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HINTERGRUND

Streit ums Gold

Die Bundesbank soll Goldbestände versilbern - darüber herrscht Einigkeit. Doch Notenbank und Parlament streiten darüber, wer die Mittelvergabe kontrolliert. Und was mit dem Geld geschieht.

VON MARKUS SIEVERS (BERLIN)

Der Kanzler kann sich vorstellen, die Einnahmen für Bildung und Forschung einzusetzen. Dem Finanzminister leuchten beim Gedanken an die Goldbarren die Augen, weil er jeden Euro für den Schuldenabbau brauchen kann. Die Bundesbank möchte die Substanz ihres Vermögens erhalten und nur die Zinsen aus der Anlage des Veräußerungserlöses der Allgemeinheit zur Verfügung stellen.

Noch befinden sich die 3440 Tonnen Gold verstreut im In- und Ausland in Tresoren der Bundesbank. Doch schon ist ein Konflikt entbrannt, was bei einem Verkauf von Teilen des Schatzes mit dem Geld geschehen und wer über die Vergabe der Milliarden befinden soll.

Die Konstellation ist vertrackt. Laut Gesetz verwaltet die Frankfurter Behörde die Währungsreserven autonom. Nur wenn der Bundesbank-Vorstand unter Präsident Ernst Welteke mitspielt, kann also das Vermögen angezapft werden.

Auf der anderen Seite stehen die Rechte des Parlaments, dessen Haushaltsausschuss in dieser Woche seinen Anspruch auf Mitsprache bekräftigte. Das letzte Wort müsse der Bundestag haben, reklamierten unisono der CDU-Abgeordnete Steffen Kampeter und der SPD-Haushaltsexperte Walter Schöler. Was mit dem Vermögen des Volkes geschehe, müsse "politisch entschieden und verantwortet" werden, sagt Schöler. Damit aber gerät das schöne Projekt ins Stocken.

Welteke schwebt vor, die Zinseinnahmen als Kapital einer Stiftung für Bildung und Forschung zur Verfügung zu stellen. Er lehnt es ab, den Goldschatz zum Abbau der Staatsschulden zu verwenden, weil er der Politik nicht neue Verschuldungsspielräume eröffnen will.

Aus Sicht des Haushaltspolitikers Schöler muss es dagegen anders laufen: Die Einnahmen sollten in den Bundeshaushalt oder zum Abbau finanziellerAltlasten aus DDR-Zeiten (Erblastentilgungsfonds) eingesetzt werden. Gleichzeitig sollte die Politik entscheiden, ob sie mehr Geld für Bildung und Forschung ausgeben will oder nicht. Dies sei nicht die Aufgabe der Bundesbank, betont auch Kampeter. Die solle sich Gedanken über "Geldmenge, wirtschaftliche Lage und Zinsen" machen, aber nicht über Bildung und Forschung befinden.

Noch ein zweites, ein ökonomisches Argument spricht nach Einschätzung der Abgeordneten gegen Welteke. Sein Plan laufe auf ein "Verlustgeschäft" hinaus, warnt Kampeter. Weil - wie jeder Bauherr weiß - die Zinsen für Kredite höher liegen als die für Anlagen, mache es keinen Sinn, die Schulden hoch zu halten und zur selben Zeit Beträge anzulegen.

Trotz der Differenzen ist Welteke entschlossen, in den kommenden fünf Jahren insgesamt 600 Tonnen der Goldreserven zu verkaufen. So ließe sich ein Betrag von rund fünf Milliarden Euro erwirtschaften. Dieser soll der Nachwelt dauerhaft zur Verfügung stehen. Nur die Erträge aus der Anlage will Welteke zum Gebrauch in der Gegenwart freigeben.

Anfang der Woche haben sich die europäischen Notenbanken auf ein neues Abkommen verständigt, das ein höheres Limit für die Goldverkäufe der Mitglieder vorsieht. Statt 400 Tonnen jährlich dürfen sie nun 500 Tonnen abgeben.

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Copyright © Frankfurter Rundschau online 2004
Dokument erstellt am 11.03.2004 um 18:00:41 Uhr
Erscheinungsdatum 12.03.2004