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Traute Kirsch,  03. September 2003

Cross- Border- Leasing : Türöffner für GATS

Im Mittelpunkt der Diskussion um das Verpachten von Vermögensgegenständen der öffentlichen Hand an US-Investoren (Cross-Border-Leasing) stehen finanzielle Risiken.

Ich halte jedoch die Auseinandersetzung um die Existenz bzw. die Beherrschbarkeit von Risiken des US-Lease für verfehlt. Diese Diskussion verstellt den Blick für die wirkliche Bedeutung des CBL. Sie liegt im Verlust der Verfügungsgewalt und des Nutzungsrechtes für die verleasten Anlagen.

Die Behauptung, an der Verfügungsgewalt und an dem Nutzungsrecht der öffentlichen Hand würde sich nichts ändern, und die Dienstleistung würde auch weiterhin von der öffentlichen Hand erbracht, ist nicht richtig. Sie stimmt nur so lange, als der Untermietvertrag, mit dem das Land oder/und die Kommune das Nutzungsrecht zurückerhalten haben, Bestand hat.

Gegenstand der Verträge sind nämlich nicht nur die verleasten Vermögensgegenstände, sondern auch die öffentlichen Dienstleistungen, die von der öffentlichen Hand mit ihnen erbracht werden. Das ergibt sich aus Bestimmungen des Vertragswerkes, die regeln, wie die Übertragung der öffentlichen Dienstleistungen von der öffentlichen Hand auf den US-Investor bzw. auf Dritte, die vom Investor das Nutzungsrecht durch Kauf, Pachtung oder Beauftragung erhalten, erfolgt.

Mit diesen Regelungen wird dem US-Investor ermöglicht, bei Feststellungen von Vertragsverletzungen sein Recht, die Anlagen selbst wirtschaftlich nutzen oder vermarkten zu dürfen, durchzusetzen

Dieses Recht wird in der Diskussion um das CBL ausgeklammert.

Doch auf die wirtschaftliche Nutzung oder Vermarktung des Nutzungsrechtes zielen die Verträge ab.Zahlreiche Indizien lassen dies erkennen:

- Folgendes springt auf Anhieb ins Auge: Diese Pachtgeschäfte werden gekennzeichnet als "Lease-to-service-contract", was zu übersetzen, ist mit "Pachtgeschäft mit Dienstleistungsvertrag" oder als "Pachtgeschäft mit dem Ziel von Dienstleistungsverträgen".

- Um keinen Zweifel daran zu lassen, was dies bedeutet, hat denn auch die oberste amerikanische Finanzbehörde betont, dass die Gewährung des Steuervorteils davon abhängig zu machen sei, dass da keine Scheingeschäfte abgeschlossen würden.

- Die kennzeichnenden Begriffe, die in diesem Zusammenhang auftauchen, lauten:  "Business purpose" (Geschäftszweck) und "economic substance" (Wirtschaftliche Substanz). Auch der Staatssekretär Karl Dill hat in seiner Antwort auf eine kleine Anfrage des SPD-Abgeordneten Binder erklärt, dass das CBL einem echten Geschäftszweck dienen müsse.

- Ein Faktum, das völlig unverständlicher Weise in der CBl-Diskussion nicht den seiner Bedeutung entsprechenden Stellenwert einnimmt, ist die Unterwerfung der Verträge unter amerikanisches Recht. Es ist doch bekannt, dass das amerikanischen Recht auf Vertragsgestaltungen abstellt und gute Voraussetzungen dafür bietet, Vertrags-verletzungen festzustellen.

Die hier stattfindende politische Selbstentmachtung widerspricht unserer Verfassung. Da verlangt nämlich z. B. der Artikel 28 des Grundgesetzes, es müsse gewährleistet sein, dass die Gemeinden selbstbestimmt ihre Angelegenheiten regeln. Es ist jedoch völlig abwegig, dies so auszulegen, dass die Kommunen ihr Selbstbestimmungsrecht aufgeben dürften.

Was beim Cross-Border-Leasing passiert, ist genau das, was sich unter den Begriffen Liberalisierung und Verschaffung von Marktzugang bei öffentlichen Dienstleistungen für Wirtschaftsunternehmen im Rahmen der GATS-Verhandlungen in der Diskussion befindet. GATS steht als Abkürzung für General agreement on trade in services. Da liegt der Zusammenhang zu dem US-Lease-to-service-contract auf der Hand..

In Wirklichkeit stellen also die Cross-Border-Leasing-Geschäfte eine Vorwegnahme dessen dar, was mit GATS angestrebt wird.

Die erforderliche offizielle politische Dikussion zu GATS findet nicht statt. Doch über die US-Lease-Verträge wird GATS bereits umgesetzt und realisiert.

Diese Realität entsteht nicht erst im Konfliktfall - im Vertragsverletzungsfall. Sie entsteht bereits in dem Augenblick, in dem Politiker CBL-Verträge unterschreiben. Denn mit dieser Unterschrift erklären sie ihr Einverständnis dazu,

- dass ihnen die Aufgabe der Daseinsvorsorge weggenommen wird,

- dass die von der Gemeinde für ihre Bürger zu erbringende Leistung nach rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten von US-Konzernen wahrgenommen wird,

- dass amerikanisches Recht für die Nutzung der Anlagen zur Anwendung kommt.

Die katastrophale Folge der CBL-Verträge wird nicht in Schadensersatzleistungen seitens der deutschen Vertragspartner bestehen.Die katastrophale Folge der CBL-Verträge wird vielmehr darin bestehen, dass die öffentliche Hand die Nutzung und die Entscheidungsbefugnis für die verleasten Anlagen verlieren wird.
 

Traute Kirsch ist Sprecherin des AK Deregulierung  im Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland <BUND>
Landesverband Nordrhein-Westfalen