Vom Bundesparteitag der SPD am 15. November 1975 in Mannheim beschlossen
Das programmatische Ziel der SPD ist die Veränderung der bestehenden Gesellschaft zu einer neuen Gesellschaft, die für jeden einzelnen die freie Persönlichkeitsentfaltung und die selbstverantwortliche Mitwirkung am gesellschaftlichen , politischen und wirtschaftlichen Leben besser als bisher gewährleistet.
Sozialdemokratische Kommunalpolitik muss deshalb Gesellschaftspolitik
sein.
Inhalt
1. Präambel
Sozialdemokratische Kommunalpolitik ist Gesellschaftspolitik
Die gesellschaftspolitische Situation der Gemeinden
2. Inhalte sozialdemokratischer Kommunalpolitik
2.1 mehr Lebensqualität
2.2 mehr Chancengleichheit
2.3 mehr Mitwirkung
3. Rahmenbedingungen der Kommunalpolitik
3.1 Kommunalverfassung
3.2 Kommunale Finanzen
3.3 Raumordnung und Regionalplanung
3.4 Bodenordnung
4. Schwerpunkte sozialdemokratischer Kommunalpolitik
4.1 Wohnen
Wohnungsbau
Wohnumwelt
4.2 Arbeiten
Arbeitsplatzsicherung und Wirtschaftsförderung
Mitbestimmung in kommunalen Betrieben und Unternehmen
4.3 Verkehr
4.4 Umwelt
4.5 Bildung, Kultur, Freizeit, Sport
Bildung und Kultur
Freizeit und Sport
4.6 Soziale Sicherung und Integration
5. Kommunale Entwicklungspolitik
1.Präambel
Sozialdemokratische Kommunalpolitik ist Gesellschaftspolitik
Das programmatische Ziel der Sozialdemokratischen Partei ist die Veränderung der bestehenden Gesellschaft zu einer neuen Gesellschaft, die für jeden einzelnen die freie Persönlichkeitsentfaltung und die selbstverantwortliche Mitwirkung am gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Leben besser als bisher gewährleistet.
Die Grundwerte der neuen Gesellschaft sind die Grundwerte des Sozialismus: Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität.
Freiheit bedeutet, daß der Bürger sich durch gleichberechtigte Mitwirkung und Mitverantwortung in allen Lebensbereichen selbst verwirklichen kann.
Gerechtigkeit bedeutet, daß der Staat zu einem demokratischen und sozialen Rechtsstaat auszubauen ist, der jedem Bürger gleiche Rechte und Chancen eröffnet.
Solidarität bedeutet, daß wir aus der gemeinsamen Interessenlage der großen Mehrheit unseres Volkes uns gegenseitig und füreinander verantwortlich fühlen und vor allem denen geholfen wird, die benachteiligt sind.
Voraussetzung für die Verwirklichung dieser Grundwerte ist die Demokratie in allen Lebensbereichen. Die Gesellschaft läßt sich nur dann demokratisch gestalten, wenn die Mehrheit der Bevölkerung dazu aktiv und bewußt beiträgt.
Den unmittelbarsten Kontakt und die Auseinandersetzung mit der Gesellschaft findet der Bürger in der Gemeinde, in der er lebt und arbeitet.
Hier bildet sich zuerst das gesellschaftliche Bewußtsein des Bürgers.
Hier erlebt er zuerst gesellschaftliche Veränderungen. Sozialdemokratische Kommunalpolitik muß deshalb Gesellschaftspolitik sein.
Die gesellschaftspolitische Situation der Gemeinden
Die raschen und tiefgreifenden Veränderungen aller Lebensgebiete und Institutionen durch Wissenschaft und Technik und die kapitalistischen Produktions- und Verwertungsbedingungen unserer Gesellschaft sind die Ursachen für den steigenden Problemdruck in unseren Gemeinden. Dadurch vergrößert sich die Kluft zwischen wachsenden Bedürfnissen und berechtigten Ansprüchen der Bürger einerseits und den vorhandenen Möglichkeiten zu ihrer Erfüllung andererseits.
Die einseitige Orientierung unserer Gesellschaft auf wirtschaftliches Verhalten, das die sozialen Folgen nicht beachtet, beschränkt die Gemeinden in ihrer Entwicklung. Rücksichtsloses Gewinnstreben und übertriebenes kommunalpolitisches Bemühen um Zuwachsraten gefährden die kommunalen Lebensbedingungen. Der ständige Konflikt zwischen den wirtschaftlichen Zielen und den sozialen und kulturellen Erfordernissen wird in der Regel zugunsten des wirtschaftlichen Wachstums entschieden. Unkontrolliertes Wachstum erzeugt eine menschenfeindliche Umwelt.
Unbestritten ist wirtschaftliche Leistung die Grundlage des materiellen und sozialen Wohlstandes. Sie ist unerläßlich für eine Steigerung der Lebensqualität. Das ökonomische Prinzip ist jedoch in die Zielsetzung für eine moderne Kommunalpolitik einzuordnen.
Die Kommunalpolitik ist in der gesamtgesellschaftlichen Planung vorrangig. Sollen sich unsere Lebensverhältnisse bessern, so müssen die Gemeinden in die Lage versetzt werden, ihre Investitionen und Dienste wesentlich zu verstärken.
Mit der Zukunft unserer Gemeinden entscheidet sich die Zukunft unseres Landes.
Deshalb hat sozialdemokratische Kommunalpolitik dafür zu sorgen, daß
die Interessen der Mehrheit der Gemeindebürger den Vorrang vor dem privaten Vorteil einer Minderheit haben,
die Bedürfnisse der Gruppen, die sich selbst nicht genügend artikulieren können, mehr als bisher berücksichtigt werden,
die Nutzung des gesamten innerstädtischen Bodens den Anforderungen der Gemeinschaft entspricht und nicht die wirtschaftlichen Vorteile einzelner den Vorrang haben,
umweltschützende Maßnahmen organisiert und umweltfreundliche Techniken entwickelt werden, damit unkontrollierte Emissionen und ungeordnete Ablagerungen, die unbehebbare Schäden oder unnötige Kosten verursachen, vermieden werden,
die Technik dem Menschen dient und nicht über den Menschen herrscht.
2. Inhalte sozialdemokratischer Kommunalpolitik
Drei Ziele, die einander bedingen, bestimmen das Handeln der Sozialdemokraten in Gemeinden und Gemeindeverbänden:
mehr Lebensqualität, das bedeutet eine Verbesserung der Lebensbedingungen der Mehrheit der Menschen nicht nur durch Wachstum der Privatwirtschaft, sondern vor allem den Ausbau der Dienste und Güter zur Befriedigung der täglichen Grundbedürfnisse in den Gemeinden,
mehr Chancengleichheit, das bedeutet eine stärkere Rücksichtnahme auf benachteiligte Bevölkerungsgruppen, wie Kinder, Jugendliche, ältere Mitbürger, Einkommensschwache, ausländische Arbeitnehmer und ihre Familien, deren Interessen in einer nur auf Gewinnstreben gerichteten Gesellschaft am wenigsten beachtet werden,
mehr Bürgermitwirkung, das bedeutet eine Stärkung des gesellschaftlichen Bewußtseins und der demokratischen Verantwortung der Bürger durch mehr Information und durch die Möglichkeit der Mitberatung der gemeindlichen Angelegenheiten.
2. 1. Mehr Lebensqualität
Mehr Lebensqualität ist vorrangiges Ziel der Politik, weil
die rein quantitative Ausrichtung des Wirtschaftsgeschehens wichtige Lebensbedürfnisse vernachlässigt,
an die Stelle des solidarischen Mitein-anders der Menschen immer mehr der unpersönliche, nur auf bestimmte Zwecke bezogene Informationsaustausch tritt,
die Herrschaft des ökonomischen Prinzips nur schwer korrigierbare soziale
Schäden zur Folge hat.
Die Politik für Lebensqualität wird aus den langfristigen
sozialen Bedürfnissen
der Menschen bestimmt. Gerade Kommunalpolitik muß sich an diesem
umfassenden Ziel, mehr Lebensqualität zu verwirklichen, konsequent
ausrichten. Gemeinden können durch ihre Entscheidungen den einzelnen
Menschen und seine Umwelt vor unzumutbaren Belastungen schützen und
die qualitativen Lebensbedingungen in den Stadtlandschaften und den ländlichen
Bereichen verbessern. Lebensqualität muß in den einzelnen Entscheidungen
des Städte- und Wohnungsbaus, beim Verkehrswesen, der Entsorgung,
der Schmutz- und Lärmbekämpfung, der sozialen und kulturellen
Einrichtungen verwirklicht werden.
2. 2. Mehr Chancengleichheit
Jedem Bürger müssen gleiche Chancen offenstehen. Die Gemeinde muß für Minderheiten und sozial Benachteiligte die Voraussetzungen dafür schaffen. Die bisherige, vorwiegend wirtschaftlich bestimmte Planung unserer Gemeinden hat sich meist an den erwerbstätigen Erwachsenen orientiert. Die Planung in den Gemeinden muß in Zukunft verstärkt bisher benachteiligte Bevölkerungsgruppen wie Kinder, Jugendliche, ältere Mitbürger, Behinderte, einkommensschwache Schichten, ausländische Arbeitnehmer und deren Familien berücksichtigen.
Besonders Kinder sind durch Gebote und Verbote in ihrem natürlichen
Bewegungsdrang eingeschränkt. Sie brauchen ausreichenden Wohn-, Spiel-
und Bewegungsraum. Gibt man ihnen diesen als Ausgleich für die begrenzenden
Regeln des Zusammenlebens nicht, dann können sie bestimmte soziale
Grundhaltungen nicht lernen, nur schwache Bindungen in ihrer
sozialen Umwelt entwickeln und reagieren ihren Aggressionsstau in scheinbar
unverständlichen Gewalthandlungen ab.
Alte Menschen dürfen nicht sich selbst überlassen bleiben oder in sie isolierende Altersheime abgeschoben werden, vielmehr müssen wir Lösungen finden, die ihnen den Kontakt mit ihrer Umwelt erhalten.
Sozialpolitische Maßnahmen dienen gleichzeitig der sozialen Hilfe für benachteiligte Bevölkerungsgruppen und der Schaffung gesunder Lebensbedingungen für alle Bürger. Sie sollen möglichst so frühzeitig einsetzen, daß soziale Notstände vermieden werden. Die Sozialpolitik fällt weitgehend in den Zuständigkeitsbereich der Gemeinden und ist im Rahmen der Selbstverantwortung durch eine zeitgemäße, vorausschauende Gestaltung der sozialen Infrastruktur zu realisieren.
2. 3. Mehr Mitwirkung
Ausbau von Mitsprache und Mitverantwortung der Bürger stärken demokratisches Leben und kommunale Selbstverwaltung. Trotz zunehmender Politisierung der Bürger ist bei vielen das Unbehagen noch gewachsen, mehr oder weniger hilflos und ohne ausreichende Einsicht in die Zusammenhänge den Entscheidungen der wirtschaftlich und politisch Mächtigen ausgeliefert zu sein.
Das System der repräsentativen demokratischen Vertretung muß durch Formen direkter Bürgerbeteiligung ergänzt werden. Diese muß einerseits als ständiges Angebot organisiert sein, andererseits aber auch rechtlich institutionalisiert und verfahrensmäßig gesichert werden.
Verwaltungen, aber auch Gemeinderäte und Kreistage neigen dazu, ihre Arbeit mit demSchleier alleiniger Zuständigkeiten und Kompetenz zu umgeben. Alternativen zu Planungen werden zu selten aufgezeigt.
Die Unsicherheit gegenüber gesellschaftlichen Entwicklungen und die Unkenntnis von gesellschaftlichen Zusammenhängen sind eine Gefahr für die demokratische Überzeugung und Mitwirkungsbereitschaft der Bürger.
Jeder kommunalpolitische Erfolg ist in Frage gestellt, wenn der Bürger Verwaltung und Gemeinderat mißtrauisch oder gar resignierend gegenübersteht. Bürger dürfen nicht nur Betroffene sein, sondern sie sollen wo immer möglich am kommunalen Planungs- und Entscheidungsprozeß teilhaben.
Mehr Mitwirkung der Bürger wird den Verwaltungsablauf in vielen Fällen erschweren. Dies muß in Kauf genommen werden, damit es gelingt, den Bürger noch stärker als bisher an die Aufgaben und Probleme seiner Gemeinde heranzuführen und ihm die Chance zu geben, sich mit seiner Gemeinde, ihren Planungen und ihren Entscheidungen zu identifizieren.
Sozialdemokratische Kommunalpolitik gewährleistet die Mitwirkung der Bürger. Sie beschränkt sich nicht nur auf die notwendige Arbeit in Parlamenten und Verwaltungen; sondern sie trägt gleichzeitig durch Aktivierung der Bevölkerung für notwendige Reformen zu einer wirkungsvollen und dauerhaften Demokratisierung der Gesellschaft bei.
Das bedeutet, daß
Rathauspolitik nicht verkündet und angepriesen wird, sondern
durch ein breites Informationssystem auch über Alterna-
tivplanungen sich jeder an den Entscheidungen der Gemeinde beteiligen
kann,
nicht vorgefaßte Meinungen durchgesetzt, sondern die Bedürfnisse der Bürger ermittelt werden und die Kommunalpolitik bestimmen,
nicht technokratisches Wissen gegen Bürgermitwirkung eingesetzt, sondern als informierende Hilfe für die Realisierung gemeinsam erarbeiteter Ziele angeboten wird.
