Zurueck zur Vorseite
Zurueck zur Homepage
Aus "DIE ZEIT" Nr. 08/2004

Wasserschlacht im Pott

Bochum und Dortmund zerschlagen den gerade gekauften Versorger Gelsenwasser

Von David Schraven

Die hochfliegenden Pläne sind passé, die Zukunft der Gelsenwasser AG fällt bescheidener aus. Monatelang war das Unternehmen ein Spielball sozialdemokratischer Industriepolitik. Da verständigten sich die SPD-regierten Städte Bochum und Dortmund mit der NRW-Landesregierung darauf, den größten privaten Wasserversorger Deutschlands über ihre Stadtwerke zu kaufen. Und das Geld kam wie bestellt von der WestLB. Erklärtes Ziel war: Gelsenwasser soll international weiterentwickelt werden – zur Sicherung der Arbeitsplätze und Standorte im Ruhrgebiet. Doch die Pläne widersprachen den gesetzlichen Bestimmungen. So werkelten die Politiker hinter dem Rücken des Vorstands weiter am Zuschnitt des Unternehmens. Jetzt, nur fünf Monate nach der Übernahme durch die Stadtwerke Bochum und Dortmund, steht die Gelsenwasser AG offenbar kurz vor der Zerschlagung.

Anfang der Woche erklärten die Stadtwerke, es würden Verhandlungen mit möglichen Investoren geführt. Nach Informationen aus Firmenkreisen soll der Wasserkonzern in zwei selbstständige Unternehmen für das nationale und internationale Geschäft aufgeteilt werden. Intensive Gespräche mit dem französischen Wasserversorger Veolia über den Verkauf der ausländischen Beteiligungen stünden kurz vor dem Abschluss, sagte ein Verhandlungsinsider. Die auf Deutschland reduzierte Gelsenwasser AG bleibe unter der Regie der beiden Stadtwerke.

Offiziell wollte keiner der Partner die Verhandlungen kommentieren. Die ZEIT bekam allerdings Einblick in Verkaufsunterlagen. Demnach soll ein Teil der Gelsenwasser AG an die französische Veolia verkauft und in ein selbstständiges Unternehmen überführt werden. Der Kaufpreis würde bei etwa 300 Millionen Euro liegen. Mit dem Geld soll unter anderem das Kaufdarlehen in Höhe von 835 Millionen Euro bedient werden.

Zwar hatten die Stadtwerke von Anfang an erklärt, dass sie eine Minderheitsbeteiligung an Gelsenwasser losschlagen wollten. Aber Ausländer wie Veolia sollten aus dem Geschäft bleiben. Kurz nach der Übernahme sagte der Betriebsratschef der Bochumer Stadtwerke Detlev Meklenburg, er sei froh, dass die Franzosen nichts bei Gelsenwasser zu sagen hätten. „Das mögen wir im Revier nicht.“ Der Generalsekretär der NRW-SPD Michael Groschek erklärte, Gelsenwasser müsse unter städtischem Kommando international fit gemacht werden. Bochums Oberbürgermeister Ernst-Otto Stüber träumte von einem weltweit aktiven NRW-Konzern. Selbst Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) setzte sich für das Projekt ein.

Diese Pläne können begraben werden, sollten die ausländischen Aktivitäten tatsächlich an die Franzosen übergehen. Das Wachstum von Gelsenwasser wäre auf Deutschland beschränkt. Und aus dem internationalen Konzern würde nach der Rekommunalisierung ein besseres Stadtwerk.

Verantwortlich dafür, dass alles anders kommt als gewollt, ist die Kommunalaufsicht in Nordrhein-Westfalen. Die Behörde hatte schwere Bedenken gegen die Komplettübernahme der Gelsenwasser AG durch die Stadtwerke angemeldet. Nach geltendem Recht dürfen Kommunen im Ausland keine Geschäfte machen. Städte und ihre Tochterfirmen, wie die Stadtwerke, sollen sich auf die Versorgung ihrer Bürger konzentrieren. Nur in sehr engen Grenzen sind Ausnahmen erlaubt. Ein Vertreter der zuständigen Kommunalaufsicht in Arnsberg bestätigte, dass die Weiterführung des Auslandsgeschäfts von Gelsenwasser durch die Stadtwerke Bochum und Dortmund kaum genehmigungsfähig sei. Seine Behörde erwarte nun eine Erklärung, was mit den internationalen Aktivitäten passieren soll. Bereits Ende Februar könne dann die Genehmigung für den Deal erteilt werden.