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Berliner Zeitung

POLITIK

Mittwoch, 25. Mai 2005

Verfallsdatum erreicht

Timot Szent-Ivanyi

BERLIN, 24. Mai. Das geplante Vorziehen der Bundestagswahl bedeutet das Aus für fast alle Gesetzesvorhaben, die SPD und Grüne noch geplant hatten. Zwar wird der Bundestag vor und nach der Sommerpause noch zu Sitzungen zusammen kommen. Angesichts des beginnenden Wahlkampfes ist aber kaum zu erwarten, dass im Parlament noch wichtige Sachentscheidungen getroffen werden. Ohnehin ist die Zeit bis zum wahrscheinlichen Wahltermin am 18. September zu kurz, um auch noch die Beratung von Gesetzen im Bundesrat abzuschließen. Mit der Konstituierung eines neuen Bundestags nach der Wahl verfallen dann alle Gesetzesvorlagen, die nicht vom alten Bundestag beschlossen wurden. Hier eine Aufstellung der wichtigsten Vorhaben, die nun wahrscheinlich nicht mehr zu Stande kommen:

Unternehmenssteuern: Die beim Jobgipfel vereinbarte Senkung der Konzernsteuern und die geplanten Erleichterungen bei der Erbschaftsteuer sollen nach den ursprünglichen Plänen am 1. Juli vom Bundestag beschlossen werden. Angesichts der Bedenken in den eigenen Reihen könnte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) die Abstimmung über die Steuersenkungen mit der Vertrauensfrage verbinden. Spricht ihm der Bundestag das Misstrauen aus (was Schröder will, um Neuwahlen zu ermöglichen), dann sind die Steuerpläne vom Tisch.

Bundeshaushalt: Der Etat 2006 müsste eigentlich vor der Sommerpause vom Kabinett beschlossen und Anfang September erstmals im Bundestag beraten werden. Angesichts der sich abzeichnenden Milliardenlöcher wird die Koalition vermutlich nur Eckpunkte verabschieden und auf eine parlamentarische Beratung verzichten. Der Bundeshaushalt muss dann aber auf alle Fälle nach der Wahl aufgestellt und vom Bundestag beschlossen werden.

Tabaksteuer: Die Finanzpolitiker von Rot-Grün hatten geplant, die bereits im Gesetz stehende dritte Stufe der Tabaksteueranhebung zum 1. September auszusetzen. Dazu wird es wohl nicht mehr kommen. Daher wird der Zigarettenpreis ab September um 1,2 Cent steigen.

Eigenheimzulage: Das von Rot-Grün geplante Gesetz zur Abschaffung der Zulage, das derzeit im Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag liegt, wird mangels Einigungschancen zu den Akten gelegt.

Rentenfinanzen: Sozialministerin Ulla Schmidt (SPD) wollte den Einzug der Sozialbeiträge bei den Unternehmen vorziehen, um der Rentenkasse mehr Liquidität zu verschaffen. Das Projekt ist schon aus Zeitgründen nicht mehr umsetzbar.

Pressefusionsrecht: Das Gesetz zur Erleichterungen von Zusammenschlüssen bei Zeitungen befindet sich im Vermittlungsausschuss. Eine Einigung ist nicht in Sicht.

Präventionsgesetz: Hier könnte es eine Ausnahme geben: Die Verbesserung der gesundheitlichen Prävention wird am Freitag im Bundesrat beraten. Da es bei der Union Zustimmung gibt, könnte das Präventionsgesetz eines der letzten rot-grünen Vorhaben in dieser Wahlperiode sein, das noch in Kraft tritt.

Föderalismusreform: Die SPD hat die Verhandlungen über die Föderalismusreform abgesagt, die die Kompetenzen zwischen Bund und Ländern entflechten sollte. SPD-Chef Franz Müntefering begründete dies damit, dass die Reform eine Aufgabe für die Zeit nach der Wahl sei.

Die Liste der gescheiterten Vorhaben lässt sich noch fortsetzen. Ohne Aussicht auf Realisierung sind das Informationsfreiheitsgesetz, das das Recht auf Akteneinsicht bei Bundesbehörden garantiert hätte, sowie das Antidiskriminierungsgesetz. Erweiterte Befugnisse für die Geheimdienste im Antiterrorkampf wird es vorerst ebenso wenig geben wie die Ausweitung von DNA-Tests oder die Pflicht zur Offenlegung von Managergehältern. (mit sav.)

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