3. Rahmenbedingungen der Kommunalpolitik
3.1 Kommunalverfassung
Sicherung und Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung
Die kommunale Selbstverwaltung ist der Ort des unmittelbaren Umgangs des Bürgers mit der Demokratie. Sie gibt dem Bürger die Chance, auf überschaubarer Ebene am demokratischen Willensbildungsprozeß teilzunehmen, bei konkreten und bürgernna-hen Entscheidungen mitzuwirken und hierbei persönliche Lebenserfahrung, gesellschaftspolitische Zielsetzungen und Wertvorstellungen sowie durch Ortskenntnis geprägte besondere Sachkunde zur Geltung zu bringen. Kommunale Selbstverwaltung muß auch in Zukunft bedeuten, daß die demokratisch legitimierten Gremien Entscheidungen verantwortlich treffen können. Die Verstärkung und Verdichtung der zentralen staatlichen Planung darf die Gemeinden nicht zu Planungsvollziehern werden lassen.
Leistungsfähigkeit, Handlungsspielraum und Gestaltungsfreiheit der kommunalen Selbstverwaltung dürfen nicht weiter eingeengt werden, sondern sind zu stärken und auszubauen. Das Recht auf eigenverantwortliche kommunale Selbstverwaltung ist mit neuem Inhalt zu füllen. Zuständigkeiten, Aufgaben, Rechte und Pflichten der Kommunalvertretungen und -Verwaltungen müssen neu bestimmt werden.
Sozialdemokratische Kommunalpolitik wird dafür Sorge tragen, daß die kommunale Selbstverwaltung gestärkt und verfassungsmäßig sowie kommunalrechtlich verbessert abgesichert wird.
Zusätzlich bedarf es einer besseren arbeits- und sozialrechtlichen
Sicherung der Arbeitnehmer, die Mandate in diesen Orga-
nen auszuüben oder sich um solche Mandate bewerben.
Wahlbeamte und Gemeindevertreter sollen vergütete und ehrenamtliche Tätigkeiten und Funktionen in Organisationen einmal im Jahr dem Vorsitzenden der kommunalen Vertretungskörperschaft angeben.
Kommunale Mitwirkung
Die Mitwirkung der kommunalen Ebene im Gesetzgebungsverfahren muß ausgebaut werden. Die Kommunen sind in geeigneter Weise rechtzeitig über Gesetzentwürfe und ihre weitere Entwicklung zu unterrichten unter besonderer Darlegung ihrer verfassungsrechtlichen und finanziellen Folgen. Ihnen ist ein Recht auf Mitberatung in den Ausschüssen des Bundestages, des Bundesrates und der Länderparlamente einzuräumen.
Übergreifende Entwicklungsplanungen für Bund und Länder berühren den kommunalen Bereich und schränken die kommunale Selbstverwaltung ein. Diese unvermeidlichen Einschränkungen müssen ausgeglichen werden durch eine Mitwirkung der Kommunen an der Konkretisierung der Planungsziele und am Planungsverfahren. Die Mitwirkung der Kommunen am Planungsprozeß ist rechtlich sicherzustellen (Planungs-Verfahrensgesetze). Staatliche Planungen, die sich auf kommunale Aufgabenbereiche auswirken, sind im allgemeinen auf Rahmenpläne zu beschränken. Der Vollzug der Planungen und ihrer Anpassung an die örtlichen Gegebenheiten muß den kommunalen Körperschaften zur selbstverantwortlichen Entscheidung vorbehalten bleiben.
Mittelbewilligung für kommunale Aufgaben hat nach überprüfbaren Maßstäben zu erfolgen.
Bürgerinitiativen
Bürgerinitiativen sind ein wichtiges Element der Demokratie. Sie können dazu beitragen,
daß die Bürger wirksamer an den kommunalpolitischen Entscheidungen mitwirken können,
daß die Bürger zur Verbesserung der kommunalpolitischen Rahmenbedingungen beitragen können.
Eine Zusammenarbeit von sozialdemokratischen Politikern mit Bürgerinitiativen soll erfolgen, wenn diese Bürgerinitiativen
demokratisch sind,
ihre Ehrenamtlichkeit gewährleistet ist,
sie nicht den Interessen einzelner (oder einiger weniger) Personen einseitig dienen.
Bürgerbegehren
Die Bürger sollen ihre Angelegenheiten durch ein Bürgerbegehren geltend machen können. Die kommunale Vertretung hat über die Bürgerbegehren zu entscheiden.
Das Quorum für ein Bürgerbegehren wird gesetzlich festgelegt. '
Einwohner- und Bürgerversammlungen
Einwohner- und Bürgerversammilungen dienen der besseren gegenseitigen Information von Einwohnern und Mandatsträgern. Kommunale Mandatsträger sollten von dieser Möglichkeit verstärkt Gebrauch machen.
Bürgerberatung
Viele Bürger können ihr Recht gegenüber der Gemeinde- und Kreisverwaltung ohne sachkundige Hilfe nicht voll wahrnehmen. In jeder größeren Kommunal verwaltung ist eine Stelle für Bürgerberatung einzurichten, die den Bürger kostenlos über seine Rechte berät und bei der formellen Erledigung unterstützt.
Mitwirkung an der Planung
Bei allen Planverfahren ist die frühzeitige Information und Einbeziehung der Bürger sicherzustellen. Die Unterrichtung der Bürger muß schon bei der Problemerkennung einsetzen und bei der Vorplanung und Planungssystematik fortgesetzt werden. Zielvorstellungen und Folgen für die Lebensbedingungen sowie Alternativen müssen allgemein verständlich dargelegt werden. Die Beteiligung der Bürger ist institutioneil zu gewährleisten. Die Verwaltung hat die Information und Beteiligung von sozial Benachteiligten durch nichtweisungsgebun-dene Fachkräfte sicherzustellen. Verschiedene Formen von institutioneller Bürgerbeteiligung sind modellhaft zu entwickeln und zu erproben.
Öffentlichkeit der Ausschußsitzungen
Alle kommunalen Vertretungskörperscnhaften und ihre Ausschüsse tagen öffentlich. Die Öffentlichkeit kann nur bei Personalangelegenheiten, Sozialhilfeangelegenheiten und bei Angelegenheiten, in denen ein Gesetz die Behandlung unter Ausschluß der Öffentlichkeit vorsieht, ausgeschlossen werden.
Kommunale Mitwirkung für Ausländer
Die Ausländer sind von einer Mitwirkung in ihren eigenen Angelegenheiten noch weitgehend ausgeschlossen.
Es ist das Ziel unserer Politik, die Ausländer und ihre Familien in unsere Gesellschaft zu integrieren, soweit dies möglich ist und von ihnen gewünscht wird. Dem Wunsch nationaler Minderheiten, die auf Zeit in der Bundesrepublik leben, ihre kulturelle Eigenständigkeit zu erhalten, ist Rechnung zu tragen. Die soziale Integration der Ausländer muß nach freiheitlichen, rechtsstaatlichen und demokratischen Grundsätzen so erfolgen, daß sie die gleichen Lebensbedingungen und Rechte erhalten wie ihre deutschen Mitbürger. Durch die Herstellung und das Angebot dieser Voraussetzungen sollen sie befähigt werden, gemeinsam mit den deutschen Arbeitnehmern ihre Interessen wirksam in Staat und Gesellschaft zu vertreten.
Ausländer, die sich mindestens 5 Jahre ohne Unterbrechung in einer Gemeinde aufhalten, sollen in diesem Bundesland das aktive und passive Kommunalwahlrecht erhalten.
Einheitliches kommunales Verfassungsrecht
Die Unterschiedlichkeit des kommunalen Verfassungsrechts in den einzelnen Bundesländern erschwert den Bürgern angesichts der wachsenden Mobilität die Wahrnehmung seiner Rechte und die Überschaubarkeit der Verwaltung auf kommunaler Ebene. Deshalb ist eine Vereinheitlichung des kommunalen Verfassungsrechts anzustreben. Da die bisherigen Bemühungen ohne Erfolg geblieben sind, soll eine Bun-desrahmenkompetenz geschaffen werden.
Die Verwaltungsführung liegt bei dem Bürgermeister und ggf. weiteren hauptamtlichen oder ehrenamtlichen kommunalen Wahlbeamten. Der Bürgermeister ist an Mehrheitsbeschlüsse der kollegialen Verwaltungsführung gebunden. Die Amtsperiode der kommunalen Wahlbeamten muß sich mit der Wahlperiode der kommunalen Vertretungskörperschaft decken.
Wenn kommunale Gebietskörperschaften aus Gründen ihrer absoluten Größe oder Lage in Bezirke oder Ortschaften gegliedert werden, sind Bezirks- bzw. Ortsausschüsse zu bilden. Sie sind zu allen wichtigen Angelegenheiten, soweit sie den Bezirk betreffen, zu hören und können Aufgaben zur Erledigung übertragen bekommen. Sie sind unmittelbar zu wählen.
Verwaltungsreform
Die kommunalen Gebietsreformen müssen darauf abzielen, für eine möglichst umfassende Funktionserfüllung auf kommunaler Ebene die geeigneten Verwaltungseinheiten zu schaffen. Die dadurch bedingte erhebliche Vergrößerung der Verwaltungseinheiten darf aber nicht zum Ausschluß oder zu einer wesentlichen Beschränkung der Bürgerbeteiligung führen. Gebietskörperschaften, Raumordnungsbereiche und regionale Planungseinheiten sollen einander nicht überschneiden; gleiche Zuständigkeitsräume gelten in regionaler Abstufung für alle Zweige der Verwaltung.
Die notwendigen Funktionalreformen müssen den Gebietsreformen unmittelbar folgen. Den durch die Gebietsreformen geschaffenen größeren und leistungsfähigeren kommunalen Gebietskörperschaften können und müssen zur Verbesserung der Effektivität des Verwaltungshandelns und der Organisationsvereinfachung möglichst viele Verwaltungsaufgaben übertragen werden. Dadurch können nicht nur in hohem Maße Bürgernähe gesichert, sondern durch die direkte Zuordnung der Aufgabenerfüllung zu unmittelbar demokratisch legitimierten Organen bürgerschaftliche Mitwirkung und demokratische Kontrolle gestärkt werden.
Alle wesentlichen Entscheidungsgremien müssen gebietskörperschaftlich organisiert sein und eine hauptamtliche Verwaltung erhalten.
3. 2. Kommunale Finanzen
Lage der kommunalen Finanzwirtschaft
Eine funktionsgerechte und leistungsfähige kommunale Finanzwirtschaft setzt voraus, daß die Einnahmen mit den notwendigen Ausgaben Schritt halten und zudem die Aufgaben- und Finanzverteilung für Bund, Länder und Kommunen aufeinander abgestimmt ist.
Die Gemeindefinanzreform des Jahres 1969 hat zwar zu einer Erhöhung der kommunalen Einnahmen geführt. Weitaus stärker als die Einnahmen sind jedoch die Ausgaben gestiegen. Hierzu haben das starke Ansteigen der Kosten für Dienstleistungen, vor allem im sozialen und kulturellen Bereich sowie das Wachsen der Baupreise und die Übertragung zusätzlicher Aufgaben durch Bund und Länder beigetragen. Die Kommunen sind mit ihrer Finanzausstattung nicht in der Lage, die ihnen vor allem im Investitionsbereich obliegenden Aufgaben, insbesondere unter Berücksichtigung der Folgekosten, zu erfüllen.
Die kommunale Finanz Wirtschaft ist derzeit außerdem durch folgende Strukturprobleme gekennzeichnet: Der überwiegende Teil der unabweisbaren oder kommunalpolitisch zu fordernden Ausgaben hat besonders hohe Zuwachsraten. Der Zuwachs der Steuereinnahmen bleibt jedoch dahinter zurück. Der Anteil der kommunalen Steuereinnahmen ist trotz der Gemeindefinanzreform zurückgegangen.
Demgegenüber haben die staatlichen Zuweisungen und die kommunale Kreditaufnahme in nicht unerheblichem Maße zugenommen. Die Gemeinden müssen auch kon-junktur- und infrastrukturpolitische Beiträge leisten. Kommunale Investitions- und Finanzpolitik dienen jedoch in erster Linie der kommunalen Bedarfsdeckung.
Die staatlichen Zuweisungen werden für die Finanzierung der kommunalen Haushalte immer wichtiger. Die Kommunen geraten zunehmend in die finanzielle Abhängigkeit von Bund und Ländern. Außerdem sind sie nach wie vor von den Zufälligkeiten der Ertragskraft örtlicher Wirtschaftsunternehmen abhängig. Zwar werden die Kommunen ihre Investitionen immer zu einem erheblichen Teil über Kredite finanzieren, aber der Zwang, den Kreditmarkt in zunehmenden Maße in Anspruch zu nehmen, hat große laufende Belastungen zur Folge. Die kommunalen Haushalte werden immer mehr eingeengt.
Die kommunalen Finanzen haben ihre angemessene Ordnung also noch nicht gefunden! Die Gemeindefinanzreform muß deshalb weitergeführt werden.
Weiterführung der Gemeindefinanzreform
Die Weiterführung der Finanzreform verlangt vor allem:
Der kommunale Anteil am Gesamtsteueraufkommen muß erheblich erhöht werden. Der gemeindliche Anteil an der Lohn- und Einkommensteuer von zur Zeit 14 Prozent ist deshalb zu erhöhen. Der Anteilsatz muß mindestens 18 Prozent betragen.
