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IKT INFO Dienst Nr. 49 / Juli 2004 / Artikel für die erste Seite

Sebastian Schönauer
Landesvorsitzender der IKT

Aus für die Cross Border Leasing „Geschäfte“ der deutschen Kommunen

Die Interessengemeinschaft Kommunale Trinkwasserversorgung – IKT – sieht sich in ihren Warnungen bestätigt!

Der IKT Landesvorsitzende Sebastian Schönauer hatte bereits im Jahr 2002 in der Dezember Ausgabe des IKT INFO Dienstes gefordert:

Widerstand gegen den Ausverkauf unserer Kommunen tut not. Keine Liberalisierung – keine Privatisierung – kein Cross Border Leasing – wir wollen gesundes Trinkwasser durch einen flächendeckenden Trinkwasserschutz in ganz Europa!
Diese Thesen hat Sebastian Schönauer u.a. bei einer Anhörung im Landtag von Sachsen – Anhalt, bei vielen Vorträgen und in vielen Schriften veröffentlicht und dabei immer wieder darauf hingewiesen, dass  Cross Border Leasing und ähnliche „Geschäfte“ von der Rechtsaufsicht unseres Staates grundsätzlich verboten werden müssten, da eigentlich eine Art „Steuerbetrug“ dahinter stecke und unsere Kommunen auch wirtschaftlich gefährdet werden könnten.

CBL – ein gigantischer Steuerbetrug

Eine Reihe „findiger“, besser gesagt „windiger“ Kommunalpolitiker – „beraten“ von Geld gierigen Anwälten und „Managern“ – hatten eine „neue“ Möglichkeit entdeckt, wie mit zumindest zwielichtigen, wenn nicht sogar kriminellen  Methoden kommunale Einrichtungen – also auch  und gerade öffentliche Trinkwasserver- und Abwasserentsorgungen „zu Geld gemacht“ werden können.

„Cross Border Leasing“ (auf deutsch: grenzübergreifendes Geschäft) hieß das Zauberwort. Unter dem Begriff CBL wird das Verpachten von Vermögenswerten über Ländergrenzen hinweg verstanden. Die Kommunen haben dabei gemeindliche Vermögenswerte (Rathäuser, Straßenbahnschienen, Abwasser- oder Trinkwassersysteme usw.) an amerikanische Investoren „übertragen“, die sofort eine Zurückvermietung vornehmen. Das Geschäft ist deshalb reizvoll, weil die Investoren ( zumindest anfänglich ) mehr bezahlen, als die Gemeinden zum Zurückpachten benötigen. Den amerikanischen Investoren ist dies möglich, da sie einen für Investitionen im Ausland geschaffenen Steuervorteil von immensen Ausmaßen nutzen, an dem sie die an dem Deal beteiligten Kommunen - sozusagen als Bestechungsgeld - teilhaben lassen.

Cross Border Leasing in den USA verboten

Die Meldung der Fränkischen Landeszeitung vom 21.06.2004 lautet: ‚Großes Zittern – die GlobaIisierungskritiker begrüßen Aus für US-Leasing“. In der Meldung heißt es weiter: Das globalisierungskritische Netzwerk Attac begrüßt die Entscheidung des US-Kongresses, mit der die umstrittenen Cross Border- Leasing- Geschäfte für illegal erklärt worden sind. Mit diesen Geschäften wurden auf der einen Seite den Vereinigten Staaten von Amerika – USA – dem höchst verschuldeten Land der Welt Steuergelder „geraubt“ und auf der anderen Seite den Superreichen Multimilliardären der USA damit Milliarden Dollar an Steuern „erspart“:

Die Superreichen der USA, die dem „Wahlsieger“ Bush den Wahlkampf gesponsert hatten, entzogen sich ihrer nationalen Steuerpflicht mit Hilfe „windiger“ Anwälte und unter Mithilfe u.a. von. bundesdeutschen Städten und Kommunen. Die Staatsschulden der USA wurden immer höher. Nach dem US-Senat hat nun endlich auch das Repräsentantenhaus dafür gestimmt, dieses Steuerschlupfloch zu schließen.

