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Bürger sollen mehr wissen dürfen

Koalition legt nachgebesserten Entwurf zum Informationsfreiheitsgesetz vor / Datenschützer hält Korrekturen nicht für ausreichend

Nach massiver Kritik von Bürgerrechtlern und Journalisten hat die Koalition ihren Entwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz (IFG) nachgebessert. Das Paragraphenwerk soll Bürgern Zugang zum Wissen der Bundesbehörden verschaffen.

VON THOMAS MARON

Das Gesetz

Wissen, was der Staat weiß: Das ist das Ziel des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG). Paragraph 1 des Entwurfs der rot-grünen Koalition lautet: "Jeder hat (...) gegenüber den Behörden des Bundes Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen, ohne ein rechtliches Interesse darlegen zu müssen." In Schleswig- Holstein, Nordrhein-Westfalen und Berlin werden die Landesbehörden durch entsprechende Landesgesetze bereits zur Transparenz verpflichtet. tm

Berlin · 7. November · Blockiert wurden die rot-grünen Bemühungen um mehr Transparenz zunächst von Ministerien, die ihre kompletten Ressorts samt nachgeordneter Behörden von der Informationspflicht ausnehmen wollten. Erst als diese einlenkten, war der Weg frei. Freilich setzten sich Verteidigungs-, Wirtschafts-, Finanz- und Innenministerium sowie das Ausärtige Amt zunächst insofern durch, als statt der Ministerien deren kompletter Arbeitsbereich von der Informationspflicht verschont bleiben sollte. So legte ein erster Entwurf fest, dass etwa "internationale Beziehungen, Angelegenheiten der Bundeswehr, Belange der Inneren und Äußeren Sicherheit" nur "berührt" werden müssten, um den damit befassten Behörden ein Vetorecht einzuräumen. An diesem Punkt hat die Koalition nachgebessert. Der Abschlussentwurf, den die rot-grünen Innenpolitiker erarbeitet haben und der der FR vorliegt, legt fest, dass die Behörden jetzt in der Regel "nachteilige Auswirkungen" nachweisen müssen, um in ihren Abeitsfeldern die Auskunft verweigern zu können.

"Das", so der schleswig-holsteinische Datenschutzbeauftragte Thilo Weichert zur FR, "entspricht eher rechtsstaatlichen Ansprüchen", weil eine Ablehnung im Zweifel justitiabel sei. Allerdings würde der neue Entwurf in einigen Punkten weiter ein Recht zur Totalverweigerung festlegen - so zum Beispiel, "wenn das Bekanntwerden der Informationen geeignet wäre, fiskalische Interessen des Bundes zu beeinträchtigen". Informationsrechtlern geht dies zu weit. "Es besteht das Risiko", so Weichert, "dass die Korruptionsbekämpfung mit diesem Ausschlusskriterium sabotiert wird".

Problematisch sei auch, dass die Bereiche, in denen die Behörden mit Verweis auf "nachteilige Auswirkungen" die generelle Informationspflicht aushebeln können, nach wie vor sehr weit gefasst sind. So sei offen, ob der Bereich "militärische Angelegenheiten der Bundeswehr" das Beschaffungswesen umfasse oder nicht. Dass die Geheimdienste völlig ausgenommen werden sollen, ist für Weichert nicht hinnehmbar. Zwar sei unbestritten, dass Geheimdienste ihre Geschäftsstellen schließen könnten, wenn Verfassungsschutz und Bundesnachrichtendienst operative Kenntnisse oder gar Quellen preis geben müssten. Doch auch dort werde investiert in Technik und Gebäude - weshalb Bürger das Recht haben müssten, die Verwendung von Steuergeld zu prüfen.

"Absolut nicht in Ordnung" ist es laut Weichert, dass Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse weiterhin von der Informationspflicht ausgenommen werden sollen. Er hält es stattdessen für geboten, dass hier das Informationsbegehren mit den Interessen des Unternehmens abgewogen wird.

In jenen Bundesländern, die bereits ein eigenes Informationsgesetz verabschiedet haben, kann Thilo Weichert bisher keine geschäftsschädigende Weitergabe von Unternehmensdaten erkennen. "Sehr gut" sei dagegen, sagt Datenschützer Thilo Weichert, dass die Bundesbehörden jetzt eine Frist auferlegt bekommen sollen. In der Regel nach "Ablauf eines Monats", in Ausnahmefällen nach zwei Monaten müssen laut Entwurf die Informationen vorliegen.

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Copyright © Frankfurter Rundschau online 2004
Dokument erstellt am 07.11.2004 um 17:48:08 Uhr
Erscheinungsdatum 08.11.2004