Der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer ist weiterhin so zu verteilen, daß große Einkommensunterschiede in der Bevölkerung keinen Einfluß auf die Finanzkraft der Gemeinde haben. Die geltenden Verteilungskriterien sind daher beizubehalten.
Die Realsteuergarantie des Artikels 106 Abs. 6 Grundgesetz muß unbeschadet einer Neuverteilung des gesamten Steueraufkommens zwischen Bund, Ländern und Gemeinden grundsätzlich bestehenbleiben.
Für die Grundsteuer sind regelmäßig zeitnahe Feststellungen der Einheitswerte vorzusehen, um eine gleichartige und gerechte steuerliche Bewertung auch des Grundvermögens zu gewähren.
Das Steueraufkommen darf nicht wesentlich von Standortentscheidungen der Wirtschaftsunternehmen beeinflußt werden. Deshalb empfiehlt sich langfristig eine Verminderung der Bedeutung der Gewerbesteuer als kommunaler Einnahmequelle zugunsten wachsender Einkommensteueranteile.
Die Erträge aus einer einzuführenden Bodenwertzuwachssteuer müssen voll den Gemeinden zufließen.
Die Lohnsummensteuer muß in allen Gemeinden obligatorisch werden.
Neben den Einnahmen aus Gebühren, Beiträgen und Steuern bleiben die Finanzzuweisungen eine wichtige kommunale Einnahmequelle. Die speziellen Zuweisungen sind aber zugunsten der allgemeinen Zuweisungen abzubauen. Soweit Zweckzuweisungen notwendig bleiben, sollte die Mittelbewilligung nach überprüfbaren Maßstäben erfolgen.
Die sogenannten kleinen Gemeindesteuern sollten wegen ihrer Ordnungsfunktion und in Anbetracht des kommunalen Finanzbedarfs beibehalten werden, soweit sie in einem angemessenen Verhältnis zu dem Verwaltungsaufwand stehen.
Neue Aufgaben mit erheblichen finanziellen Auswirkungen dürfen den Gemeinden und Gemeindeverbänden durch Bundes- und Landesgesetze nur zugewiesen werden, wenn gleichzeitig eine Regelung der Kosten erfolgt. Ein Verweis auf den Landesfinanzausgleich genügt nicht.
3. 3. Raumordnung und Regionalplanung
Bedingt durch Standortvorteile und die marktwirtschaftliche Produktionsweise entstand die heutige Konzentration der Arbeitsplätze des Produktions- und Dienstleistungssektors .
Der Konzentration von Bevölkerung, Arbeitsplätzen und Infrastruktureinrichtungen in Verdichtungsgebieten steht die Minderausstattung anderer Räume gegenüber. Diese negative Entwicklung beschleunigt sich, da die Geburtenüberschüsse in diesen Gebieten nicht mehr ausreichen, ihre Wanderungsverluste aufzufangen.
In den Gebieten mit zu starker bzw. unzureichender Verdichtung sinken Lebensqualität und (damit) die Entfaltungsmöglichkeiten für den einzelnen stark unter den sonst erreichten oder erreichbaren Standard ab.
In stark wachsenden Ballungsgebieten sind mit zunehmender Verdichtung übermäßige Folgekosten für die Gemeinschaft und unzumutbare Belastungen für den einzelnen verbunden.
Natürliche Besonderheiten, vorgegebene Strukturen und Knappheit der Mittel machen es unmöglich, an allen Orten ein gleiches Angebot an privaten und öffentlichen Leistungen zu schaffen. Oberste raumordnungspolitische Zielsetzung ist die Gleichwertigkeit der Lebensbedingungen.
Dies bedeutet, daß für die Bürger in allen Teilräumen des Bundesgebietes ein quantitativ und qualitativ ausreichendes Angebot an Wohnungen, Erwerbsmöglichkeiten und öffentlichen Infrastruktureinrichtungen in zumutbarer Entfernung und eine menschenwürdige Umwelt zur Verfügung stehen sollen:
Die Entwicklung einer Raumstruktur aus der Verbindung von Entwicklungsachsen und in ihnen liegenden Schwerpunktorten ist im großräumigen und im regionalen Maßstab mit Nachdruck zu fördern.
Die Versorgung der Bevölkerung in den dünner besiedelten Gebieten mit privaten und öffentlichen Angeboten soll durch räumliche Schwerpunktbildung im Rahmen der zentralörtlichen Gliederung erreicht werden.
Die Arbeits- und Einkaufsstätten und die Einrichtungen der öffentlichen Infrastruktur müssen sowohl in den Verdichtungsgebieten wie in den ländlich geprägten Räumen wesentlich besser mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar werden.
Unser Steuersystem, die Auftragsvergabepraxis und die Standortpolitik des Bundes und der Länder sind stärker als bisher auf die raumordnungs- und regional-planerischen Zielsetzungen auszurichten.
Die politische Organisation der Raumordnungs- und Regionalplanung muß so angelegt sein, daß die Planungen auf einer Ebene und die Planungen der einzelnen Planungsträger untereinander möglichst widerspruchsfrei sind, und die Planungsziele und das Planungsverfahren für alle Bürger möglichst transparent werden.
Die Gemeinden und Gemeindeverbände sind an der Regionalplanung wirksam zu beteiligen; dies kann insbesondere in regionalen Planungsgemeinschaften geschehen, die rechtlich und materiell auszustatten sind. Regionale Planungsgemeinschaften müssen demokratisch legitimiert sein.
In den Planungsgremien des Bundes, in den gemeinsamen Gremien der Länder sowie bei der Landesentwicklungsplanung eines Bundeslandes muß die Mitwirkung der Kommunen und ihre Beteiligung an den Entscheidungen sichergestellt werden.
Grundsätze für die Landesentwicklungsplanung und für das Bundes-Raumord-nungsprogramm sind von den Landtagen bzw. dem Bundestag zu beschließen.
3. 4. Bodenordnung
Ungezügelte Bodenpreisentwicklungen, verursacht durch die Nichteinlösung des Verfassungsgebotes der Sozialpflichtig-keit auch des Eigentums an Boden und der damit verbundenen Privilegierung von Großeigentum an Boden, setzen einer am Interesse der Wohnbevölkerung orientierten kommunalen Entwicklungspolitik Grenzen. Fehlentwicklungen vor allem in innerstädtischen Gebieten konnten durch den Einsatz der bisherigen rechtlichen Instrumentarien, die den Gemeinden zur Verfügung stehen, wenn überhaupt, nur eingeschränkt aufgehalten werden.
Das im Städtebauförderungsgesetz neu geschaffene boden- und baurechtliche Instrumentarium ist auf das Bundesbauge-setz zu übertragen.
Die Anforderungen an ein neues Bodenrecht bestehen für die Kommunen insbesondere darin,
den zunehmenden Bedarf an Flächen für die Gemeinbedarfsnutzung zu erfüllen und zu sichern,
die durch Planung und öffentliche Investitionen entstehenden Bodenwertsteigerungen zur Mitfinanzierung der kommunalen Vorleistungen und Folgelasten heranzuziehen,
dem zunehmenden Bedürfnis auch der Allgemeinheit nach Wandelbarkeit der ' Nutzung von Grundstücken in der Stadt und nach Änderung der baulichen Struktur der Stadt in kürzeren als den bisher gewohnten Zeitabständen gerecht zu werden.
in Anbetracht der zunehmenden Verdichtung, Möglichkeiten zu schaffen, unterschiedliche Nutzungen einander zuzuordnen und Nutzungsbindungen aufzuerlegen, um wechselseitige Störungen zu vermeiden,
Möglichkeiten zu erhalten, mehrere verschiedene, aber sich ergänzende Nutzungen auf demselben Grundstück in verschiedenen Ebenen einander zuzuordnen und die verschiedenen Nutzer in geeigneten Eigentumsformen zu beteiligen,
einen Bodenmarkt herzustellen, der Anreize für die städtebaulich erwünschte Nutzung der Grundstücke bietet, dagegen den Erwerb von Grundstücken nur zum Zwecke der Vermögensanlage oder der Spekulation ausschließt.
Diesen Anforderungen hat der Gesetzgeber schon zum Teil entsprochen. Wichtige Elemente der gemeindlichen Eingriffsmöglichkeiten fehlen jedoch noch.
Jede Gemeinde muß die Entscheidung über die Nutzung ihres gesamten Bodens erhalten. Ob dieses Ziel durch eine Aufspaltung des Eigentums an Boden in ein Verfügungs- und Nutzungseigentum oder durch die Schaffung eines neuen ausgeweiteten und flexibleren Erbbaurechtes besser erreicht wird, ist eine Frage der Praktikabilität und nicht zuletzt der politischen Durchsetzbarkeit.
Außergewöhnliche sowohl realisierte als auch nicht realisierte Wertzuwächse des Bodens sollen besteuert werden. Die Erfassung außergewöhnlicher Wertsteigerungen muß erreicht werden. Durch Freibeträge und progressive Gestaltung des Steuertarifs muß die Masse der Haus- und Grundbesitzer von zusätzlichen Belastungen freigestellt werden.
4. Schwerpunkte demokratischer Kommunalpolitik
4.1 Wohnen
Wohnungsbau
Ziel sozialdemokratischer Wohnungspolitik ist es, die Befriedigung des elementaren menschlichen Bedürfnisses nach einer angemessenen Wohnung für alle Bevölkerungsgruppen zu gewährleisten. Für Sozialdemokraten ist eine Wohnung kein Gegenstand gehobenen Konsums, sondern neben Gesundheit, Nahrung und Arbeit eine der wichtigsten Voraussetzungen für ein menschliches Leben und dessen Entwicklung. Heute geht es darum, die noch bestehenden und aus dem Marktprozeß immer wieder neu entstehenden Ungleichheiten in der Wohnungsversorgung sowie besondere Wohnungsnotstände gezielt abzubauen. Die Förderungsmaßnahmen müssen dieser veränderten Zielsetzung Rechnung tragen. Wohnungsbauförderung bleibt eine gemeinsame Aufgabe von Bund, Ländern und Gemeinden. Dabei sind Modernisierung und Sanierung von Wohnungen und Wohngebieten gleichwertig zu berücksichtigen.
Die Verantwortung der Gemeinden wächst. Nur sie können den Wohnungsbau so in den Prozeß der Stadtentwicklung einfügen, daß Wohnungen am richtigen Standort mit guten Verkehrsverbindungen sowie angemessener Versorgung mit öffentlichen und privaten Dienstleistungen zur Verfügung stehen.
Nur die Gemeinden können
besondere Wohnungsnotstände benachteiligter Gruppen erkennen und im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus beseitigen,
festlegen, wo die Modernisierung am dringlichsten ist und welche Stadtteile zuerst erneuert werden müssen,
eine wirksame Wohnungsaufsicht praktizieren und die Zweckbestimmung des sozialen Wohnungsbestandes sichern,
die Zweckentfremdung von Wohnraum verhindern.
Sozialdemokratische Wohnungspolitik in den Gemeinden muß sich verstärkt der kommunalen Wohnungsunternehmen und der übrigen gemeinnützigen Wohnungswirtschaft bedienen. Der Wohnungsbestand dieser Unternehmen ist für die wohnungspolitischen Ziele der Gemeinden zu aktivieren. Ihre Bautätigkeit hat den Zielen der Stadtentwicklung und der kommunalen Wohnungspolitik zu dienen.
Um das soziale Grundrecht des Bürgers auf eine angemessene Wohnung zu verwirklichen, ist ein Wohnungsangebot zu schaffen, das allen Familien ermöglicht, eine nach Lage, Größe, Ausstattung und Preis angemessene Wohnung zu finden. Der Bedarf hat den Ausschlag bei der Versorgung mit Wohnungen zu geben.
Deshalb fordern wir Sozialdemokraten:
Ein kombiniertes Förderungssystem aus sozialem Wohnungsbau und Wohngeld muß für die breiten Schichten der Bevölkerung die Mietbelastung auf ein tragbares Maß senken. Individualförderung und Objektförderung sind somit sowohl bei den Einkommensgrenzen als auch in den Mietobergrenzen aufeinander abzustimmen. Mietobergrenzen und zumutbare Mietbelastungen sind regelmäßig an die Entwicklung der Einkommen und Mieten, Förderungssätze an die Entwicklung der Baukosten und Zinsen anzupassen.
Die Förderungsprogramme sind auf die Bedürfnisse der benachteiligten Gruppen wie kinderreiche Familien, alte Menschen, Behinderte, ausländische Arbeitnehmer und ihre Familien und Alleinstehende mit niederigem Einkommen abzustellen.
Die Förderung der Modernisierung hat sicherzustellen, daß für Haushalte mit niedrigem Einkommen die Mieterhöhungen nach einer Modernisierung in tragbaren Grenzen bleiben. Die Förderungsmittel sind nach sachlichen und räumlichen Schwerpunkten einzusetzen.
In den Gemeinden sind kommunale Wohnungsberatung und Wohnungsvermittlung zu sichern. Wohnungsvermittlungsstellen müssen alle Wohnungen, auch freifinanzierte, vermitteln können. Durch Wohnungsberatung ist dafür zu sorgen, daß Mieter und Vermieter, vor allem auch ausländische Arbeitnehmer, besser über ihre Rechte und Pflichten des Mietverhältnisses aufgeklärt werden.
Alle die Mietverhältnisse betreffenden Rechte und Pflichten sind in einem Mietgesetzbuch zusammenzufassen.
Mieterbeiräte sind zu bilden, um die Mitsprache der Mieter zu sichern.
