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Devise : Heilmittel
VON FRIEDHELM HENGSBACH
"Public-Private-Partnership" - Partnerschaftliche Zusammenarbeit von
Öffentlicher Hand und Privatwirtschaft wird als wundersames
Heilmittel gegen die öffentliche Verschuldung und die
binnenwirtschaftliche Stagnation propagiert. Stadtkämmerer und
Finanzminister atmen auf, weil sie dem Ziel schuldenfreier Haushalte
näher rücken, Baufirmen und Elektrokonzerne wittern neue
Märkte in den Sektoren öffentlicher Güter, die ihnen
bisher verschlossen waren. Faszinierend wirkt die Verheißung, das
neue Zusammenspiel sei bürgerfreundlicher, kostengünstiger
und leistungsstärker.
Die Spielarten der Zusammenarbeit sind bunt und schillernd:
Öffentliche Einrichtungen werden an Private verkauft, Gebäude
werden von Investoren errichtet und von der Kommune gemietet,
Investoren kaufen städtische Betriebe und lassen sie von der
Kommune zurück mieten, die öffentliche Verwaltung gliedert
Tochterfirmen aus, der Staat vergibt Lizenzen an private Betreiber.
Ist die Euphorie für die verheißungsvolle Kooperation von
Staat und Privatwirtschaft gerechtfertigt? Nein, erklärt das
Fernsehmagazin "Monitor", nachdem es im Herbst 2006 aufdeckte, dass die
Bundesministerien in den vergangenen vier Jahren für 100
Mitarbeiter von Industriekonzernen und Großbanken eigene
Büros mit Durchwahl eingerichtet hatten. Diese waren sogar bei der
Vorbereitung von Gesetzesvorlagen beteiligt, während sie von den
Privatfirmen bezahlt wurden. Die Redakteure von "Monitor" haben
für ihre Recherchen zur Lobbyarbeit im Dunstkreis von Korruption
den Adolf-Grimme-Fernsehpreis 2007 erhalten.
Zu einem durchweg negativen Urteil über gängige Formen der
privat-öffentlichen Zusammenarbeit kommt auch Werner Rügemer,
stellvertretender Vorstandssitzender von "Business Crime Control",
einer Bürger- und Menschenrechtsorganisation gegen
Wirtschaftsverbrechen. Er weist nach, dass die ursprünglichen
Versprechen einer Privatisierung öffentlicher Aufgaben, etwa die
Stabilität der Gas-, Strom- und Wasserpreise nicht eingehalten
werden. Die Kosten werden auf die Beschäftigten abgewälzt,
ihre Arbeit wird verdichtet, ihr Lohn gekürzt und ihre Arbeitszeit
verlängert.
Geheime Verträge
Bei der Bahn, Post und Telekom ist zu sehen, wie Leistungen, die allen
Bürgern zugänglich waren, gestrichen werden, während
globale Expansion und selektive Bedienung kaufkräftiger Kunden
erstes Ziel sind. Die meisten Verträge unterliegen der
Geheimhaltung oder sind selbst für Abgeordnete, die entscheiden,
undurchsichtig. Deshalb ist die Flucht der Privatfirmen aus der Haftung
für Folgekosten normal.
Wie kann verhindert werden, dass die Öffentliche Hand über
den Tisch gezogen wird? Die Verträge müssen auf gleicher
Augenhöhe und öffentlich ausgehandelt werden. Die Kalkulation
sollte auch unter dem "langen Schatten der Zukunft" stimmen. Eine
Sperrklinke gegen die Vermarktung menschlicher Arbeit ist einzubauen.
Gesellschaftliche Risiken sollten weiterhin solidarisch abgesichert
sein.
Dass Profite in die privaten Kassen fließen, während ein
Großteil der Folgekosten auf die Allgemeinheit abgewälzt
wird, ist nicht vertretbar. Ein gleicher Zugang zu den
Grundgütern: Arbeit, Mindesteinkommen, Gesundheit, Bildung,
Mobilität und Kommunikation für alle unabhängig von der
Kaufkraft gehören zur Lebensqualität demokratischer
Gesellschaften.
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Dokument erstellt am 20.04.2007 um 17:30:00 Uhr
Erscheinungsdatum 21.04.2007