FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG 09.01.2003
Vorsicht vor höheren Erbschaftsteuern auf Immobilien
Gesellschaft für Erbrechtskunde weist auf ein Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht hin:
In diesem Jahr könnte eine drastische Erhöhung der Erbschaftsteuer
drohen. Davor warnt die Deutsche Gesellschaft für Erbrechtskunde in
Bonn. Verbandspräsident Wolfgang Kastner weist zum einen auf Diskussionen
in SPD-Kreisen hin, die sich von einer Erhöhung der Bewertungsgrundlage
für Immobilienerbschaften steuerliche Mehreinnahmen von 3,5 Mil-liarden
Euro versprechen. Darüber hinaus verweist Kastner auf den Bundesfinanzhof
in München, der die Bewertung von Immobilien im
Verhältnis zu Barvermögen wegen Verstoßes gegen den
Gleichheitsgrundsatz für verfassungswidrig hält und deswegen
im August 2002 das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe angerufen hat.
Hintergrund der Vorlage war ein Fall, bei dem die Erblasserin vor ihrem
Tode eine Eigentumswohnung erworben hatte, die Umschreibung im Grundbuch
auf ihren Namen jedoch erst nach ihrem Ableben erfolgte. Das Finanzamt
hatte für die
Besteuerung der Erbschaft den tatsächlichen Verkehrswert der Eigentumswohnung
in Ansatz gebracht und nicht den ermäßigten Wert für Immobilien
nach „fiktiven“ Mietwerten, der in aller Regel deutlich niedriger liegt.
Nach derzeitiger Besteuerungsgrundlage werden bebaute Grundstücke
zum Zwecke der Besteuerung im Erb- oder Schenkungsfall mit der 12,5fachen
Jahresnettokaltmiete mit Zu- und Abschlägen je nach Alter und
Nutzung in Ansatz gebracht, mindestens jedoch mit 80 Prozent des Wertes
des unbebauten Grundstücks. Während diese Bewertungsmethode in
Ballungsräumen wie Düsseldorf, Frankfurt, Stuttgart und München
aufgrund der hohen Bodenrichtwerte dazu geführt hat, dass für
die Besteuerung im Erbfall der achtzigprozentige Grundstückswert des
unbebauten Grundstücks als Besteuerungsgrundlage angenommen wurde,
konnten in anderen Gegenden, insbesondere in Gebieten mit klein- und mittelständischer
Struktur, durch diese Bewertungsmethode häufig gravierende Steuereinsparungen
erzielt werden. Hier führt die „typisierende Mietwertberechnung“ oft
nur zu Steuerwerten, die im Bundesdurchschnitt bei der Hälfte des
tatsächlichen Verkehrswertes der Immobilie liegen. In manchen Gegenden
lag der so ermittelte Wert nur bei 30 bis 50 Prozent des tatsächlichen
Objektwertes. Hierin hat der Bundesfinanzhof die verfassungswidrige Besteuerung
gesehen, denn Erben von Bar- und Wertpapiervermögen müssen dieses
zum Nominalwert, also zu 100 Prozent, versteuern. Auch die Bestrebungen
einiger SPD-regierter Länder zielen darauf, durch Erhöhung der
Bewertungsgrundlage im Erbfall für Immobilien die Grundlage für
eine höhere Besteuerung und damit für steuerliche Mehreinnahmen
zu schaffen.
Ein Wegfall der derzeitigen Besteuerungsregeln von Immobilien würde für die Erben eine drastische Erhöhung der Besteuerung im Erbfall bedeuten. Ein Kind, das heute von seinem Vater Immobilien im Gesamtwert von 900 000 Euro erbt, zahlt bei einem erbschaftsteuerlich halbierten Wert von 450 000 Euro nach Abzug seines Freibetrages von 205 000 Euro eine Erbschaftsteuer von rund 26 950 Euro. Machen die Länder ihre Bestrebungen wahr oder kippt das Bundesverfassungsgericht die derzeitige Besteuerungsgrundlage, wovon viele Fachleute ausgehen, würde der Sprößling bei Ansatz des vollen Verkehrswertes von 900 000 Euro auch nach Abzug seines Freibetrages von 205 000 Euro eine Erbschaftsteuer von rund 132 000 Euro treffen. Das ent-spricht fast einer Verfünffachung (www.erbfall.de).
Immobilieneigentümern, die ihren Nachkommen derartige Steuermehrbelastungen in Zukunft ersparen wollen, kann daher nur geraten werden, Immobilien zu den heute noch günstigen Besteuerungsbedingungen so schnell wie möglich auf diese zu übertragen und im Hinblick auf bestimmte Termine und Fristen steuerlichen oder rechtlichen Rat einzuholen.
DIV-Kommentar: Dies gilt auch für Geschlossene Immobilienfonds, insbesondere mit entsprechend zweckgebundenen Geldschenkungen (siehe Fachinformation zum Thema Erbschaft- und Schenkungsteuer).
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