Der Mietvertrag muß auf ein Dauerwohnrecht angelegt sein und darf nur in Ausnahmefällen gegen den Willen des Mieters beendet werden.
Im Interesse der Rechtssicherheit und des Rechtsschutzes der Mieter haben die Kommunen Mietspiegel zu erstellen, um eine objektive Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete zu erleichtern.
Mietwucher ist von den Gemeinden intensiver als bisher zu verfolgen. Zu diesem Zweck sind die Vorschriften gegen Mietwucher auszubauen.
Das Wohnungsaufsichtsrecht ist so auszubauen und mit dem Bauaufsichtsrecht
zu verzahnen, daß die Gemeinden das Verkommenlassen von erhaltenswürdigem
Wohnraum, Überbelegungen von Wohnun-
gen, die Zweckentfremdung von Wohnraum unterbinden können.
Zweckentfremdung von Wohnraum ist:
die Verwendung zu ausschließlich beruflichen und gewerblichen Zwecken,
Ungeeignetmachung von Wohnraum,
das Leerstehenlassen,
das vorsätzliche Unbewohnbarmachen,
das Zerstören, insbesondere der Abbruch.
Wohnumwelt
Die Verantwortung der Städte und Gemeinden in der Wohnungspolitik endet nicht bei der bloßen Wohnungsversorgung. Der Bürger muß eine Wohnumgebung vorfinden,
in der er seine Individualität entfalten und sich zu Hause fühlen kann,
die zu sozialen Kontakten und bürgerschaftlichem Handeln anregt und
die weitmöglich frei von Gefährdungen und Belästigungen ist.
Im einzelnen bedeutet dies:
Bei der baulichen Gestaltung der Gemeinden sind Wohnungen, Arbeitsplätze und Einrichtungen der Versorgung, Bildung, Kultur und Erholung einander so zuzuordnen, daß ein vielfältiges Angebot städtischen Lebens entsteht. Daher müssen auch in den Zentren mittlerer Städte und in den innenstadtnahen Bezirken der Großstädte wieder Wohnungen geschaffen und dort vorhandene Wohnungen erhalten werden. Diesem Prinzip der Funktionsmischung ist auch in Entlastungsstädten und größeren Neubaugebieten Rechnung zu tragen. Die Wohnungen müssen allerdings vor störenden Einflüssen anderer, insbesondere wirtschaftlicher Nutzungsarten, geschützt werden.
Die Integration bestimmter Gruppen wie Kinderreiche, Alte, Behinderte, Alleinstehende, Ausländer und Sozialgefährdete in die allgemeine Wohnbevölkerung muß unter Berücksichtigung ihrer unterschiedlichen Bedürfnisse und unter Beachtung der Standortwahl sowie der Herrichtung der Wohnumgebung gefördert werden. Familien mit Kindern, die eine Wohnung in einem Ein-oder Zweifamilienhaus anstreben, soll dies auch weiterhin ermöglicht werden.
Wohngebiete müssen ausreichende Versorgungs- und Dienstleistungseinrichtungen möglichst konzentriert an den Haltestellen der Nahverkehrsmittel aufweisen. Monopolstellungen einzelner Läden, insbesondere von Supermärkten, müssen verhindert werden.
Bildungs-, Freizeit- und Kultureinrichtungen müssen leicht erreichbar sein und möglichst im Bereich der Übergangspunkte zu den Verkehrsmitteln liegen. Naherholungseinrichtungen müssen den Wohngebieten zugeordnet werden.
Wohnbereiche sollen möglichst nicht auf nur ein Arbeitsplatzzentrum, vor allem nicht auf nur einen Betrieb ausgerichtet sein. Sie sollen möglichst innerstädtischen und regionalen Entwicklungsachsen zugeordnet werden.
Schwerpunkt sozialdemokratischer Wohnungspolitik muß die Verbesserung der Wohnumwelt in vorhandenen Wohngebieten und in dem Wohnen zurückzugewinnenden Baugebieten sein. Sanierung und Modernisierung müssen die gewandelten Wohnansprüche, den Schutz und die Wiederherstellung erhaltens- und denkmalwerter Stadtqualität beachten und dürfen sich nicht gegen die in den alten Baugebieten wohnenden Menschen wenden oder sie gar vertreiben.
4.2 Arbeiten
Arbeitsplatzsicherung und Wirtschaftsförderung
In dem Zielkatalog sozialdemokratischer Kommunalpolitik haben der Arbeitsplatz und seine Sicherung einen zentralen Stellenwert.
Dies erfordert ein Arbeitsmarktangebot mit
sicheren Arbeitsplätzen
einem vielfältigen Angebot
guten Zugangsmöglichkeiten
qualifizierten Ausbildungsplätzen.
Kommunale Wirtschaftsförderung ist ein Instrument zur Sicherung dieses Ziels. Dabei gewinnt ihre Integration in die Stadtentwicklungsplanung zunehmend größere Bedeutung. Wirtschaftsunternehmen und neuansiedlungen müssen den anderen Lebensbereichen sinnvoll zugeordnet werden.
Neuplanungen und wesentliche Erweiterungen von Wirtschaftsunternehmen
sollte eine Analyse der aus ihnen folgenden gesellschaftlichen Kosten und
Nutzen vorausgehen.
Die Planung der Wirtschaftssicherung und -förderung der Kommunen
kann nur unter den folgenden Voraussetzungen sinnvoll im Interesse der
Wohnbevölkerung geschehen:
Publizität aller Wirtschaftsförde-rungsplanungen, -vorhaben und -zusagen,
Verhinderung von verdeckten kommunalen Subventionen und Transparenz kommunaler Investitionshilfe,
Verhinderung bzw. Abbau von MonoStrukturen,
Vergabe von kommunalem Boden nur auf befristete Zeit, verbunden mit einem gemeindlichen Kündigungsrecht,
Einschränkung bzw. Abschaffung der kommunalen Abhängigkeit vom Gewerbesteueraufkommen,
Schaffung und Ausbau von überregionalen Planungsinstanzen unter Wahrung des kommunalen Einflusses bei Zielaufstellung und Realisierung.
Langfristig sind unternehmerische Standortentscheidungen an verbindlichen regionalstrukturellen Zielvorgaben und raumordnungspolitischen Erfordernissen zu orientieren, die von der öffentlichen Hand aufgestellt werden.
Die direkte Subvention privater An-siedlungsinvestitionen ist Zug um Zug zugunsten der verstärkten Förderung bevölkerungsbezogener Infrastrukturmaßnahmen zu reduzieren.
Kommunale Unternehmen
Ziel sozialdemokratischer Kommunalpolitik muß es sein, die kommunalen Unternehmen zu erhalten und in ihrer Leistungsfähigkeit zu fördern. In der sicheren und preisgünstigen Versorgung der Bevölkerung mit Strom, Gas, Fernwärme und Wasser und in der Bereithaltung eines leistungsfähigen öffentlichen Nahverkehrssystems liegt ihre herausragende Bedeutung. Wegen ihrer unmittelbaren Steuerungsmöglichkeit durch die Gemeinde sind sie unverzichtbare Instrumente der Bauleit- und Versorgungsplanung sowie der kommunalen Entwicklungsplanung insgesamt. Sie können als Instrumente der Tarifausgestaltung direkt genutzt werden. Mögliche Gewinne entlasten die kommunalen Haushalte. Ihr sinnvoller, in die kommunale Entwicklungsplanung integrierter Einsatz kann eine optimale Wirtschaftsstruktur der Gemeinde entwickeln helfen.
Mitbestimmung in kommunalen Betrieben und Unternehmen
Ein Ziel sozialdemokratischer Politik ist es, die Stellung der Arbeitnehmer zu gleichberechtigten Wirtschaftsbürgern auszubauen. Das gilt auch für die Arbeitnehmer in kommunalen Betrieben.
Kommunale Eigenbetriebe
Die öffentlich-rechtlich organisierten wirtschaftlichen Unternehmen der Gemeinden und Gemeindeverbände erfüllen eine öffentliche Aufgabe. Die unternehmerische Willensbildung ist wesentlicher Bestandteil des Selbstverwaltungsrechts, dessen Ausübung den von der Bürgerschaft gewählten Vertretungskörperschaften übertragen ist. Die Unternehmenspolitik der gemeindlichen Unternehmen hat sich an den Grundsätzen des Gemeinwohls zu orientieren.
Die Mitbestimmung in kommunalen Eigenbetrieben ist vor allem durch die gesellschaftspolitisch gebotene Beteiligung der Arbeitnehmer am unternehmerischen Geschehen begründet, um die Fremdbestimmtheit der Arbeit zu mildern und die Teilhabe der Arbeitnehmer am Willensbildungspro-zeß der Unternehmen sowie den sozialen und rechtlichen Schutz der Arbeitnehmer zu sichern.
Der Zielkonflikt zwischen der Kompetenz der von der Bürgerschaft gewählten Volksvertreter und der Einflußnahme von Arbeitnehmern muß durch eine sachgerechte Aufteilung der Verantwortlichkeiten gelöst werden. Mitbestimmung beschränkt sich im öffentlichen Bereich im wesentlichen auf die Gestaltung der inneren Betriebsvorgänge, während die Kontrolle der wirtschaftlichen Macht Aufgabe der Vertretungskörperschaften bleibt.
Mitbestimmung kann auch im öffentlichen Bereich nur paritätische Mitbestimmung von Arbeitnehmern und Kapitalvertretern sein.
Für kommunale Eigenbetriebe besteht (von Berlin abgesehen) eine
paritätische Mitbestimmung bislang nicht.
Im öffentlichen Unternehmen bietet sich für den Konflikt
paritätische Mitbestimmung der Arbeitnehmer parlamentarische
Verantwortlichkeit folgende Lösung an:
a) Ausschließliche parlamentarische Zuständigkeit bei Fragen, die vorwiegend öffentliche Interessen berühren (Außenbeziehungen). Beispiel: Festsetzung von Tarifen, allgemeine Lieferbedingungen.
b) Ausschließliche Zuständigkeit des Aufsichts- bzw. Verwaltungsrats bei Fragen, die vorwiegend die Interessen der jeweiligen Beschäftigten berühren (Innenbeziehungen). Beispiele: Organisationsplan, Personalplanung, immaterielle Arbeitsbedingungen.
c) Additive Zuständigkeit (Stellungnahme des Aufsichts- bzw. Verwaltungsrats, Vetorecht der parlamentarischen Gremien) in dem Mischbereich, der sowohl die Innen- als auch die Außenbeziehungen berührt. Beispiele: Besetzung der Werksleitung, Aufstellung des Wirtschaftsplans, wesentliche Aus- und Umgestaltung bzw. Auflösung des öffentlichen Betriebes etc.
Kommunale Unternehmen
Für die Einführung der paritätischen Mitbestimmung darf die Rechtsform der kommunalen Betriebe oder Unternehmen nicht ausschlaggebend sein. Für die Wahl der Rechtsform waren in der Vergangenheit steuerrechtliche und finanzpolitische Gesichtspunkte maßgebend, die für die Einführung der paritätischen Mitbestimmung ohne Bedeutung sind.
Deshalb ist die paritätische Mitbestimmung in kommunalen Betrieben und Unternehmen, die in einer privatrechtlichen Rechtsform betrieben werden, unabhängig von der Zahl der Arbeitnehmer einzuführen.
4.3 Verkehr
Verkehrs-, Raumordnungs- und Stadtentwicklungspolitik müssen eng zusammenwirken, damit Verkehrsaufkommen und Fahrtzeiten verringert, derVerkehr insgesamt wirtschaftlicher betrieben und erhal-tenswerte Stadtstrukturen bewahrt werden können.
Erforderlich ist eine Entwicklungskonzeption und Bauleitplanung, die
eine Ausbreitung kommerzieller Dienstleistungsbetriebe auf Kosten innerstädtischer Wohngebiete stoppt,
gleichzeitig auf die Erhaltung und Verbesserung innerstädtischer Wohngebiete abzielt,
die Schaffung eines differenzierten Arbeitsplatz- und Dienstleistungsangebotes in den Wohngebieten zum Ziel hat,
der Erhaltung von Landschaft gegenüber dem Entstehen neuer Wohngebiete an den Stadträndern Priorität einräumt, insbesondere eine Zersiedlung der Landschaft verhindert.
Zur Erhaltung der Chancengleichheit in Stadt und Stadtumland sowie auf dem flachen Lande und zur Sicherstellung der Mobilität der gesamten Bevölkerung ist für jeden Raum eine Grundausstattung an öffentlichem Nahverkehr zu gewährleisten.
Die Maßnahmen zur Gestaltung des Personennahverkehrs müssen darauf ausgerichtet sein, den Anteil des öffentlichen Personennahverkehrs am Berufsverkehr in den Verdichtungsräumen wesentlichzu erhöhen.
Der öffentliche Personennahverkehr muß darüber hinaus im Interesse eines attraktiven Einkaufs-, Freizeit- und Erholungsverkehrs in seiner Leistungsqualität erheblich verbessert werden.
Vorrangig vor dem Eigenwirtschaftlichkeitsprinzip im öffentlichen Personennahverkehr sind folgende Ziele zu setzen, die den Verkehr
leistungsfähiger und sicherer,
von der Umwelt her erträglicher,
und im Hinblick auf die Knappheit des Bodens und der Energievorräte f lächen-und energiesparender gestalten.
In diesem Zusammenhang ist die Funktion der Deutschen Bundesbahn bei der Bewältigung der Personannahverkehrs-aufgaben in Verdichtungsräumen konkret zu bestimmen.