Mehr als 150 CBL- Verträge waren in den letzten Jahren in der BRD abgeschlossen worden, obwohl es in vielen Städten Proteste der Bürger und (wie in Frankfurt und Bergisch-Gladbach) erfolgreiche Bürgerbegehren gegen diese Art von Geschäften gab.

CBL Verträge in allen Städten offen legen

Als langjähriger Kommunalpolitiker sage ich:  Für viele Städte beginnt jetzt das große Zittern. Die Gesetzesänderung in den USA könnte auch ein Problem für die laufenden Verträge bedeuten. Sollten die Investoren in den USA ihre erwarteten Steuervorteile nicht bekommen, werden diese alles versuchen, um vorzeitig aus. den Verträgen auszusteigen und Schadenersatz geltend zu machen. Eine Kündigung der Verträge, die meist auf eine Laufzeit von 30 Jahren angelegt sind, ist möglich, wenn der Kommune ein Verstoß gegen vertragliche Pflichten nachgewiesen werden kann.

Die IKT Forderung ist deshalb klar: Die CBL Verträge müssen in all den Kommunen, die CBL Millionen jongliert haben, offen gelegt werden. Der Text der nur in englischer Sprache abgefassten Vertragswerke, die oft mehr als 1000 Seiten enthalten, ist bisher nicht einmal den Stadträten  bekannt. Die betroffene Bevölkerung  hat ein Recht darauf, zu erfahren, welche Risiken ihre Kommune eingegangen ist.

CBL – Knebelungsverträge für die Kommunen

Welche absurden Auswirkungen solch ein CBL Vertrag haben kann, zeigt das Beispiel Berlin: Weil die Verkehrsbetriebe dort einen Großteil ihrer Straßenbahnwagen verleast haben, können sie überflüssige gewordene Wagen nicht verkaufen, aber auch „abgeschriebene“ Wagen nicht verschrotten. Der CBL- ( Knebelungs- ) Vertrag sieht vor, dass die Wagen über die gesamte Laufzeit betriebsfähig erhalten werden müssen. Wirtschaftliches Handeln wird so ausgehebelt. Statt Schuldenabbau in Berlin nun Stillstand!

Interessant für uns in Bayern ist, dass Innenminister Günther Beckstein, der das Cross Border Leasing – Geschäft ursprünglich verbieten wollte, musste zuerst einen diesbezüglichen Gesetzentwurf auf „höhere Weisung“ – wahrscheinlich wieder ein wirtschaftpolitischer Missgriff von MP Stoiber  – zurückziehen und war zuletzt sogar von CSU- Fraktionschef Joachim Herrmann zurückgepfiffen worden, weil „Nobody“ Herrmann „das Korsett, das den Kommunen angelegt werden sollte, für zu eng hielt“.

Auch die kommunalen Spitzenverbände haben bei CBL eklatant versagt. Der Bayerische Städtetag und der Gemeindetag hatten unisono die weitere Freigabe für CBL – Geschäfte in Bayern gefordert, ein unglaublicher Vorgang, der unsere Städte und Kommunen nun in höchste Gefahr gebracht hat.

IKT – weiterhin Wächter der Kommunen in Bayern

Die IKT Bayern wird weiterhin – gerade im Bereich Erhaltung einer kommunalen Trinkwasserversorgung und Aufbau einer dezentralen Abwasserentsorgung darauf achten, dass nicht „halbkriminelle“ Transaktionen auf dem Wassersektor das Tagesgeschehen bestimmen, sondern dass endlich zum Wohle der Bevölkerung ein flächendeckender Grundwasserschutz umgesetzt wird, der allerdings „nur mit einer Änderung der agrarpolitischen Rahmenbedingungen erreicht werden kann“.
Die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie - WRRL – der Europäischen Union in deutsches Recht, deren Ziel das Erreichen eines „guten Zustandes“ aller unserer Gewässer ist, wird uns dabei unterstützen.

