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05. Mai 2004

Den Freiraum nutzen

Modellvorhaben „Schule 21“ in NRW als Reformperspektive

Die schulpolitische Debatte in Nordrhein-Westfalen dreht sich seit sieben Jahren um die Selbstständigkeit von Schule. Sie hat 1995 mit der Denkschrift „Zukunft der Bildung – Schule der Zukunft“ begonnen. Zu deren Leitideen gehören, mehr Verantwortung und mehr Gestaltungsfreiheit in die einzelne Schule zu tragen. Mit dem Modellvorhaben „Selbstständige Schule“ wagt man seit 2002 die Erprobung in der Praxis. Klaus Manegold, Leiter des Robert-Bosch-Berufskollegs in Dortmund beschreibt, warum er in dem von der Bertelsmann-Stiftung unterstützten Projekt eine Perspektive für Reformen sieht.

Vorab: Alle für das Modellvorhaben notwendigen Vereinbarungen zwischen den Berufskollegs, Schulträgern, Schulaufsicht und der Projektleitung werden in einem Kooperationsvertrag geregelt. Eine Privatisierung der Berufskollegs wird abgelehnt bzw. ist nicht beabsichtigt.

Unterstützt vom Projektmanagement, vom Schulträger und der Schulaufsicht können die Schulen auf dieser Grundlage neue Wege gehen*:

Personalbewirtschaftung

Jedes Berufskolleg entscheidet im Rahmen des Stellenplanes selbst über die Besetzung ihrer Stellen. Kann eine Stelle nicht besetzt werden, so erhält das Berufskolleg für diesen Zeitraum der Unterbesetzung 45 000 Euro pro Lehrerstelle für ein Jahr. Dieses Geld kann man in das Personal- oder Sachmittelbudget übertragen.

Dem Berufskolleg steht ein Personalmittelbudget für die Bezahlung von Lehrkräften für Vertretungsunterricht sowie ein Fortbildungsbudget zur Verfügung. Schulleiter stellen mit Unterstützung einer Auswahlkommission Personal ein, das zum Profil der Schule passt. Schulleiter übernehmen Dienstvorgesetzteneigenschaften. Von ihnen wird erwartet, dass sie den Grundgedanken gemeinsamer Verantwortung für die Realisierung der eigenen und der öffentlich gesetzten Bildungsziele stärken und die Identifikation aller Mitarbeiter mit ihrer Schule fördern. Deshalb geht mit der erweiterten Kompetenz für die Schulleitung auch eine neue Form der Mitbestimmung einher. Die Aufgaben der bisher schulformbezogenen Personalräte, die bei den Schulaufsichtsbehörden angesiedelt sind, übernimmt korrespondierend an den Modellschulen der jeweilige Lehrerrat (Schulpersonalrat).

Sachmittelbewirtschaftung

Die Sachmittel werden in einem Sammelnachweis zusammengefasst und sind gegenseitig austauschbar (deckungsfähig). Dieses Budget setzt sich aus Landes- und Schulträgermitteln zusammen. Zudem fließen Drittmittel, z.B. Fördergelder, in das Sachmittelbudget ein. Zusätzliche Ausgaben für besondere Aufgaben können nun durch Deckung aus anderen Bereichen ermöglicht werden. Dadurch wird ein Kosten-Nutzen-Vergleich angeregt und das Kostenbewusstsein weiter gestärkt.

Weitere Vorteile:

Kurze Wege und geringe Laufzeiten bei der Zahlungsabwicklung
Möglichkeit, Sonderangebote zu nutzen
Unmittelbarer Kontoabgleich
Hohe Planungssicherheit
Ein Teil des Verwaltungsaufwandes wird vom Schulträger auf die Schulen verlagert.

Unterrichtsorganisation

Innovative pädagogische Konzepte sind gefragt. Dafür erhalten die Berufskollegs und die in ihnen arbeitenden Lehrkräfte einen weiten Freiraum. Diesen können sie nutzen etwa bei der Zusammensetzung von Lerngruppen oder bei der zeitlichen und örtlichen Organisation des Unterrichts, z.B. bei der Benachteiligtenförderung, bei der Verzahnung der Erstausbildung und Weiterbildung oder bei dem Aufbau einer „Bildungslandschaft“ in der Region. Auch bei der Leistungsbewertung und den Leistungsbescheinigungen sind neue Wege möglich, z.B. die Erprobung von Portfolios. Alle Angebote sind kosten- und gebührenfrei.

Mitwirkung

Lehrkräfte haben im Rahmen des Modellvorhabens Gelegenheit, die Schule in Teamarbeit zu organisieren und die konkrete Unterrichtszeit sowie außerunterrichtliche Arbeitszeit zu gestalten.
Über das Konzept der Schulleitung und ihrer Aufgaben und über das Festlegen und Verteilen von Aufgabenbereichen für Lehrkräfte mit besonderen Funktionen kann die Schulleitung nach Erörterung in der Schulkonferenz entscheiden.

Schulleitung, Schulkonferenz, Lehrerrat und Lehrerkonferenz können in diesem Rahmen neue Formen der vertrauensvollen Zusammenarbeit im Sinne eines modernen Co-Managements der Schule entwickeln.

Klaus Manegold

* Bildungskommission NRW, Zukunft der Bildung – Schule der Zukunft, Luchterhandverlag 1995.
Bildung gestalten – Selbstständige Schule NRW, MSWF des Landes NRW.