Zurueck zur Vorseite
Zurueck zur Homepage
Rein und raus

 KOMMUNEN / Beim einst so lukrativen Cross-Border-Leasing deuten sich Probleme an. Statt Goldgräber- droht Katerstimmung

JAM JESSEN

DÜSSELDORF. Schnelligkeit ist eine Tugend für ein Verkehrsuntenehmen. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht stellte die Düsseldorfer Rheinbahn dies jüngst unter Beweis: Gehörte das Nahverkehrsunternehmen 1997 zu den Pionieren im Lande, die das Cross-Border-Leasing entdeckten, ist die Rheinbahn jetzt eine der ersten Firmen die sich von diesen Verträgen wieder trennt. Vor Ablauf der Frist. Eine Hoffnung, die auch einige Stadt-Kämmerer mittlerweile hegen dürften - die Kämmerer der bundesweit rund 180 Städte und Gemeinden, die noch vor wenigen Jahren in Goldgräber -Stimmung waren und sich auf Geschäfte mit amerikanischen Investoren eingelassen haben. Es ging um Messehallen, Müllverbrennungsanlagen oder Kanalnetze und alles lief nach dem Prinzip ab: Eine Stadt vermietet eine kommunale Einrichtung langfristig an einen amerikanischen Investor und im gleichen Atemzug wieder zurück. Weil der Investor faktisch Eigentümer der Anlage wurde, konnte er seine "Investition" abschreiben. Von den ersparter Steuermillionen profitierten Investor und Kommune. Bis sich die
Gesetzeslage in den USA änderte:

Das Haar in der Suppe

Die amerikanische Steuerbehörde beendete dieses merkwürdige Spiel im vergangenen Jahr, rückwirkend  bis März 2004. Ende Juni verbreitete die Steuerbehörde (Internal Revenue Service) eine neue Auffassung. Nun seien auch Verträge im Visier, die vor der Steuerrechtsänderung im vergangenen Jahr abgeschlossen wurden. Auch sie dürften nicht zu steuerlichen
Vorteilen für die Investoren führen, hieß es .

Damit rückt das Gros der Deals in den Blickpunkt, die zwischen 1999 und 2003 abgeschlossen wurden. Auch sie seien für Investoren nun ein "großes Verlustgeschäft", aus dem sie auf Teufel komm raus aussteigen wollen. So prognostiziert es unlängst die Düsseldorfer Wirtschaftsberatungsgesellschaft Due Finance.

Die Verträge von hier aus einfach aufzulösen, wird rechtlich nur in den seltensten Fällen möglich sein. Vielmehr ist das Gegenteil zu befürchten, "Es könnte sein, dass der amerikanische Vertragspartner das Haar in der Suppe sucht", sagt Martin Lehrer, Sprecher des Städte- und Gemeindebundes NRW. Zu Lasten der hiesigen Kommunen.

Ein solches Haar könnten beispielsweise einzuhaltende Fristen sein; oder der Zustand geleaster Objekte - wenn etwa Änderung am Kanalnetz vorgenommen werden, könnte es sein, dass das gegen den bestehenden Vertrag verstößt, womit dieser hinfällig wäre. Bei mehr als 1000-seitigen Verträgen und Laufzeiten von bis zu 99 Jahren komme es auf "peinliches Vertragscontrolling" an, meint  Lehrer. Falls Verträge vorzeitig platzen, könnten auf betroffene Kommunen Zahlungen zukommen,die den Gewinn aus dem Deal um ein "Vielfaches" überschreiten, warnte auch der Landesrechnungshof.

Unsicherheit schwingt mit

Bei der Rheinbahn ist man offenkundig erleichtert, die beiden Geschäfte von 1997 und 1998 - es ging um 94 Stadtbahnwagen und Niederflurstraßenbahnen und einen Betriebshof - beenden zu können. Ohne Kosten. Es war für den US-Investor nicht mehr lukrativ, heißt es in einer Erklärung. "Den Vorteil, den wir aus dem Leasing ziehen konnten, haben wir gezogen", sagte ein Rheinbahn-Sprecher: 16 Millionen Euro.

Andere Kommunen sind in Hab-Acht Stellung. Wie etwa in Recklinghausen: Jede Veränderung am Kanalnetz werde zuvor mit den Arrangeuren des Cross-Border Deals abgeklärt, sagt Kämmerer Christiph Tesche. Noch sei der Investor "nicht an uns herangetreten". Zudem sei ausgehandelt worden, dass alle eventuellen steuerlichen Nachteile "voll zu Lasten des Investors gehen."

"Kein Grund zur Besorgnis", heißt es auch in Bochum. Die Anwaltskanzlei, die den Kanalnetz-Deal der Stadt Anfang 2003 begleitet hatte, habe noch diesen März versichert: "Das Gesetz hat Rückwirkung nur bis 2004." Das aber hat sich seit
Juni geändert... (dae/NRZ)

Neue Rhein Zeitung 18.10.05