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Eon kauft den Weg zur Übernahme von Ruhrgas frei

Außergerichtliche Einigung mit Klägern / Vorstandschef spricht von Erpressung / Verbraucherschützer üben Kritik

Ulrich Hartmann am Ziel seiner Wünsche
(ap)

DÜSSELDORF / FRANKFURT A. M. (afp/rtr/jk). Der Eon-Konzern kann durch eine außergerichtliche Einigung in letzter Minute die Essener Ruhrgas schlucken. Unmittelbar vor der Entscheidung des Düsseldorfer Oberlandesgerichts zogen am Freitagmittag die neun Kläger gegen den Zusammenschluss ihre Beschwerden zurück, nachdem ihnen Eon zuvor weit reichende Zugeständnisse gemacht hatte. Dadurch wurde das Verfahren gegenstandslos. Eon kündigte an, noch am Freitag das vom Kohlekonzern RAG gehaltene Ruhrgas-Paket übernehmen zu wollen. Die bei Exxon-Mobil und Shell liegenden Anteile würden in Kürze übertragen.

Allein die Zugeständnisse mit sechs der neun Kläger beziffert Eon auf rund 90 Millionen Euro. Sie sind Ergebnis der Vereinbarungen mit den Unternehmen Ampere, Ares Energie, Gruppen-Gas- und Elektrizitätswerk Bergstraße, Stadtwerke Aachen, Stadtwerke Rosenheim und Trianel. Die Summe setze sich aus Strom- und Gaslieferungen, der Abgabe von Anlagen und Beteiligungen, Marketingzuschüssen und sonstigen Geldleistungen zusammen. Nach Angaben der Aachener Stadtwerke verpflichteten sich auch die Ruhrgas-Leute, den Zugang zu ihrem Gasnetz "deutlich zu flexibilisieren und zu vereinfachen".

Der finnische Fusionsgegner Fortum vereinbarte mit Eon einen Beteiligungstausch im Wert von 800 Millionen Euro. Die zu knapp 61 Prozent vom finnischen Staat gehaltene Firma einigte sich auf zahlreiche Anteilsübernahmen in Skandinavien und Russland. Dazu gehören unter anderem bisher von Eon gehaltene 24,1 Prozent an der mit 600 000 Kunden zweitgrößten norwegischen Elektrizitätsgesellschaft Hafslung. Weiterhin bekommt Fortum 9,3 Prozent an der AO Lenenergo, dem größten Energiedienstleister in Nordwestrussland (1,3 Millionen Stromkunden). Im Gegenzug überlassen die Finnen Eon ihr deutsches Kraftwerk in Burghausen sowie ein weiteres im irischen Edenderry. Auch der schwedische Stromversorger Fortum Smaaland (43 000 Kunden) geht an die Düsseldorfer. Darüber hinaus zahlt Fortum 150 Millionen Euro an Eon.

Ebenfalls ein Tausch von Beteiligungen hat der Pakt mit Energie Baden-Württemberg (EnBW) zum Inhalt. Dabei steigen die Düsseldorfer bei Concord Power ein, die EnBW und der Saalfeld-Gruppe gehört. Concord Power plant derzeit den Bau- eines Gas- und Dampfturbinenkraftwerkes in Lubmin an der Ostsee.

Eon-Chef UIrich Hartmann betonte, die Einigung mit den Klägern ermögliche es, die Ruhrgas-Übernahme "kurzfristig perfekt zu machen". "Beim Ausbau unseres Gasgeschäfts können wir jetzt durchstarten und so im Wettbewerb mit den anderen großen europäischen Gasunternehmen mithalten." Durch Ruhrgas erreiche der Konzern mit 13 Millionen Kunden eine starke Position. Ruhrgas-Vorstandvorsitzender Burckhard Bergmann freute sich darüber, dass "wir bei Strom und Gas jetzt international bestens aufgestellt sind". Wegen der ausländischen Konkurrenz auf dem hiesigen Markt unter anderem durch Gaz de France und die italienische Eni brauche man sich über mangelnden Wettbewerb nicht zu beklagen.

Scharfe Kritik übte Hartmann an der Möglichkeit der Beschwerdeführer, hohe Zugeständnisse für ihr Einlenken zu fordern. Auf Grund der rechtlichen Gegebenheiten sei die Situation zuletzt durchaus mit "Erpressung" vergleichbar gewesen. Es sei die Frage zu stellen, ob jedem, "der mit ein paar Kilowattstunden handelt", die Möglichkeit zu einer gerichtlichen Intervention gegen ein solches Vorhaben gegeben werden dürfe. "Wenn wir so weiter machen, haben wir bald auch im Kartellrecht eine Wegelagerei." Die Einigung mit den Klägern sei schließlich nur möglich geworden, weil diese "ihre ursprünglich weit überzogenen Forderungen in den letzten Tagen auf ein zumindest diskussionsfähiges Niveau zurückgeschraubt haben". Den finanziellen Aufwand von 90 Millionen Euro bezeichnete er als vertretbar.

Demgegenüber ist bei einigen kleinen Gas-Anbietern die Enttäuschung groß. "Das ist für Eon viel zu billig", sagt der Vertreter eines Stadtwerkes, der namentlich nicht genannt werden will. Die von Eon genannten 90 Millionen Euro, mit denen die Klagen kassiert wurden, seien aber vermutlich untertrieben. Von einer Beseitigung der zuvor von den Beschwerdeführern angeprangerten Wettbewerbsbehinderungen könne keine Rede sein.

Die jetzt vollzogene Transaktion im Volumen von rund zehn Milliarden Euro bewertet Aribert Peters als "einen Schlag gegen den Rechtsstaat und die Verbraucher". Nach Überzeugung des Vorsitzenden des Bundes der Energieverbraucher kämen auf die Konsumenten bald höhere Strom- und Gaspreise zu. Eon habe sich nur mit Hilfe der Bundesregierung und "hohen Schweigeprämien für die Konkurrenten" durchgesetzt. Ins gleiche Horn stößt der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv). Dessen Chefin Edda Müller befürchtet in einer Stellungnahme, dass "die Zeche dafür früher oder später die Verbraucher zu zahlen haben."

Dazu Kommentar : Übler Geruch

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Dokument erstellt am 31.01.2003 um 17:16:10 Uhr
Erscheinungsdatum 01.02.2003