Diese Ziele können durch folgende Maßnahmen erreicht werden:
Verkehrswege und Verkehrsnetze sind so zu gestalten, daß der öffentliche Nahverkehr so wenig wie möglich durch den Individualverkehr behindert wird und die negativen Einflüsse des Individualverkehrs auf die Umweltbedingungen auf ein Mindestmaß reduziert werden.
In den innerstädtischen Kerngebieten, in den Stadtteilzentren und auch in Wohngebieten sind Fußgängerzonen und Wohnwege einzurichten. Fußgängerbereiche dürfen nicht durch den ruhenden Verkehr eingeschränkt werden, das gilt insbesondere für Gehwege.
Investitionsintensive und nur langfristig zu verwirklichende Verkehrssysteme, wie z. B. U-Bahn- und S-Bahn-Netze, sind auf die großen Verdichtungsräume der Bundesrepublik zu beschränken. Der Aus- und Neubau von U-Bahn-Netzen kann nicht in erster Linie unter dem Gesichtspunkt größtmöglicher Bezuschussungsfähigkeit (Ge-meindeverkehrsfinanzierungsgesetz) betrieben werden. Ebensowenig dürfen damit zusätzliche Flächen für den Individualverkehr geschaffen werden.
Stadtbahnsysteme sind häufig schneller zu verwirklichen und für die Mehrzahl der Großstädte in der Bundesrepublik funktionsgerechter.
Zur besseren Verknüpfung verschiedener Verkehrsarten ist die Errichtung von Park-and-Ride-Anlagen an den Endpunkten leistungsfähiger Strecken des öffentlichen Personennahverkehrs voranzutreiben.
Das Netz öffentlicher Verkehrssysteme muß eine Feinverteilung der Verkehrsströme ermöglichen und die Voraussetzungen für eine dezentralisierende und funktionsmischende Stadtentwicklung schaffen. Deshalb müssen die bisher nahezu ausschließlich radial auf das Stadtzentrum ausgerichteten öffentlichen Verkehrsmittel durch Querverbindungen ergänzt werden.
Die Entwicklung neuer Verkehrstechnologien ist verstärkt staatlich zu fördern; die Lösung der gegenwärtigen Verkehrsprobleme in den Städten verlangt jedoch ein schnelles Handeln. Konventionelle Verkehrsmittel ermöglichen in diesem Zusammenhang generell schnellere Lösungen.
Die Tarifgestaltung im öffentlichen Personennahverkehr darf nicht vorrangig vom Eigenwirtschaftlichkeitsprinzip bestimmt sein. Der Fahrpreis für öffentliche Verkehrsmittel muß eine hohe Mobilität auch für Bevölkerungsgruppen mit geringem Einkommen sicherstellen, er muß deutlich unter den Kosten des Individualverkehrs liegen und der Tatsache Rechnung tragen, daß es neben den Fahrgästen noch andere Nutznießer am öffentlichen Personennahverkehr gibt (Problem: Nahverkehrsabgabe).
Im öffentlichen Personennahverkehr ist ein einfacher, d. h. klar verständlicher und möglichst wenig differenzierter Tarif anzuwenden. In den städtischen Einzugsgebieten wird ein Einheitstarif angestrebt.
Die von den Verkehrsbetrieben zu erbringenden gemeinwirtschaftlichen Leistungen, vorrangig im Berufs- und Schülerverkehr, sind ihrem Inhalt nach konkret zu bestimmen. Sie sind aus öffentlichen solange die kommunale Finanzmasse nicht erheblich erhöht worden ist aus staatlichen Haushaltsmitteln auszugleichen. Hierfür muß den Verkehrsbetrieben eine gesetzliche Anspruchsgrundlage gegeben werden.
Die öffentlichen Nahverkehrsbetriebe sind von der Mehrwertsteuer zu entlasten.
Der im Gemeindeverkehrsfinan-zierungsgesetz festgelegte Katalog von staatlich geförderten Maßnahmen muß ausgedehnt werden. Die Förderungsprogramme müssen die Finanzierung von ganzen Verkehrssystemen nicht nur von Gleisbauten sicherstellen, d. h. sie sind um Fahrzeuge, Werkstätten, Leitsysteme u. a. zu ergänzen. Dies liegt gerade auch im Interesse einer befriedigenden Verkehrsbedienung in dünn besiedelten Räumen.
Die Gestaltung des öffentlichen Personennahverkehrs verlangt Organisationsformen, die auf der einen Seite bürgernah sind, auf der anderen Seite die Planung und Bedienung zusammenhängender Verkehrsgebiete sicherstellen. In diesem Zusammenhang ist von Bund, Ländern und Gemeinden die Bildung von Verkehrsgemeinschaften und Verkehrsverbünden sowie Fusionen zwischen den Trägern des öffentlichen Personennahverkehrs durch finanzielle und rechtliche Maßnahmen zu fördern. Dazu gehören neben einer finanziellen Beteiligung der staatlichen und kommunalen Ebenen an Verkehrsverbundorganisationen nicht zuletzt die Ersetzung der bestehenden Linienkonzessionen durch Gebietskonzessionen.
4.4 Umwelt
Sozialdemokratische Kommunalpolitik muß
das Umweltbewußtsein der Bevölkerung schärfen,
der kommunalen und regionalen Wirtschaftsentwicklung umweltpolitische Rahmenbedingungen setzen,
umweltpolitischen Zielen im kommunalpolitischen Entscheidungsprozeß den gleichen Rang wie konkurrierenden Zielen einräumen,
bei der Einführung umweltfreundlicher Produkte und Verfahren im Rahmen der kommunalen Möglichkeiten selbst mit gutem Beispiel vorangehen.
Bisher liegt das Hauptaugenmerk der Umweltpolitik auf der nachträglichen Korrektur bereits eingetretener Schäden. In diesem Zusammenhang muß das Verursacherprinzip mit Nachdruck durchgesetzt werden.
Jeder, der die Umwelt belastet oder nicht wiederherstellbare Ressourcen verbraucht, muß für die Kosten der Belastung, Schädigung oder Inanspruchnahme aufkommen und darf diese nicht länger der Allgemeinheit anlasten.
Neben das Verursacherprinzip muß daher in verstärktem Maße das Vorsorgeprinzip als längerfristig zentraler Bestand sozialdemokratischer Umweltpolitik treten. Vorsorgeprinzip heißt:
vorbeugende Vermeidung von Belastungen und Schädigungen durch vorsorgliche Umweltgestaltung und Umweltplanung.
Umweltgerechte Entwicklungsplanung
Voraussetzung jeder Form von kommunaler Entwicklungsvorsorge sind Auf- und Ausbau einer umfassenden, an den Bedürfnissen menschlicher Gesundheit und den Leistungsgrenzen des örtlichen Naturhaushalts ausgerichteten Umweltplanung.
Grundlage der Umweltplanung muß die Festsetzung und stetige Weiterentwicklung von Umweltgütestandards und damit die Bestimmung der Belastungsgrenzen für die verschiedenen Umweltgüter sein. Bemühungen um verstärkte Gewinnung und Auswertung umweltbezogener Daten im Rahmen der Kommunalstatistik und der Stadtforschung sind zu fördern (Emmissions- und Immissionskataster).
Abwägung von Umweltfolgen
Ein Kernstück kommunaler Umweltvorsorge muß die Einführung und konsequente Handhabung verbindlicher Verfahren einer zusammenfassenden Prüfung und Offenlegung aller zu erwartenden Umweltfolgen sein. Alle öffentlichen wie privaten Vorhaben mit nachweislicher Umweltbedeutung müssen diesem Verfahren unterworfen werden:
Umweltschädliche Langzeit- und Kumulationswirkungen sind im Rahmen der Entwicklungsplanung darzustellen und stärker als bisher zu berücksichtigen.
Das grundsätzliche Abwägungsgebot findet dort seine Grenze, wo die Gesundheit der Bürger gefährdet ist oder nicht mehr wiedergutzumachende Dauerschäden für die Entwicklung der Gemeinde drohen.
Umweltkontrollen und Umweltsanktionen
Durchgreifende Kontrollmaßnahmen und für diesen Zweck ausreichend ausgestattete Verwaltungen müssen die Durchsetzung des Vorsorgeprinzips gerade auf der kommunalen und regionalen Ebene gegen private Interessen und Informationsmonopole sichern.
Sozialdemokratische Kommunalpolitik muß durch konsequente Anwendung der bereits gegebenen gesetzlichen, administrativen und planerischen Maßnahmen dazu beitragen, daß Verstöße gegen Umweltvorschriften als sozialschädliche Delikte behandelt werden, die entsprechend zu ahnden sind.
Die behördlichen Planungs- und Kontrollorgane müssen verstärkt und den gestiegenen Anforderungen entsprechend fortgebildet werden.
Die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen kommunalen und regionalen Behörden ist so zu organisieren, daß ein integrierter und umfassender Umweltschutz gewährleistet ist.
Ansatzpunkt und Prioritäten kommunaler Umweltpolitik
Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung
Wasserversorgung und Gewässerschutz können meist nicht von einzelnen Gemeinden isoliert getragen werden. Das System der wasserwirtschaftlichen Verbände ist daher weiter auszubauen. Vorranggebiete für den Schutz der Wasserreserven sind in überkommunaler Zusammenarbeit verstärkt auszuweisen.
Das kommunale Abwassernetz muß der kommunalen Entwicklung angepaßt werden. Zusammenschlüsse beim Bau von Kläranlagen sind erstrebenswert. Dabei sollten industrielle Abwassereinleiter einbezogen werden. Jede Gemeinde sollte durch bessere Abfallbeseitigung und andere Mittel zur Reinhaltung auch der Oberflächengewässer beitragen.
Abfallbeseitigung
Alle Abfälle sollen weitestgehend wieder in den Wirtschaftskreislauf eingeführt werden (Recycling"). Die dazu notwendigen Forschungen, Aufbereitungsverfahren und Musteranlagen sind öffentlich zu fördern.
Soweit die Abfälle nicht durch Recycling wieder nutzbar gemacht werden können, sind sie weitmöglichst schadlos für die Gewässer, den Boden und die Luft zu beseitigen. Alle Beseitigungsanlagen und der Transport sind unter besonderer öffentlicher Kontrolle zu halten. Vorrang haben jeweils die Beseitigungsmethoden und -anlagen, die den geringsten Nachteil für die Umwelt bringen; geordnete Deponien müssen sich der Landschaft einfügen. Sie sollen zugleich der Landschaftsgestaltung dienen.
Lärmbekämpfung
Die Bevölkerung fühlt sich von allen Umweltgefahren am meisten durch Lärm belästigt. Intensive Lärmbekämpfung muß daher vorrangig sein:
durch Ordnungs- und Lenkungsmaßnahmen für den Vorrang des öffentlichen Nahverkehrs,
durch wesentliche Verbesserung des Schallschutzes im Wohnungsbau,
--- durch verstärkte Beachtung bei der Stadtentwicklungsplanung,
----durch Lärmschutz an Hauptverkehrsstraßen und Schienenstrecken
in der Nähe von Wohngebieten.
Luft
Luftverschmutzung ist insbesondere in den großen Städten und Verdichtungsgebieten zu bekämpfen:
durch Ausbau des leitungsgebundenen und damit umweltfreundlichen Wärmeversorgung,
die Verkehrsbetriebe und kommunalen Fuhrparks sollten emmissionsarme Transportmittel nutzen,
die kommunalen Wirtschaftsför-derungs- und Industrieansiedlungsbemühun-gen sollen umweltfreundlichen Produktionsverfahren den Vorrang geben.
Natur und Landschaft
Die Erhaltung und Entwicklung ausreichender Freiräume muß unverrückbare Rahmenbedingungen für die kommunale Entwicklungsplanung sein.
Die biologische Vielfalt von Natur und Landschaft sowie die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes insgesamt sind durch gemeindliche und übergemeindliche Landschaftspläne nachhaltig zu sichern.
Bei wirtschaftlich unabweislichen Landschaftsabbauten muß die spätere Rekultivierung durch vorher zu leistende Bürgschaften sichergestellt werden.
Die land- und forstwirtschaftliche Nutzung muß auch Gesichtspunkte des Landschaftsschutzes berücksichtigen. Flurbereinigungen dürfen nicht nur die Funktion haben, Ackerflächen rentabel zu bewirtschaften. Die Erhaltung und Schaffung von Freizeitlandschaften ist gleichberechtigtes Ziel neben der Rationalisierung der land-und forstwirtschaftlichen Produktion. In Gebieten mit Grenzertragsböden sind Formen landwirtschaftlicher Nutzung zu fördern, die den Freizeitwert der Landschaft erhöhen.
4.5. Bildung, Kultur, Freizeit, Sport
Bildung und Kultur für alle
Der Bildungsweg entscheidet weitgehend über das soziale Schicksal des einzelnen.
Das Grundrecht auf Bildung macht es erforderlich, die bestehende Ungleichheit der Bildungschancen abzubauen. Der einzelne muß durch Bildung zu individuellem, beruflichem und gesellschaftlichem Leben befähigt und die Selbständigkeit seiner Entscheidungen und Handlungen durch eine umfassende Orientierung in der heutigen Welt ermöglicht werden.
Das Bildungswesen ist entsprechend der Entwicklung des Kindes und des Jugendlichen in Stufen zu gliedern.. Nur auf diese Weise lassen sich die Grundbedingungen eines chancengleichen Bildungswesens verwirklichen: Gemeinsames Lernangebot, Individualisierung, Differenzierung.
