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Oberhessische Zeitung vom 25.07.2007 (gescannt)
Bundesbank vor einem halben Jahrhundert gegründet
Der Glaube an den Mythos schwindet - Stemmen gegen
Bedeutungsverlust - Konsolidierungsdruck - In Frankfurt Feier mit der
Bundeskanzlerin geplant
Von unserem Korrespondenten Rolf Obetreis
FRANKFURT. Von einem „Anschlag" ist die Rede. Die Unabhängigkeit
der Bundesbank solle angetastet werden. Wenige Tage vor ihrem 50.
Geburtstag steht die deutsche Notenbank in den Schlagzeilen. Im
Berliner Finanzministerium gibt es Pläne, die Rolle der Bundesbank
in der Bankenaufsicht zu beschneiden, sie unter das Zepter des
Ministers zu stellen. Die Notenbanker reagieren empört. Die
renommierte Institution muss um ihre Stellung kämpfen - wie
mehrfach, seit sie ihre Hauptaufgabe, die Geldpolitik, Anfang 1999 an
die Europäische Zentralbank (EZB) abgetreten hat und ins zweite
Glied gerückt ist. Nicht nur die Bundesbank hält sich
für unverzichtbar. Ähnlich sieht man es in der Finanzszene.
„Nicht alle Deutschen glauben an Gott, aber alle an die Bundesbank,
umschrieb Jacques Delors, der damalige Präsident der EU-Kommission
1992 den Mythos Bundesbank. Es war die heiße Phase der Diskussion
über den Maastricht-Vertrag, mit dem die europäische
Währungsunion besiegelt wurde. Die Bundesbank stand dabei mit im
Fokus. Ihre konsequente, zum Teil harte Geldpolitik seit Ende der 50er
Jahre hatte zwar nicht nur Zuspruch gefunden. Der Erfolg aber war
unübersehbar: Auch die Währungshüter aus Frankfurt
standen für den Wirtschaftsaufschwung der Bundesrepublik, für
die Stabilität der D-Mark, die hinter dem Dollar zur weltweit
zweitwichtigsten Reservewährung aufstieg.
Karl Otto Pöhl und Helmut Schlesinger, die damaligen
Präsidenten der Bundesbank, kämpften vehement darum, die EZB
nach dem Vorbild der Bundesbank zu gestalten, der neuen Institution die
Unabhängigkeit zu geben, mit der die deutsche Notenbank agierte.
Jede politische Attacke auf ihre Stellung hat die Bundesbank
zurückgewiesen. Am radikalsten tat dies Pöhl: Er trat im Juli
1991 aus Verärgerung über Bundeskanzler Helmut Kohl
zurück, weil der hinter Pöhls Rücken der DDR-Regierung
bei den Verhandlungen über die deutsch-deutsche Währungsunion
einen viel zu guten Umrechnungskurs für die DDR-Mark zugestanden
hatte.
Mit dem Auftrag „Die Währung zu sichern" war die Bundesbank am 1.
August 1957 als Nachfolgerin der Bank deutscher Länder
gegründet worden. Bis zum 31. Dezember 1998 hatte die Bundesbank
die Zügel der deutschen Geldpolitik in der Hand. Dann verlor sie
mit der europäischen Währungsunion ihre Hauptaufgabe an die
EZB: Sie wurde Teil des europäischen Systems der Zentralbanken und
damit nur noch ausführendes Organ für die Geld-Versorgung von
Wirtschaft, Unternehmen und Verbrauchern. In der Bundesbank entscheidet
heute allein der Präsident noch über die Geldpolitik - als
Vertreter im Rat der EZB. Axel Weber ist zwar nur eines von
gleichberechtigten 19 Mitgliedern. Aber seine Worte haben angesichts
der Stellung der Bundesbank und der Rolle Deutschlands als starker
Volkswirtschaft besonderes Gewicht.
„Wir brauchen eine starke Bundesbank, um die Meinung eines Landes mit
80 Millionen Einwohnern in der EZB zur Geltung zu bringen", sagt
Michael Heise, Chef-Volks wirt der Allianz-Dresdner Gruppe. Vor allem
auf Druck von Bundesregierung und Bundesbank wurden die
Unabhängigkeit der EZB und ihre Orientierung auf die
Preisstabilität im Vertrag von Maastricht verankert.
Doch die Bundesbank kämpft seit Jahren gegen ihren
BedeutungsVerlust. Weber wird nicht müde, auf die wichtigen
Aufgaben der Notenbank hinzuweisen: Organisation des Zahlungsverkehrs,
Kontrolle des Bargeldes, Mitarbeit in der Bankenaufsicht, Vertretung
Deutschlands in internationalen
Organisationen, Hüterin des 3423 Tonnen schweren deutschen
Goldschatzes, Vermittlung der Bedeutung von stabilem Geld in der
Öffentlichkeit. Und der Bundesfinanzminister nimmt gerne
alljährlich die Milliardengewinne, die nach Berlin überwiesen
werden.
Spätestens mit dem Verlust ihrer zentralen Aufgabe steht die
Bundesbank auch unter Konsolidierungsdruck: Der Zentralbankrat wurde
ebenso abgeschafft wie die Landeszentralbanken, der Vorstand wurde
verkleinert, von 183 Filialen sind knapp 50 geblieben. Zählte die
Bundeshank Ende 1993 noch 18200 Mitarbeiter, sind es heute noch 11000.
Dabei dürfte es nicht bleiben. Aber erst einmal wird gefeiert: Am
20. September im Frankfurter Zoopalais im Beisein der Bundcskanzlcrin.