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Flugsicherung bleibt beim Staat

SPD-Parteitag legt Veto gegen Grundgesetzänderung ein / FDP: Debakel für Tiefensee

VON MARKUS SIEVERS

Die Privatisierung der Deutschen Flugsicherung (DFS) ist gescheitert. Auf ihrem Parteitag in Hamburg sorgte die SPD dafür, dass die DFS auf Dauer im staatlichen Besitz bleibt. In ihrem Grundsatzbeschluss fordern die Sozialdemokraten ihre Abgeordneten auf, "keinesfalls" einer für die Privatisierung "erforderlichen Änderung des Grundgesetzes zuzustimmen". Da die Verfassung nur mit Zweidrittelmehrheit geändert werden kann, also nur wenn die SPD mitmacht, ist dieser Weg dauerhaft verbaut.

In der SPD-Bundestagsfraktion löste diese klare Festlegung Kopfschütteln aus. "Wir müssen jetzt erst einmal schauen, was wir damit anfangen", sagte der verkehrspolitische Sprecher der SPD, Uwe Beckmeyer der Frankfurter Rundschau. Aus seiner Sicht sind die Würfel allerdings noch nicht gefallen, auch weil der Beschluss unklare Formulierungen enthält. So ist von einer "für die Luftsicherheit und die Lenkung des Flugverkehrs zuständigen Behörde" die Rede, obwohl die DFS bereits seit 1993 als staatliches Unternehmen organisiert ist.

Kritik an unfairem Wettbewerb

Die DFS selbst geht allerdings davon aus, dass der Hamburger Beschluss das Aus für die Privatisierung bedeutet. "Uns hat diese Entscheidung des SPD-Parteitages selbst überrascht", sagte DFS-Sprecher Axel Raab der Frankfurter Rundschau. Die direkten Folgen für das Staatsunternehmen seien zwar eher gering, da man sich wegen der politischen Unsicherheiten ohnehin darauf eingestellt habe, dass sich der Verkauf an Investoren verzögern könnte.

Noch im Juli hatte DFS-Chef Dieter Kaden erklärt, er rechne mit einem Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens im Winter, so dass die Privatisierung bis spätestens 2009 abgeschlossen werden könne. Damals begrüßte er das Vorhaben der Bundesregierung, von dem er eine "bessere Ausgangslage im liberalisierten europäischen Flugsicherungsmarkt" erwartete.

Das bundeseigene Unternehmen mit seinen 5200 Beschäftigten hofft nun, trotzdem mehr Spielraum für den europäischen Wettbewerb zu erhalten. Es hatte in der Vergangenheit wiederholt moniert, dass ausländische Konkurrenten hier zu Lande aktiv werden könnten, ihm selbst aber ein Gang über die Grenzen erschwert werde. So hätten bereits zehn Regionalflughäfen ein Angebot der österreichischen Flugsicherung Austrocontrol angenommen.

Ein Sprecher von Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) erklärte, sein Haus werde die Anpassung an europäische Vorgaben wie geplant in einem eigenen Gesetzesentwurf vorantreiben. Dies habe mit der Frage Privatisierung ja oder nein nichts zu tun. Als "schweren Rückschlag für die Entwicklung dieses erfolgreichen Unternehmens" wertete die FDP das SPD-Votum. Dieses sei zugleich ein weiteres "Debakel für Tiefensee", erklärte FDP-Verkehrspolitiker Horst Friedrich auf FR-Anfrage.

Nach den bisherigen Planungen wollte die Bundesregierung 74,9 Prozent der DFS an private Anteilseigner verkaufen. Doch im Herbst 2006 musste das Verfahren gestoppt werden, weil Bundespräsident Horst Köhler verfassungsrechtliche Bedenken geltend machte. Bei einem neuen Anlauf müsste daher im Grundgesetz klar gestellt werden, dass ein privates Unternehmen eine hoheitliche Aufgabe wie die Kontrolle des Luftraumes vom Staat übernehmen dürfe. Interesse an einem Einstieg bei der DFS hatten Finanzinvestoren, aber auch ein Konsortium der führenden deutschen Luftfahrtgesellschaften bekundet.

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Dokument erstellt am 29.10.2007 um 17:32:01 Uhr
Erscheinungsdatum 30.10.2007