In den Städten und Gemeinden ist ein systemübergreifendes Bildungskonzept zu entwickeln, das alle Bildungs- und Kultureinrichtungen zu erfassen hat, in denen gebildet und ausgebildet wird. Das Angebot an Bildung ist mit dem Angebot an Kultur und Freizeit eng zu verknüpfen. Ein vielfältiges soziales Beziehungsgeflecht von Bildung, Kultur, Geselligkeit, Sport und Freizeit ist zu schaffen.
Gemeinsame Planung
Chancengleichheit erfordert die Gleichrangigkeit der verschiedenen Bildungsgänge
und eine gleichmäßige Versor-
gung der Bevölkerung mit Bildungs- und Kultureinrichtungen in
allen Gebieten unseres Landes.
Kommunale Schulentwicklungspla-nung vollzieht sich im Rahmen der von Bund und Ländern vorgegebenen Bedingungen. Dabei ist davon auszugehen, daß sozialdemokratische Bildungspolitik gerade in den Gemeinden konkretisiert wird und wesentlicher Bestandteil politischer Auseinandersetzungen ist. In dem Bedingungsgefüge bildungspolitischer Zielvorstellungen, staatlicher Schulaufsicht und kommunaler Schulträgerschaft kommt der Schulentwick-lungsplanung der Gemeinden Schrittmacherfunktion zu. Die Zusammenarbeit von Staat und Gemeinden als den Trägern der öffentlichen Verantwortung für das Bildungswesen muß von der Planung bis zum Vollzug durchgehalten werden. Die Planungen der privaten oder gemeinnützigen Träger sind mit der öffentlichen Planung abzustimmen.
Den Gemeinden muß innerhalb staatlicher Rahmenrichtlinien und Standards, an deren ständiger Fortschreibung sie beteiligt werden, ein eigenverantwortlicher Entscheidungsspielraum erhalten bleiben, der am besten durch eine kommunale Schulträgerschaft und eine Beteiligung an der Schulaufsicht in allen schulischen Bereichen gewährleistet ist.
Die Kommunen müssen die Schule als einen besonders prägenden Bereich des öffentlichen Lebens mitgestalten. Die kommunale Schulentwicklungsplanung darf durch die Richtlinien des Landes nicht so gebunden und eingesetzt werden, daß ihre Einbeziehung in die Stadtentwicklungsplanung erschwert oder verhindert wird.
Die Reform des Bildungswesens hat weittragende Konsequenzen für die bauliche Konzeption der Schulen. Die Verantwortung für die Errichtung, Ausstattung und den laufenden Unterhalt der Schulen liegt bei den Gemeinden. Sie müssen eine gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung mit schulischen Einrichtungen ohne Benachteiligung bestimmter Gebiete gewährleisten. Dabei sind Neubauten als stufenbezogene Schulzentren zu errichten. Schülerbeförderung ist eine öffentliche Aufgabe. Die Lernmittelfreiheit muß gewährleistet sein.
Bildung in Stufen
Das zukünftige Bildungssystem wird nicht mehr nach Schulformen, sondern nach Si ufen gegliedert. Alle Stufen der Bildung sind dabei als ein Ganzes einander zuzuordnen und aufeinander zu beziehen:
Elementarbereich:
Der Elementarbereich umfaßt alle Einrichtungen familienergänzender Bildung und Erziehung nach Vollendung des dritten Lebensjahres bis zum Beginn der Schule. Die Bedeutung der vorschulischen Erziehung für die Förderung der individuellen Begabung und die Überwindung umweit- und sozialbedingter Benachteiligung macht die Reform und den Ausbau des Elementarbeeichs zu einer vordringlichen bildungspolitischen Aufgabe.
Ziel sozialdemokratischer Kommunal- und Bildungspolitik ist es,
--- alle Wohngebiete mit Kindergärten in zumutbarer Entfernung und in verkehrsgünstiger Lage zu versorgen,
--- Kindergartenplätze für mindestens drei Viertel aller Drei- und Vierjährigen zu schaffen,
--- für alle Fünfjährigen Vorschuleinrichtungen im Rahmen eines öffentlichen Angebots einzurichten,
behinderte Kinder durch speziell ausgebildete Fachkräfte besonders zu fördern,
mehr Ganztagseinrichtungen zu schaffen, sobald genügend Plätze bereitstehen,
die pädagogische Arbeit in Kindergärten und Vorschuleinrichtungen so abzustimmen, daß eine enge Verknüpfung mit dem Elternhaus und der Grundschule gesichert wird,
Kindergärten für Wohngebiete mit sozial und wirtschaftlich benachteiligten Bevölkerungskreisen grundsätzlich mit Vorrang zu berücksichtigen,
die Elternbeiträge schrittweise abzubauen.
Primarbereich
Der Primarbereich erstreckt sich auf die Grundschule. In der Grundschule muß auf die induviduellen Lerndispositionen des Kindes durch eine besondere Förderung des einzelnen Kindes Rücksicht genommen werden.
Ziel sozialdemokratischer Kommunal- und Bildungspolitik ist es,
in kleineren Klassen und bei einer höheren Lehrermeßzahl eine individuelle Förderung zu ermöglichen,
Grundschulen grundsätzlich zwei-oder mehrzügig und so nahe wie möglich zum Wohnbereich einzurichten,
die Planungen der privaten oder gemeinnützigen Träger mit der öffentlichen Planung abzustimmen,
den Fach- und Förderunterricht durch den Bau von Mehrzweckräumen zu gewährleisten,
für lerngestörte und behinderte Kinder sonderpädagogische Fachkräfte einzusetzen,
die Zuordnung von Kindergärten und Grundschulen bei Planungen und Baumaßnahmen zu beachten,
das Angebot von Ganztagsschulen schrittweise zu erweitern.
Sekundarbereich l
Der Sekundarbereich I folgt der Grundschule.
Eine für alle verbindliche gemeinsame Grundbildung sowie die Individualisierung der Bildungsgänge durch ein breit gefä-chertes und differenziertes Lernangebot, zu dem auch polytechnische Inhalte gehören sollen, sind Grundbedingungen eines chancengleichen Schulwesens. Sie erfordern eine Annäherung und organisatorische Verbindung der Schulen im Sekundarbereich I.
Ziel sozialdemokratischer Kommunal- und Bildungspolitik ist es:
die integrierte Gesamtschule zu schaffen und diese auch in Schulzentren durch die Zusammenarbeit zwischen Hauptschule, Realschule, Gymnasium und Sonderschule vorzubereiten,
unter Berücksichtigung sozialpolitischer Gesichtspunkte jedem Schüler den Besuch einer Ganztagsschule in erreichbarer Nähe zu ermöglichen,
zusätzliche Hilfen zur Förderung von Kindern ausländischer Arbeitnehmer und von anderen sozial benachteiligten Kindern zugeben.
Sekundarbereich II
Zum Sekundarbereich II gehören alle Bildungsvorgänge, die auf den Sekundarbereich I aufbauen und in der Regel unmittelbar an ihn anschließen. Berufliche und allgemeine Bildung sind für Sozialdemokraten gleichrangig. Durch Abstimmung und Verzahnung der allgemeinbildenden und berufsbildenden Bildungsgänge soll schrittweise eine Gleichrangigkeit des studienbezogenen und des berufsbezogenen Schulwesens hergestellt werden.
Ziel sozialdemokratischer Kommunal- und Bildungspolitik ist es:
die Oberstufen der Gymnasien mit den berufsbildenden Schulen räumlich in Schulzentren zusammenzufassen,
überbetriebliche Ausbildungsstätten möglichst in Verbindung mit Schulzentren, verstärkt in strukturschwachen Gebieten, zu errichten,
die Verbindung beruflicher und allgemeiner Bildungsangebote weiter zu erproben und zum übertragbaren Modell weiter-zuentwickeln,
für alle Jugendlichen die Berufs-, Schullaufbahn- und Studienberatung zu verstärken,
Behinderten und Kindern ausländischer Arbeitnehmer mehr Möglichkeiten zur beruflichen Qualifkation anzubieten.
Ausländische Schüler
In allen Bildungsstufen sind Fördermaßnahmen (Deutschunterricht und Unterricht der Heimatsprache) für Kinder ausländischer Arbeitnehmer mit dem Ziel, das Grundrecht auf Bildung für alle Kinder sicherzustellen und damit ihre Integration in die Gesellschaft zu gewährleisten, durchzuführen. Einführungsklassen sind eine notwendige Voraussetzung für den schulischen Lernerfolg ausländischer Kinder.
Sonderpädagogik
Gleiche Chancen in Bildung und Ausbildung müssen auch behinderten und geschädigten Kindern angeboten werden. Das ist nicht durch eine Aussonderung der Behinderten, sondern nur durch eine weitgehende gemeinsame Erziehung aller Kinder zu erreichen.
Über das Maß der möglichen Integralion entscheidet die Eigenart der besonderen Behinderung und die notwendige Differenzierung in pädagogischer und institutioneller Hinsicht.
Jugendpolitik
Sozialdemokratische Jugendpolitik hat jene außerhalb von Familien, Schulen und Betrieben anzusiedelnden Erziehungs-und Bildungsangebote zu machen, die in der Weise emanzipatorisch wirken, daß junge Menschen ihre Interessen in der Gesellschaft realisieren und verantwortungsbewußt und solidarisch an der Gestaltung der (iesellschaft mitwirken können.
Wir Sozialdemokraten wollen dem liingen Menschen eine Umwelt schaffen, die ihm die Entfaltung seiner Persönlichkeit, seiner Erkenntnisgewinnung und seiner Fälligkeit zum Umgang mit anderen Menschen erlaubt. Diese Politik erfordert mehr Mitwirkung der jungen Menschen, mehr Selbstorganisation, Selbstgestaltung und Selbstverwaltung.
Neue Formen der Öffentlichkeitsarbeit, die den Jugendlichen mit dem Ziel seiner initiativen Beteiligung am gesellschaftlichen und politischen Leben ansprechen, müssen entwickelt werden; politische Bildung, die zur kritischen Beteiligung am gesellschaftlichen und politischen Leben und /ur qualifzierten Mitwirkung in der Arbeitswelt anregt, ist anzustreben.
In Jugendzentren müssen neuartige und den Bedürfnissen junger
Menschen entsprechende Möglichkeiten für Freizeit, Unterhaltung,
Entspannung, Bildung und Selbstentfaltung angeboten werden. In den öffentlichen
Jugendfreizeitstätten muß den
jungen Menschen eine qualifizierte Mitbestimmung in personellen, konzeptionellen
und organisatorischen Fragen gewährt und weitestgehend Selbstorganisation
ermöglicht werden. Jugendfreizeitinitiativen in Selbstverwaltung sollten
in besonderer Weise öffentlich unterstützt und gefördert
werden.
Es müssen mehr bedürfnisgerechte Kinder- und Jugendspielplätze bereitgestellt werden. Sie müssen für den jungen Menschen die durch die Bauweise der Städte, die Enge der Wohnungen und die Gefahren des Verkehrs beengten Bewegungs-, Gestaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten erweitern. Abenteuerspielplätze sollen phantasiefeindliche Spielanlagen ersetzen.
Daneben ist die Bauherrenpflicht zur Errichtung und Unterhaltung von Kinderspielplätzen einzuführen.
Geeignete Einrichtungen müssen denjenigen Kindern, Jugendlichen und Heranwachsenden zur Verfügung stehen, die nicht in Familien leben. Anzustreben sind Formen mit kleinen überschaubaren Lebensgruppen, die ein neues Bezugssystem entstehen lassen.
Dabei ist gleichzeitig die Weiterentwicklung und zielkonforme Ausgestaltung der erzieherischen Methoden und die Schaffung von spezialisierten, bedürfnisgerechten Einrichtungen zu erstreben. In den Einrichtungen ist in altersgemäßer Form die Mitbestimmung der jungen Menschen sicherzustellen.
Die im Bereich der Kommune wirkenden Organisationen, die Einrichtungen, Dienste und Veranstaltungen für die Jugend anbieten, die Jugendverbände und Jugendgruppen sowie gewählte Vertreter der Jugend aus Schulen, Betrieben und Einrichtungen der Jugend sollen bei der Gestaltung der kommunalen Jugendpolitik mitwirken.
Kulturelle Vielfalt
Sozialdemokraten bekennen sich zu einer entschiedenen Förderung der Kultur und zur Teilhabe möglichst vieler Menschen an ihr.
Kulturelle Teilhabe aber läßt sich nur durch bessere Bildung erreichen. Kommunale Kulturpolitik muß daher darauf gerichtet sein, die Voraussetzungen für ein vielfältiges und sich gegenseitig ergänzendes Angebot zu schaffen und vor allem denen den Zugang zu Kunst und Kultur zu eröffnen, die dazu selbst bisher nicht in der Lage waren. Die Verbindung von Bildung und Kultur ist eine wichtige Voraussetzung und Ergänzung von gesellschaftlicher Reform überhaupt:
Sie schafft ein Gegengewicht zur schulischen Auslese und der damit verbundenen Festlegung von Lebenschancen.
Sie stellt einen wichtigen Schritt dar in Richtung auf die Erweiterung von Fähigkeiten zu Mitbestimmung und Mitverantwortung in der Arbeit.
Sie ist eine wichtige Vorbedingung, um Forderungen nach einer Humanisierung der Arbeitswelt durchzusetzen.
Sie ist ein Beitrag zur Aufhebung der Trennung von beruflicher und allgemeiner Bildung.
