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FR vom 22.06.2006

Deutsche Bank kauft Berliner Bank

Die Deutsche Bank übernimmt für 680,5 Millionen Euro die Berliner Bank. Der Branchenprimus erweitert damit sein Privatkundengeschäft an der Spree. Auch beim weit größeren Verkauf der Bankgesellschaft Berlin hoffen Privatbanken auf den Zuschlag.

Berlin - Die Übernahme des Berliner Konkurrenten werde dazu beitragen, die Vorsteuerrendite der Deutschen Bank wie geplant auf 25 Prozent zu steigern, erklärte Konzernchef Josef Ackermann. Mit dem Kauf erwirbt die größte hiesige Privatbank 60 Filialen in der Hauptstadtregion und rund 900 Beschäftigte. Damit solle das Geschäft am Heimatmarkt gestärkt werden, erklärte Ackermann. Nach der Übernahme, der Aufsichtsbehörden noch zustimmen müssen, kommt die Deutsche Bank in Berlin auf 770 000 Kunden, die in 119 Filialen betreut werden, und 3800 Beschäftigte.

Die Berliner Bank erzielte voriges Jahr einen Vorsteuergewinn von 40 Millionen Euro und gehört seit zwölf Jahren zur halbstaatlichen Bankgesellschaft Berlin (BGB), die nächstes Jahr ebenfalls zum Verkauf steht. Beide Banken müssen auf Anordnung der Europäischen Union privatisiert werden, nachdem die BGB vor einigen Jahren in eine Schieflage geraten war und nur Finanzhilfen des Staates gerettet werden konnte.

Finanzsenator erfreut

Berlins Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) zeigte sich hocherfreut über den "erfolgreichen Verkauf". Die Deutsche Bank sei ein starker Partner, der sich damit zum Finanz- und Wirtschaftsstandort Berlin bekenne und die Arbeitsplätze sichere. Der Preis von 680,5 Millionen sei "hervorragend". In Finanzkreisen hieß es, die Summe sei deutlich höher als erwartet. Zu Beginn der Ausschreibung galten 400 Millionen Euro als wahrscheinlich. Allerdings gab es fast zwei Dutzend Bewerber.

Die Berliner Bank fiel in der Vergangenheit mehrfach unangenehm auf. Schon die Gründung der BGB Mitte der neunziger Jahre galt auch als ein Schritt, um die wenig erfolgreiche Expansion des börsennotierten Geldhauses zu kaschieren. Damals schlüpfte die Bank gemeinsam mit der gut gehenden Landesbank und der Berliner Sparkasse sowie der Berliner Hyp unter das Dach der neuen Holding. Trotzdem liefen Verluste auf, die mit zur BGB-Schieflage führten. Im Rahmen der Sanierung wurden die Geschäfte eng mit der Landesbank und Sparkasse zusammengelegt, was aber auf Geheiß der EU wieder rückgängig gemacht wurde, um einen getrennten Verkauf zu ermöglichen.

Auch die Berliner Oppositionsparteien begrüßten den neuen Eigentümer. Der Verkaufserlös sei aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein, beklagt der finanzpolitische Sprecher der Grünen, Jochen Esser. Denn laut EU-Bescheid sei durch den Berliner Bankenskandal insgesamt ein Schaden von 9,7 Milliarden Euro entstanden. Ein Gutteil Teil davon könnte aber durch die gelungene Sanierung der BGB und die Privatisierungen wieder hereinkommen. Esser erwartet beim Verkauf der BGB Einnahmen von rund vier Milliarden Euro. Die BGB hat fast die Hälfte ihrer vormals 16 000 Arbeitsplätze gestrichen und arbeitet inzwischen rentabel als Regionalbank. Bereits vor drei Jahren hatte das Land eine Privatisierung der BGB versucht. Trotz großer Ausschreibung blieben am Ende aber nur einige Finanzinvestoren übrig, die viele Risiken beim Staat belassen und nur wenig zahlen wollten. Der Verkauf wird auch beim neuen Anlauf dadurch erschwert, dass erstmals in Deutschland private Investoren die Möglichkeit bekommen, eine öffentlich-rechtliche Sparkasse und eine Landesbank zu schlucken. Die EU pocht auf einen "diskriminierungsfreien Verkauf". Dadurch könnte die Trennung im hiesigen Kreditwesen zwischen Privatbanken, genossenschaftlichen Instituten sowie Sparkassen aufgebrochen werden. Das Sparkassenlager will das auf jeden Fall verhindern und um die BGB mitbieten. Thomas Wüpper

FR vom 22.06.2006

Kommentar  -  Ackermanns Fähnchen

VON MARIO MÜLLER

Schwenkt nun auch der Schweizer Josef Ackermann das schwarz-rot-goldene Fähnchen? Immerhin begründet der Chef der Deutschen Bank die Übernahme der Berliner Bank mit dem Hinweis, dadurch solle die Position "in unserem Heimatmarkt" gestärkt werden.

Das klingt insofern nach einem neuen Zungenschlag, als Ackermann bislang den Akzent auf den internationalen Charakter der Deutschen Bank setzte. Das größte Institut der Republik hat zwar seinen Sitz in Frankfurt, das Geschäft wird aber weitgehend von London aus geleitet und spielt sich überwiegend jenseits der deutschen Grenzen ab. Was der Schweizer von der Nation diesseits hält, wissen wir spätestens seit seiner Aussage, die Bundesrepublik sei das einzige Land, in dem die, die Werte schüfen, vor Gericht kämen.

Möglicherweise hat der Manager erkannt, dass so viel Distanz auf die Dauer eher schadet. Abgesehen davon, dass die Deutsche Bank im Falle eines Falles auf die Hilfe der hiesigen Steuerzahler angewiesen sein könnte, zahlen sich intakte "nachbarschaftliche" Beziehungen gerade im Geldgeschäft, das stark von Vertrauen abhängt, meist auch in Heller und Pfennig aus.

Realistischer ist allerdings eine andere Interpretation des wieder entdeckten "Heimatgefühls": Auch bei der Deutschen Bank hat sich offenbar die Erkenntnis durchgesetzt, dass die starke Konzentration auf das am Kapitalmarkt orientierte Investment-Banking erhebliche Risiken birgt. Dort winken zwar hohe Gewinne. Doch wenn, wie jetzt, die Zinsen steigen, drohen die Ertragsquellen rasch zu versiegen. Demgegenüber bietet das Privatkundengeschäft eine wenn auch relativ magere, so doch stetige Marge.

Mit dem Kauf der Berliner Bank bekennt sich Ackermann nach diversen strategischen Wenden zu diesem Geschäftszweig. Und hängt damit sein Fähnchen in den Wind, der derzeit in der Branche weht.