Zuueck zur Vorseite
Zurueck zur Homepage
Kritiker des Cross-Border-Leasing fühlen sich "sehr bestätigt" -

Nach Stopp durch US-Kongress prüft Messe Konsequenzen ihres Deals / "Risiko der Gesetzesänderung trägt der Investor"

Der US-Kongress hat Cross-Border-Leasing-Geschäfte (CBL) gestoppt. In Frankfurt hatte die U-Bahn nach diesem Modell auf 100 Jahre vermietet werden sollen. Ein Bürgerbegehren verhinderte dies. Die Messe allerdings hat mit einem Teil ihres Areals ein solches CBL-Geschäft getätigt. Jetzt werden die Konsequenzen untersucht.

VON JUTTA OCHS

Übersetzt heißt Cross Border Leasing (CBL): "Über die Grenze vermieten". Diese Geschäfte bauten auf der Grundlage auf, dass langfristige Vermietungen in den USA wie Eigentum gewertet wurden, und das Bilden von Eigentum im Ausland in den USA steuerlich stark begünstigt wurde. US-Investoren bildeten Trusts, um diese Vorteile nutzen zu können. Von den Steuerersparnissen haben etwa 150 Kommunen in Deutschland profitiert, die sich auf CBL einließen. Sie vermieteten Kläranlagen, Mehrzweckhallen oder Schienenanlagen, meist auf 100 Jahre. Der so genannte Barwertvorteil kam ihnen zugute. Der US-Kongress hat dieser Praxis nun den Riegel vorgeschoben. ox

Frankfurt · 22. Juni · Welche konkreten Auswirkungen das Verbot für das eigene Cross-Border-Leasing-Geschäft hat, kann bei der Messe noch keiner richtig beurteilen. "Da ist noch zu vieles unklar", sagt Messe-Sprecher Jens Schreiber. Das Verbot gilt bislang für zukünftige Geschäfte, allerdings wurde offen gelassen, ob es nicht auch auf bereits bestehende ausgedehnt wird und somit steuerliche Vergünstigungen entfielen.

Darauf aber basieren diese Deals. Kommunales Eigentum wie Messehallen oder eben U-Bahn-Tunnel werden auf etwa 100 Jahre vermietet und sofort wieder zurückgemietet. Die Kommune bekommt einen Anteil an den steuerlichen Vergünstigungen, die der US-Investor geltend machen kann.

"Wir haben uns aber vertraglich gegen solche Gesetzesänderungen abgesichert", sagt Schreiber. Das Risiko habe der Investor zu tragen. Allerdings hatten Kritiker dieser Geschäfte bereits davor gewarnt, dass vor Gericht, zumal der Gerichtsstand die USA sei, solche Klauseln unter Umständen gar keinen Bestand mehr hätten. Mit entsprechenden Warnungen hatte auch der ehemalige IHK-Präsident und FDP-Politiker Wolf Klinz Aufsehen erregt.

Die Messe hatte noch ein zweites CBL-Geschäft mit einem weiteren Teil ihres Areals vorbereiten wollen. Das war aber am Widerstand des St. Katharinen- und Weißfrauenstifts gescheitert, das Eigentümer einer Teilfläche ist.

Alle Kritiker des im vergangenen Jahr in Frankfurt geplanten Cross-Border-Leasings mit der U-Bahn fühlen sich nun durch das Verbot des Kongresses "sehr bestätigt", so SPD-Fraktionsgeschäftsführer Klaus Oesterling. Von allen anderen sei das Risiko damals klein geredet worden. CDU, FDP und Grüne hatten das Geschäft, von dem sie sich Einnahmen von 100 Millionen Euro versprachen, gegen den Widerstand der SPD einfädeln wollen. Dann aber hatte sich unter Federführung der Globalisierungskritiker von Attac eine Bürgerinitiative namens "Hände weg von der U-Bahn" gegründet, die mit Hilfe eines Bürgerbegehrens das Vorhaben verhindern wollte. Die Zustimmung in der Bevölkerung war groß, die erforderlichen 40 000 Unterschriften wären mit größter Wahrscheinlichkeit zusammen gekommen. Bevor es zur verbindlichen Auszählung kommen konnte, gaben allerdings die Grünen bekannt, dass sie aus den Plänen aussteigen werden. CDU und FDP alleine hatten keine Mehrheit.

CDU-Fraktionschef Uwe Becker sagte gestern, in dem damals bereits aufgesetzten Vertrag für den U-Bahn-Deal sei man "so vorausschauend gewesen", dass der Investor das Risiko einer Gesetzesänderung zu tragen gehabt hätte. Der CDU-Politiker wollte nicht bestätigen, dass er nun Erleichterung darüber verspüre, dass das Geschäft nicht zustande gekommen ist.

Anders die PDS, die ebenso wie die Römer-Fraktion BFF und weitere Initiativen schon frühzeitig das Bürgerbegehren unterstützt hatte. Es sei nur "dem gesunden Menschenverstand der Frankfurter Bürgerinnen und Bürger zu verdanken", so die PDS, "dass die Stadt einem Desaster" in vielfacher Millionenhöhe entgangen sei." Ihr Stadtverordneter Heiner Halberstadt forderte die Grünen zu einer öffentlichen Stellungnahme. Diese müssten ihren "Privatisierungswahn" beenden.

[ document info ]
Copyright © Frankfurter Rundschau online 2004
Dokument erstellt am 23.06.2004 um 00:09:11 Uhr
Erscheinungsdatum 23.06.2004 | Ausgabe: S | Seite: 34