Die Weiterentwicklung, Erhaltung und Neugestaltung einer sozialen und kulturellen Infrastruktur ist ein wesentlicher Beitrag zur Vermenschlichung unserer Städte und eine kommunale Pflichtaufgabe.
Individualität und Anziehungskraft einer Stadt beruhen auch auf ihrem äußeren Erscheinungsbild. Straßen und Plätze sollten daher mit Kunstwerken mehr als bisher gestaltet werden. Baudenkmale, die mit dem Altbestand des sie umgebenden Ensembles Orientierungspunkte bilden, sind zu erhalten.
In städtischen Randgebieten sind Schulen und dezentrale kulturelle Einrichtungen zu Zentren der Bildung und Kultur zusammenzufassen und damit Kristallisationskerne für neue Stadtteilzentren zu schaffen.
Bildung und Kultur müssen als Einheit gesehen werden. Es ist daher erforderlich, die bisherige organisatorische und räumliche Isolierung der Bildungs- und Kultureinrichtungen untereinander aufzugeben. Es müssen neue Formen der Zusammenarbeit entwickelt werden, zu denen alle Institutionen ihren Beitrag zu leisten haben.
Volkshochschule
Die Notwendigkeit der Umorientierung von einem einmaligen Lernabschnitt in der Jugend zum Prinzip des lebenslangen Lernens ist allgemein anerkannt. Daher fordert die SPD Weiterbildung als öffentliche Aufgabe.
Allen Bürgern, insbesondere benachteiligten Gruppen von Arbeitnehmern, muß ein erwachsenengemäßes Nachholen schulischer Abschlüsse und ein Erwerb allgemeiner, politischer und kultureller Bildung sowie eine beruflich verwertbare Qualifizierung ermöglicht werden. Dabei ist an die beruflichen und sozialen Erfahrungen anzuknüpfen, was durch eine intensive Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften wesentlich erleichtert wird.
Durch den Ausbau der kommunalen Volkshochschulen ist ein flächendeckendes Grundangebot an Weiterbildung zu schaffen. Durch Stärkung ihrer zentralen Funktionen sollten die Volkshochschulen zum organisatorischen und pädagogsichen Mittelpunkt der Weiterbildung werden.
Die Volkshochschulen müssen geeignete Häuser oder Räume in bestehenden Bildungseinrichtungen haben, über die sie selbst verfügen können. Diese sollen an den Schnittpunkten des städtischen und regionalen Verkehrs liegen.
Bibliothek
Öffentliche Bibliotheken sind unter technischer Fortentwicklung zur Mediothek als zentrale Einrichtungen des Bildungssystems erforderlich. Ihre Benutzung muß gebührenfrei sein.
Zweigstellen der Bibliotheken sollten an Schulen und Volkshochschulen unter weitgehender Integration mit den Büche-i cien dieser Institutionen eingerichtet und die Möglichkeiten zur Errichtung von Zweigstellen an den Brennpunkten des Verkehrs geprüft werden.
Die Bibliotheken sollten Sonderdienstc für ausländische Arbeitnehmer
und deren Kinder sowie für Alte und Kranke einrichten.
Die Bibliotheken sind zu einem Bibliotheksnetz mit verschiedenen Stufen
zusammenzuschließen, um eine gleichmäßige Versorgung aller
Gebiete zu gewährleisten.
Für ländliche, dünn besiedelte Räume sind Fahrbibliotheken einzurichten.
Es sollen Spieliotheken geschaffen und an Jugendbibliotheken angegliedert werden.
Theater und Musik
Als Forum der unmittelbaren geisti-i'rii und künstlerischen Auseinandersetzung muß Theater Integrationsinstrument und 11 effpunkt für alle Bürger sein. Durch ein reiches Angebot von Typen des Theaters einschließlich des Kinder- und Jugendtheaters sollten verschiedene Ansprüche des Publikums erfüllt und neue Darbietungsformen gefördert werden.
Qualifizierte Theaterarbeit für alle Bürger macht eine Veränderung der gegenwärtigen Struktur der Theater und Orchester erforderlich. In den öffentlich geförderten Theatern sollte es zur Selbstverständlichkeit werden, daß alle am Theater Beschäftigten durch Mitbestimmungsregelungen am innerbetrieblichen Entscheidungsprozeß beteiligt werden.
Ein flächendeckendes Angebot und dessen gleichzeitige finanzielle Sicherung von seiten des Landes und der Gemeinde sind durch die Zuordnung der Bühnen und Orchester zu tragfähigen Einzugsgebieten und verstärkter Kooperation anzustreben.
Theater, die sich um die Erprobung neuer Darstellungs- und Kommunikationsformen bemühen, sind öffentlich zu fördern.
Kommunale Einrichtungen sollten für ein vielfältiges kulturelles Angebot sorgen.
Der kommunalen Musikschule, bei der weiterhin die Verantwortung für eine kontinuierliche Arbeit fast aller außer- und vorberuflichen musikalischen Bildung liegen wird, sollten eigene und geeignete Häuser und Räume zur Verfügung stehen. Konzertaufführungsstätten in Form von Mehrzwecksälen sind stärker auf eine multifunktionale Verwendbarkeit hin zu konzipieren, um damit neue Formen der Musikausübung, die mehr Improvisation und Beweglichkeit der Mitwirkenden wie des Publikums zulassen, zu ermöglichen.
Museen
Museen sollen nicht nur sammeln, konservieren und forschen, sondern die Vergangenheit veranschaulichen, die Zeitströmungen am Wandel der Kunstauffassungen darstellen, Orientierungen in einer sich verändernden Welt geben und die Kreativität der Besucher anregen.
Das machte neue Prinzipien des Sammeins und der Präsentation sowie eine intensive Bildungsarbeit erforderlich.
Die Museen eines Ortes oder einer Region müssen einen Verbund bilden und sich bei Verstärkung ihrer Schwerpunkte thematisch abstimmen.
Museumsbauten sollten veränderbare Ausstellungsräume haben, die Gelegenheit zu wechselnden Arrangements bieten. Daneben sind Räume für eigene Aktivität der Besucher (Malschulen, Plastikkurse), Ateliers für Künstler und Räume für Vorträge, Filmvorführungen und eine Museumsbibliothek zur Information über die laufenden Ausstellungen und den Museumsbestand zu schaffen.
Freizeit und Sport
Freizeit planerische und politische Aufgabe der Gemeinden
Stetige Arbeitszeitverkürzungen sind ein Ergebnis des erfolgreichen Kampfes der Gewerkschaften um die Verteilung der Produktivitätsgewinne. Freizeit und Erholung sind zu einem zentralen Bedürfnis geworden. Freizeitmöglichkeiten machen einen wesentlichen Teil der Qualität des Lebens aus.
Es ist eine politische Aufgabe der Gemeinden, Angebote für die
Freizeit zu schaffen
.
Mehr Freizeit in der arbeitsfreien Zeit ist zu erreichen durch:
eine kommunale Entwicklungspolitik, die einer unnötigen Trennung der Wohn- und Freizeitbereiche von den anderen Lebensbereichen entgegenwirkt;
Verbesserungen im Berufsverkehr;
bevorzugte Förderung wohnungsnaher Freizeitmöglichkeiten neben weiter entfernt gelegenen Naherholungsangeboten im ländlichen Raum.
Vorrang für freizeitgerechten Wohnungs- und Städtebau
Der überwiegende Teil der Bevölkerung ist auf wohnungsnahe Freizeitmöglichkeiten angewiesen. Kommunale Freizeitpolitik muß zunächst freizeitgerechter Wohnungs- und Städtebau sein. Sie darf nicht isoliert von Bildungseinrichtungen, Freizeitzentren und Altenbegegnungsstätten gesehen werden. Freizeitmöglichkeiten sollten überwiegend in den Wohngebieten selbst vorhanden sein; das heißt:
freizeitgerechter Zuschnitt, freizeitgerechte Ausstattung und Lage der Wohnungen; individuelle Ruhezonen, Spiel- und Hobbymöglichkeiten im Privatbereich; Gemeinschaftseinrichtungen.
Wohnungsgebäude und -gebiete mit direkt zugeordneten Freizeitmöglichkeiten für Spiel, Sport und Kommunikationen.
Dezentralisierte Freizeitangebote im Bildungs- und Kulturbereich.
Erhaltung der städtischen Individuali tat und Erlebnisdichte.
Naherholung
Das Freizeit- und Erholungsbedürfni der Allgemeinheit hat Vorrang
vor den Inter essen einiger Weniger. Dem Ausverkauf un serer Landschaft
muß energisch entgegengewirkt werden. Der Freizeitwert von Natur
und Landschaft ist zu erhalten und planvoll zu entwickeln:
Raumordnung und Landesplanung, Regionalplanung und kommunale Entwicklungsplanung
müssen bei Sicherung und Ausbau von Freizeitgebieten zusammenwirken
und die Freizeitbedürfnisse der Allgemeinheit sichern.
Kommunale und überkommunale Landschaftspläne sind als integraler Bestandteil in die Bauleitplanung, die Flächennutzungs- und kommunale Entwicklungsplanung aufzunehmen.
Unsere Landschaft, insbesondere alle öffentlichen und privaten Wald- und Uferflächen müssen der Allgemeinheit zugänglich sein und in geeignetem Maße erschlossen werden.
Bei der Planung von Naherholungsgebieten ist darauf zu achten, daß sie auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbar sind. Bevölkerungsgruppen, die aus finanziellen oder sonstigen Gründen in ihrer Freizeit nicht so mobil sein können oder wollen, dürfen nicht benachteiligt werden. Es ist erforderlich, daß vor allem in Ballungsgebie-len Freizeiträume mit Naherholungseinrichtungen erschlossen und infrastrukturell ausgestattet werden.
Sport und Spiel
Es gehört zum Auftrag der Kommunen, der Bevölkerung Einrichtungen
zur sportlichen Betätigung zu schaffen. Der Einsät/ kommunaler
Sportförderungsmittel hat dem Breitensport zu dienen. Die Arbeit der
Sportvereine und Organisationen und deren Mitglieder wird anerkannt und
ist zu fördern.
Dazu sind:
--- Freizeitsportanlagen zu schaffen, die als Teilelement integrierter Freizeitangebote /u aktiver schöpferischer Tätigkeit anregen. Sie sollen alle Altersstufen ansprechen, sowie für den einzelnen, die Familie und Gruppen benutzbar sein.
Sportstätten von den Gemeinden in Zusammenarbeit mit Bund und
Ländern als Teil vielseitig nutzbarer Mehrzweckanlagen
nach Gegebenheit und Bildungsziel modellhaft zu entwickeln.
Das wird dadurch erreicht,
daß der örtliche Sportstättenbau nicht schematisch auf einen festgelegten Katalog begrenzt wird,
daß vorhandene Ansätze und regionale Besonderheiten berücksichtigt werden,
daß bei der Planung die optimale Ausnutzung durch den Schulsport, den vereinsgebundenen Breitensport und den nichtorganisierten Freizeitsport gewährleistet wird,
daß Ansätze überörtlicher Abstimmung und Zusammenarbeit weiterentwickelt werden.
Öffentliche Sportanlagen dürfen nicht beseitigt werden, ohne gleichwertigen Ersatz geschaffen zu haben.
Gleiche Freizeitchancen für alle Bürger
Zumindest genauso wichtig wie eine allgemeine Verbesserung des Angebots an Freizeitmöglichkeiten sind gezielte Anstrengungen, um bereits vorhandene Benachteiligungen abzubauen. Benachteiligten Gruppen muß verstärkt die Chance eröffnet werden, frei verfügbare Zeit als Freizeit zu erleben und in eigener Entscheidung vielfältig zu nutzen.
Dies ist sicherzustellen durch:
spezielle Angebote für Gruppen, deren besonderer Freizeitsituation auch durch gut zugängliche Standardeinrichtungen nicht ausreichend Rechnung getragen werden kann (z. B. Freizeitmöglichkeiten für Behinderte oder ausländische Arbeitnehmer).
Integration von Freizeiteinrichtungen für bestimmte Bevölkerungsgruppen (z. B. Jugend- und Altenfreizeitstätten) in größeren Mehrzweckanlagen, um sozialen Isolierungstendenzen entgegenzuwirken.
Freizeitberatung und -anleitung, wenn auf personelle Hilfen nicht verzichtet werden kann.
Ausreichende Information aller Bürger über die in der Gemeinde und der Umgebung gegebenen Freizeitmöglichkeiten.
Koordinierung der Freizeitplanung,
Investition und -Information innerhalb und zwischen Gemeinden.
Keine öffentliche Förderung für profitorientierte Freizeiteinrichtungen.
Mitwirkungschance Freizeit
Freizeit als Mitwirkungschance muß bedeuten:
Förderung des bürgerschaftlichen Engagements als eines erstrebenswerten Freizeitinhalts. Weiterbildung und politische Bildung sind als mögliche Inhalte von Freizeit ebenso wichtig wie das Engagement der Bürger in Eltern- und Mieterinitiativen, Bürgerforen und Stadtteilversammlungen.
Gelegenheit zur Mitwirkung insbesondere bei der Planung, Gestaltung und dem Betrieb von Freizeiteinrichtungen.
Vorrang für Freizeitmöglichkeiten, die eigene Initiative fordern und fördern.
Kommunale Freizeiteinrichtungen sollen Gruppenbildungen auf freiwilliger und spontaner Basis ermöglichen. Die Benutzer sollen sie weitgehend selbst verwalten und gestalten können.
4.6. Soziale Sicherung und Integration
Soziale Sicherung und Integration für alle Bürger müssen in der Kommunalpolitik noch stärker berücksichtigt werden.
