit die demokratische Kontrolle also behalten würde, sieht Krug die Erledigung dieser Aufgabe alternativlos in einem ÖPP-Projekt. Ein politisches Armutszeugnis, wie ich meine. Die PPP- oder ÖPP-Modelle beruhen übrigens auf einem gemeinsamen Konzept von Bund, Ländern und B au Wirtschaft, politisch also ein Allparteienprodukt, was das Zustandekommen des Anfang September in Kraft getretenen ÖPP-Beschleunigungsgesetzes auch belegt.

Wenn Karl Heinz Krug sich bewundernd auf den Landkreis Offenbach mit seinem CDU-Landrat bezieht, wo ein solches Betreibermodell in Sachen Schulen bereits läuft - es soll zum Referenzprojekt für die BRD hochstilisiert werden -wären einige Daten notwendig gewesen.

Hier sind zum Beispiel die Betreiber eine Tochter der Baufirma Hochtief und die SKB Mannheim, ein Unternehmen der VINCI-Gruppe Paris. Hochtief und VINCI sind weltweitführende Unternehmen in der Bauwirtschaft. Sie planen, finanzieren, bauen und betreiben. Das Gesamtauftragsvolumen liegt bei etwa 800 Millionen Euro. Die Verträge mit einer Preisgleitklausel im Landkreis Offenbach laufen über 15 Jahre. Der Kreis zahlt über die gesamte Laufzeit ein Nutzungsentgelt von 57 Millionen Euro jährlich. Was die Beratungskosten für das Zustandekommen der Verträge angeht, werden zwischen zehn und 30 Millionen Euro genannt. Wenn hier behauptet wird, der Kreis spare mit diesem Modell der Sanierung 15 bis 20 Prozent, ist dies nicht nachvollziehbar.

Herr Krug wäre gut beraten, einen ÖPP-Deal zur Sanierung der Schulen im Vogelsbergkreis zu vermeiden. So führen Ö(P)PP-Verträge zu erheblicher Schwächung kommunaler Selbstverwaltung und demokratischer Kontrolle, sie führen zu langfristiger Bindung kommunaler Haushaltsmittel und damit zur Verkleinerung des kommunalen Gestal-tungsspielraums. Weiter führen PPP-Projekte zu einer Verstärkung der Marktmacht einiger weniger Großunternehmen und schwächen die kleinen und mittelständischen Unternehmen des Bau- und Handwerksbereichs, führen hier und im öffentlichen Dienst zu weiterem Arbeitsplatzabbau.

Nutznießer solcher PPP-Projekte sind nach meiner Einschätzung also primär große (international agierende) Baufirmen, Banken, Großkanzleien, Wirtschafts- und Unternehmensberatungsfirmen . Herr Krug wird sich hoffentlich nicht zum Handlanger dieser Gruppe machen wollen.

Hans-Georg Bodien, Grebenau