Schon heute gilt dabei das sogenannte „Verschlechterungsverbot“, das heißt, dass alle Wasser rechtlichen Maßnahmen heute schon darauf geprüft werden müssen, ob die vorgeschlagene Maßnahme zu einer Verschlechterung unserer Gewässer, also Fließgewässer genau so wie Grundwasser, führt oder führen könnte. Meine Bitte am Schluss: IKT Mitglieder passt gut auf!

Die IKT fordert: Wasserschutz statt „Schutz“ von Pestizidanwendung, Hochdüngung und / oder Gentechnik!
 

Eigener Kasten in der IKT INFO mit dem Titel:

Zum CBL-Aus berichtete die Fränkische Landeszeitung am 19.06.2004

„Leasing-Deals sind tot“

Repräsentantenhaus will Verbot — Gefahr für Stadt?

(Anmerkung: gemeint ist Nürnberg)

Das US-Repräsentantenhaus hat dem Steueränderungsgesetz mit 251 zu 178 Stimmen grünes Licht gegeben. Als Konsequenz; daraus sind künftig US- Cross- Border- Leasing Geschäfte (CBL) faktisch tot, denn die amerikanischen Investoren können dann keine steuerlichen Vorteile mehr daraus ziehen. Auch die Stadt Nürnberg hat millionenschwere CBL- Deals abgeschlossen, U-Bahnen und die Kläranlage verleast.

Bereits vor einem Monat hatte die zweite Kammer, der US-Senat, einem ähnlichen Gesetz Zugestimmt. Es geht um Steuererleichterungen für die US-Industrie in Millionenhöhe, aber auch um das CBL Verbot. Entscheidender Unterschied beider Entwürfe: Der Senat will, dass Deals, die bereits unterschrieben sind und laufen, nicht tangiert werden. Die Republikaner im Repräsentantenhaus wollen die lukrativen Geschäfte sofort kappen. Die Bush-Administration hat beide Kammern aufgefordert, sich zu einigen. Erst dann kann das Gesetz verabschiedet werden.

Dennoch: Für ausgebuffte Anwälte in Kanzleien, die sich auf Beratung in Sachen CBL konzentriert haben, ist der Fall klar - „CBL ist tot“ sagen Arnd Bühner und Mathias Oberndörfer von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young in Nürnberg. Gefahr für deutsche Vertragspartner sieht Bühner nicht, es sei denn, jemand halte sich nicht an die vielen festgelegten Pflichten des Vertragswerks. Zu befürchten ist nämlich, dass der nun „steuerlich frustrierte amerikanische Investor danach trachtet, dem deutschen Partner einen Vertragsverstoß nachzuweisen“, damit er den Vertrag kündigen und Ansprüche geltend machen kann. „Wer ein US- Lease abgeschlossen hat, der weiß ohnehin, dass er die eingegangenen Verpflichtungen einzuhalten hat“, meint Bühner. „Der Deutsche neigt ja generell zur Einhaltung von Verträgen.“ Spötter sehen bereits „zehn schwarz gewandete US-Anwälte, die durch die Nürnberger Kläranlage streifen, um vertragswidrige Veränderungen aufzuspüren“.

Während eingefleischte Kritiker nun wettern, es sei der schlimmste Fall eingetreten, vor dem sie immer gewarnt hätten, bleiben Berater wie Bühner gelassen. Mehr noch: Ernst & Young bieten den Kommunen nun wohlfeil ein Risikomanagement an, Motto: wie schütze ich mich vor einer US-Klage? „Nürnberg braucht das jedoch nicht“, heißt es, „die wissen selber Bescheid.“

HANS PETER REITZNER