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Hohe Erwartungen an Gelsenwasser

Größter deutscher Wasserversorger steht in der Kritik / Unternehmen baut auf Expansion in Deutschland

Die Turbulenzen um die Firma Gelsenwasser haben sich mittlerweile gelegt. Der bundesweit größte Wasserversorger konzentriert sich nach seiner umstrittenen Kommunalisierung auf die Expansion im Inland.

VON KRISTIAN FRIGELJ

Gelsenkirchen · 20. April · Der Name "Veolia" lässt sich wohl noch nicht endgültig in die Firmenarchive von Gelsenwasser ablegen. Der französische Wasserversorger soll, wie zu hören ist, weiter an Anteilen des Unternehmens interessiert sein. Bereits im vergangenen Jahr wollte Veolia 80,5 Prozent übernehmen, die der Energiekonzern Eon an Gelsenwasser hielt. Dann machten indes die Kommunen im Ruhrgebiet mobil und stellten dem auswärtigen Interessenten die Macht von geballter Lokal- und Landespolitik unter Beweis.

Politisches Kartell

Es war ein spektakuläres Kunststück, dass die Stadtwerke der beiden Ruhrgebietsstädte Dortmund und Bochum die Mehrheit der börsennotierten Gelsenwasser übernahmen. 835 Millionen Euro kosteten die Anteile, finanziert über Kredite der Westdeutschen Landesbank. Denn die SPD-dominierten Städte klagen über klamme Haushalte. Dortmund und Bochum kamen in den Besitz von mittlerweile 95 Prozent der Gelsenwasser AG und entfachten den Glaubensstreit überPrivatisierung und Rekommunalisierung.

In Wirtschaftskreisen wurde dies als Vorstoß eines politischen Kartells, als Symbol des vielzitierten SPD-Netzwerks in Nordrhein-Westfalen verstanden. Man sprach gar von einer "grassierenden ordnungspolitischen Seuche". SPD vornehmlich und auch Grüne lobten dies als Schutz gegen die Globalisierung und für den Erhalt regionaler Arbeitsplätze.

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Weit verzweigt

Gelsenwasser ist ein weit verzweigter Wasser-, Erdgas- und Abwasserkonzern mit Beteiligungen an fast 40 Versorgungswerken, die sich überwiegend in Deutschland, aber auch in Osteuropa befinden.

Mit rund 5,5 Millionen Kunden zählt das Traditionsunternehmen mit seinen knapp 1300 Beschäftigten zum bundesweit größten Anbieter von Trinkwasser. Der Energiekonzern Eon musste 2003 den Verkauf seiner Anteile an Gelsenwasser einleiten. Dies war die Bedingung für die Ruhrgas-Übernahme. fri
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Das Schlagwort von der "öffentlichen Daseinsvorsorge" besitzt immer noch eine große Bedeutung und wirkt auch bei den Menschen. Die ist nicht zuletzt bei gescheiterten Privatisierungsversuchen von Stadtwerken, vornehmlich in CDU-geführten Kommunen, in den vergangenen fünf Jahren klar geworden.

Gelsenwasser muss bei der heutigen Bilanzpressekonferenz 2004 hohe Erwartungen erfüllen und letztlich die im Raum stehende Kritik widerlegen, dass es mit kommunalen Anteilseignern schlechter läuft, die sich über Vorstandsposten nach Parteiproporz streiten. Es ist auch die erste große Leistungsbilanz für Vorstandschef Manfred Scholle, der seit August vergangenen Jahres im Amt ist. Immerhin gelang im Geschäftsjahr 2003 das höchste Ergebnis in der 118-jährigen Unternehmensgeschichte: ein Überschuss von 47 Millionen Euro, ein Umsatz von 396 Millionen Euro.

Hohe Akzeptanz in der Region

Im vergangenen Jahr erwarb Gelsenwasser Beteiligungen etwa an den Stadtwerken in Dresden, Emmerich und Bremen, was wiederum in die mittelfristige Strategie passt. Vorstandsvorsitzender Scholle, ein alter Fahrensmann der Sozialdemokraten und geschasstes RWE-Vorstandsmitglied, deutete in der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung an, dass sich der Konzern vornehmlich auf Stadtwerke im Inland konzentrieren wolle. "Hier müssen wir stark sein, um auch darüber hinaus wachsen zu können", sagte Scholle.

Die Abwasserentsorgung gilt neben Gas als strategisch wichtigste Sparte. Ob die kommunalen Anteilseigner wie angekündigt ihre Anteile reduzieren, bleibt fraglich. Scholle betont gern, man sei "frei von Konzernen" und genieße daher eine hohe Akzeptanz in der Region Und dies bedeutet keineswegs eine Einladung, weder an "Veolia" noch andere Interessenten aus der Privatwirtschaft.

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Copyright © Frankfurter Rundschau online 2005
Dokument erstellt am 20.04.2005 um 16:40:45 Uhr
Erscheinungsdatum 21.04.2005