Für Bürger aller Altersgruppen und Bevölkerungsschichten ist individuelle Freiheit zu gewährleisten, Chancenungleichheit abzubauen und die Teilnahme am politischgesellschaftlichen Geschehen zu sichern. Diese Zielsetzungen gelten ganz besonders für die schwachen und hilfsbedürftigen Gruppen, die an den Rand der Wohlstandsgesellschaft gedrängt worden sind. Soziale Teilhabe und soziale Gerechtigkeit zu verwirklichen, erfordert den Ausbau und die Festigung aller Rechte und aller gesellschaftlichen Entfaltungsmöglichkeiten der Bürger in der Gesellschaft.
Seniorenpolitik
Für den älteren Menschen entsteht vor allem mit der Beendigung der Berufstätigkeit häufig eine Lebenslage, die ihn aus der gewohnten sozialen Stellung herausnimmt und die zur Isolierung führt.
Wir müssen dafür sorgen, daß ältere Menschen gesellschaftlich gleichberechtigt anerkannt werden. Die Teilhabe und Teilnahme am gesellschaftlichen und kulturellen Leben erfordert, alle diejenigen Einrichtungen und Dienste vorzuhalten, die geeignet sind, die altersbedingten Defizite auszugleichen. Notwendig ist es aber auch, schon dem jüngeren Menschen eine Persönlichkeitsentwicklung zu ermöglichen, die auf das Älterwerden rechtzeitig vorbereitet.
Sozialdemokratische Politik für die Senioren wird durch die Zielsetzung
bestimmt, Hilfen für die Selbständigkeit
zu bieten, nach Möglichkeit die Kontinuität der Lebenssituation
zu gewährleisten und dem älteren Menschen ein eigenes Leben in
seiner freibestimmten Umgebung zu ermöglichen.
Erst wo Hilfe geboten ist, muß sie nur in dem notwendigen Rahmen und zunächst in ambulanten Formen gewährt werden, in zweiter Linie ist eine Betreuung in Senioreneinrichtungen in Betracht zu ziehen. Dabei sind wesentliche Alternativen:
funktionsgerechte Wohnungen für alte Menschen,
Altentagesstätten,
moderne Altenwohnheime mit verstärkten Serviceeinrichtungen und Kommunikationsräumen.
Die offene Altenhilfe ist durch Intensivierung der Altenerholung und Altenstadt-i anderholung, die Verstärkung von Information und Beratung sowie ein vielfältiges Angebot an Diensten und Hilfsdiensten anzureichern.
Anzahl, Qualität und Vielfalt der Altenkrankenheime ist zu erhöhen und zu verstärken. Ingeeigneten Rehabilitationsstätten müssen die verbliebenen Kräfte der pflegebedürftigen Menschen mit ärztlicher Hilfe geübt und erhalten werden, um eine Resserung des individuellen Allgemeinzuslandes herbeizuführen.
Soziale Teilhabe für ältere Menschen erfordert, stärkere Kontaktmöglichkeiten mit der Außenwelt zu erschließen und zu entfalten. Vor allem sind neue MitwirkungsFormen zu entwickeln, die zu einer den Besonderheiten der jeweiligen Einrichtung .ingemessenen Selbstverwaltung und Mitgestaltung führen.
Förderung für Behinderte
Gesellschaftliche Integration erfordert geeignete Wohnungen und Arbeitsplätze sowie den Bau und die Erweiterung von bedarfsgerechten Einrichtungen für Behinderte. Beim Bau und dem Ausbau von Gemeinschaftseinrichtungen, insbesondere beim Ausbau von Verkehrseinrichtungen, sind die Bedürfnisse der Behinderten zu berücksichtigen. Der Frühvorsorge für die minderjährigen Behinderten muß größere Beachtung geschenkt werden. Beratung und Behandlung von verhaltensgestörten Kindern und ihrer Familien ist zu gewährleisten. Um die hohe Dunkelziffer von Behinderten künftig aufzuhellen, damit eine Frühbehandlung einsetzen kann, muß eine generelle Meldepflicht für Eltern behinderter Kinder und für die behandelnden Ärzte eingeführt werden. Kurzfristig ist die regelmäßige Durchführung von Seh- und Hörtests für Kinder im Vorschulalter und die regelmäßige Durchführung von Untersuchungen sprachgestörter Kinder zu realisieren.
Abbau von Obdachlosigkeit
Sozialdemokratische Kommunalpolitik ist bestrebt, Obdachlosigkeit zu verhindern. Die bestehenden Obdachlosenasyle sind abzubauen. Vorsorge für angemessene Wohnungen in Wohnanlagen, die in größere Wohngebiete eingegliedert sein müssen, ist eine wichtige Voraussetzung zur Lösung der Obdachlosenproblematik. Intensive sozialfürsorgerische Betreuung, die auf die kurzfristige Bewältigung der wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Obdachlosen wie auf ihre ständige Betreuung durch ausgebildete Sozialarbeiter gerichtet sein muß, ist genauso wichtig.
Gesundheitspolitik
Optimale Gesundheitssicherung und medizinische Versorgung aller Bürger ist Ziel unserer Politik. Ein wesentlicher Teil des Gesundheitswesens ist kommunale Aufgabe. Sozialdemokratische Kommunalpolitik muß die Krankenhausreform, zusammen mit den Ländern, beständig so weiterentwik-keln, daß die gleichmäßige und gleichberechtigte Krankenhausversorgung für alle Patienten gesichert ist (Klassenloses Krankenhaus). Eine an medizinischen Gesichtspunkten orientierte gleichwertige Behandlung, unabhängig von der wirtschaftlichen und sozialen Stellung muß garantiert sein. Privatstationen sollen aufgelöst und in die allgemeinen Stationen integriert werden. Die Krankenhausreform muß die Mitbestimmung der im Krankenhaus tätigen Menschen einbeziehen.
Der Erhaltung und Förderung der Gesundheit (Vorsorge) dient der Gesundheitsschutz. Wo und soweit der einzelne sich nicht selber und allein schützen kann, muß dies für ihn geschehen auch durch die Kommunalpolitik.
Dazu gehören:
Gesundheitsfördernde Umweltgestaltung
Gesundheitsgerechte Wohnbedingungen
Unfallschutz in Arbeitswelt und im Verkehr
Humanisierung der Arbeitswelt, soweit die Gemeinden darauf Einfluß nehmen können.
Gleichmäßige medizinische Versorgung aller Bürger, insbesondere die Beseitigung des Ärztemangels auf dem Lande und der sich abzeichnenden Unterversorgung in den Stadtrandgebieten ist dringend geboten. Es müssen gleiche Chancen für die Gesundheit der Menschen bei der Früherkennung von Krankheiten, bei ambulanter, teilstationärer und stationärer Behandlung sowie für Rehabilitation gesichert werden. Sozialdemokratische Kommunalpolitik, die mit den Versorgungslücken in bestimmten Gebieten und Bereichen am ehesten konfrontiert wird, verlangt dringend die Ausschöpf ung aller verfassungsmäßigen, rechtlichen und finanziellen Möglichkeiten zur gleichmäßigen Besetzung aller Kassenarztsitze. Exakte Bedarfsanalysen und Bedarfsplanungen sind unumgänglich.
Koordination und Kooperation der Länder und Gemeinden mit den kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen ist erforderlich. Ebenso die Bereitstellung von Landesmitteln für die Gemeinden, um in ärztlich unterversorgten Gebieten Ärztehäuser und Gruppenpraxen zu fördern.
Sozialdemokratische Kommunalpolitik tritt im Interesse einer optimalen und rationalen medizinischen Versorgung für die Entwicklung und Anwendung integrierter Systeme gesundheitlicher Versorgung ein, die eine enge Zusammenarbeit zwischen niedergelassenen Ärzten, Krankenhaus, öffentlichem Gesundheitsdienst und Rehabilitationseinrichtungen ermöglicht und ambulante und stationäre Versorgung besser miteinander verbindet.
Die Versorgung psychisch Kranker muß in die allgemeine medizinische Versorgung integriert werden. Die psychiatrischen Großkrankenhäuser müssen weitgehend abgebaut und durch psychiatrische Dienste an allgemeinen Krankenhäusern ersetzt werden.
Sozialdemokratische Kommunalpolitik muß diesen Zielen dienen:
durch Ausbau und Einrichtung der Gesundheitsberatung,
durch Angebote im Rahmen der Erwachsenenbildung,
durch Förderung von Einrichtungen, die Hilfen zur gesundheitsgerechten Lebensführung anbieten.
Zur Hebung des allgemeinen Gesundheitsstandards der Bevölkerung tragen kommunale Angebote im Bereich Bäder und allgemeine individuelle Hygiene" erheblich bei.
5. Kommunale Entwicklungspolitik
Für Gemeinden und Gemeinde verbände sind die Voraussetzungen zu verbessern, die eigene Entwicklung zu planen. Dabei muß darauf geachtet werden, daß Entwicklungen in anderen Gemeinden oder Regionen nicht beeinträchtigt werden. Zentralisierte Fachplanung in Bund und Ländern muß die Eigenplanung der Kommunen ständig berücksichtigen.
Ziele und Prioritäten der kommunalen Entwicklungsplanung sind politische Wertentscheidungen. Deshalb müssen Gemeindeparlamente bei der Aufstellung der Entwicklungspläne mitwirken und ständige demokratische Erfolgskontrolle des Prozesses der Entwicklungsplanung garantieren.
In einer umfassenden kommunalen Entwicklungsplanung müssen die einzelnen Fachplanungen und die Integrationsplanung ständig aufeinander bezogen sein.
Die Fachplanung umfaßt im wesentlichen die Bereiche
Wirtschaftsplanung, die die gesamte technische Infrastrukturplanung und die kommunale Wirtschaftsförderung beinhaltet,
Bildungsplanung, die den Vorschulbereich, die bauliche und personelle Schulplanung und die Erwachsenenbildung umfaßt,
Sozialplanung, die die Planung des Gesundheitswesens einschließlich Krankenhäuser und medizinischer Vorsorge, Rehabilitationseinrichtungen, der Altenhilfe, der Jugendförderung und der Freizeit, einschließlich Sport und Erholung umfaßt,
die Verkehrsplanung.
Integrationsplanung hat die einzelnen Fachplanungen aufeinander abzustimmen und Prioritätsentscheidungen zu treffen.
Zur integrierten Planung gehört die Finanzplanung, die sowohl vorgesehene Investitionen als auch deren Folgekosten und die laufenden Ausgaben des Haushaltes enthält. Kommunale Entwicklungsplanung bedeutet die Aufstellung eines Programmes, das unter Berücksichtigung der finanziellen, personellen, flächenmäßigen und politischen Gegebenheiten alle Fachplanungen zusammenfaßt, sie aufeinander abstimmt, Prioritäten feststellt und den bestmöglichen Einsatz aller Maßnahmen der Kommune ermittelt.
Neben der kommunalen Entwicklungsplanung ist eine umfassende Grundlagenforschung und die Umsetzung der Forschungsergebnisse in die kommunale Praxis notwendig. Ohne Forschung und interdisziplinäre Arbeit ist die kommunale Planung der Zukunft nicht denkbar. Es ist daher notwendig, die Bedürfnisse von Politik und Verwaltung und die wissenschaftlichen Methoden näher zusammenzubringen. Kommunalpolitik muß wissenschaftlicher, Wissenschaft anwendungsnäher werden. Die praxisorientierte Forschung muß die wechselnden Anforderungen und die Handlungsspielräume des kommunalpolitischen Alltags berücksichtigen. Die Probleme der Zielkonflikte und der Zielalternativsuche können nur politisch gelöst werden. Stadtforschung ist eine unabdingbare Voraussetzung der kommunalen Entwicklung.
Stadt- und Dorfsanierung soll eine bessere Funktionsfähigkeit, verbesserte Umweltverhältnisse und damit bessere Lebensbedingungen für die Bevölkerung bringen. Bei der Stadt- und Dorfsanierung müssen denkmalspflegerische Aufgaben berücksichtigt werden.
Sie soll durchgeführt werden,
in Kerngebieten der Städte, wo die Gefahr besteht, daß sich Slumgebiete entwickeln,
in Gebieten, in denen unzumutbare bauliche, hygienische und soziale Lebensbedingungen bestehen,
in Altbaugebieten, in denen ein Mangel an sozialer und technischer Infrastruktur besteht, der nur durch Eingriffe in die Altbausubstanz zu beheben ist.
Bei der Durchführung ist darauf zu achten,
daß bestehende erhaltenswerte oder verbesserungsfähige Bausubstanz geschont wird,
daß die dort ansässige Bevölkerung, vor allem die Älteren und sozial Schwächeren soweit wie möglich innerhalb ihrer sozialen Bindungen bleiben.
Zur Erleichterung der Stadt- und Dorf Sanierung ist die Modernisierung erhaltungswürdiger Gebäude in den öffentlich geförderten Wohnungsbau einzubeziehen. Die Funktion der Innenstadt als multifunktionaler Standort und Schauplatz des öffentlichen Lebens muß wieder hergestellt werden. Die Entmischung der Stadtfunktionen, die Trennung von Produktions-, Verwaltungs-, Ver-gnügungs- und Wohnbereichen hat sich als falsches Konzept für die zeitgerechte Stadtentwicklung erwiesen.
Herausgeber: Vorstand der SPD, Abt. Öffentlichkeitsarbeit, Bonn.
Gestaltung: ARE, Düsseldorf. Druck: Neue PRESSE, Coburg.