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Auszug aus "Erziehung und Wissenschaft". Zeitschrift der Bildungsgewerkschaft GEW Nummer 2/2004, Seite 27

Bremen: Der Senat beabsichtigt, zum Sommer 2004 eine GmbH zu gründen, die dem Stadtstaat Im Bildungsbereich acht Millionen Euro pro Jahr einsparen soll.

Schulen mit beschränkter Haftung

Bremen plant Umbau des Schulwesens

Bremens Schulen sollen nach den Plänen des Senats zumindest teilweise neu organisiert werden: Mit einer dafür gegründeten "Gesellschaft für Bildungsinfrastruktur " will die Regierung aus SPD und CDU zusätzliches Geld für den Schulbereich beschaffen, den Haushalt sanieren - und trotzdem verfassungskonform agieren.

Schon während der Koalitionsverhandlungen im Mai letzten Jahres wurde in Bremen hinter den Kulissen beschlossen, den Bildungsbereich neu zu organisieren und einen Teil auszulagern und zu privatisieren. Monatelang sickerte von der Planung einer "Gesellschaft für Bildungsinfrastruktur" nichts durch, bis der GEW Bremen im Herbst 2003 Pläne zur Gründung einer Bildungs-Gmbh in die Hände fielen. Daraufhin berief die Gewerkschaft eine Personalversammlung ein und informierte die Presse. Die Personalversammlung sprach sich gegen eine "Schule mit beschränkter Haftung" aus und verlangte die Offenlegung aller Maßnahmen. Außerdem solle der Landesrechnungshof das Vorhaben überprüfen.

Inzwischen steht fest: Die Bremer Bildungsbehörde beabsichtigt tatsächlich, zum Sommer 2004 eine GmbH zu gründen, die dem Stadtstaat im Bildungsbereich auf Dauer acht Millionen Euro pro Jahr einsparen soll. Der Bildungsetat Bremens beträgt jährlich etwa 460 Millionen Euro. Die Einsparung wäre also relativ gering - unter zwei Prozent. Zunächst aber würde die geplante Bildungs-GmbH gar kein Geld einbringen, sondern zusätzliche Kosten verursachen. Sie soll mit 25 Millionen Euro Kapital ausgestattet werden. Und bevor alles beginnt, beschloss der Bremer Senat im Dezember, 250.000 Euro für eine Beratungsfirma zur Verfügung zu stellen, die das Projekt ausarbeitet. Wer das Berater-Geld bekommt, ist noch nicht bekannt. Im Spiel ist die Unternehmensberatung von Roland Berger, die in Bremen schon öfters aktiv wurde. So hat sie im Jahr 2000 vorgeschlagen, die gesamte öffentliche Verwaltung von 30000 auf vier bis achttausend Beschäftigte zu reduzieren. Der Rest der Arbeit sollte ausgelagert werden. Zur Zeit sind 5000 Beschäftigte der öffentlichen Verwaltung Lehrerinnen und Lehrer.

Bei der geplanten Bildungs-GmbH, die als Pilotprojekt gilt, sind vorerst nur drei Schulbereiche anvisiert, in dem etwa 1000 Lehrer tätig sind: die Volkshochschulen, die Berufsschulen und eventuell die sonderpädagogischen Einrichtungen. Das Motto für die geplante Gesellschaft lautet: "flexibel, leistungsbezogen und marktorientiert". Der landeseigne Betrieb soll die betroffenen Schulen steuern und die Infrastruktur liefern, etwa Informationstechnologie oder Verwaltungslogistik. Außerdem soll die Firma Lehrpersonal einstellen - ohne sich dabei an die üblichen Tarife halten zu müssen. Weitere Aufgaben konnte der Sprecher des Bildungssenats, Rainer Gausepohl, nicht nennen, noch seien die Pläne "nicht ausgereift". Bis März oder April soll dem Parlament der Gründungsvorschlag vorliegen, bis zum Juli dann der Realisierungsplan.

Zum Scheitern verurteilt?

GEW-Landessprecher Jürgen Burger zweifelt daran, dass Lehrer, beim heutigen Mangel an Lehrkräften in den genannten Bereichen, ein untertarifliches Beschäftigungsverhältnis mit der geplanten Bildungs-GmbH eingehen werden. Doch nicht nur daran werde das Projekt scheitern, sagt er voraus: "Es müssen mehrere Gesetze geändert werden, bevor eine Firma eine Schule leitet." Das Lehrerarbeitszeitaufteilungs-, das Schul-, das Schulverwaltungsgesetz, und seiner Meinung nach sogar die Bremer Verfassung stünden zur Disposition. "Die Landesverfassung besagt, dass das Recht auf Bildung durch öffentliche Einrichtungen gesichert wird. Eine GmbH ist keine öffentliche Einrichtung."

Utopischer Zeitplan

Wegen der nötigen Gesetzesänderungen hält Jürgen Burger den Zeitplan für völlig utopisch. Der Senat hat inzwischen die Realisierung das Projekts für das Schuljahr 2004/2005 aufgegeben. Noch ist die GEW offiziell nicht informiert oder in die Planung einbezogen worden. In ein paar Wochen soll mit dem Senator für Bildung, Willi Lemke, darüber ein Gespräch stattfinden. Es werde schwer für den Senator sein, so Burger, "eine Kosteneinsparung nachzuweisen". Der GEW-Landessprecher vermutet, dass es um etwas anderes geht: "um grundlegende ordnungspolitische Überlegungen." Der Bremer Senat verfolge damit ein neues Modell der Organisation bisheriger staatlicher Aufgaben.

Ganz ohne ökonomischen Nutzen wird natürlich nicht geplant. Der Vorteil der Bildungs-GmbH: Der Senat kann neue Schulden aufnehmen, ohne dass diese Eingang in den Haushalt finden. So könnte die große Koalition in Bremen ihr Wahlversprechen einhalten, bis 2005 einen verfassungskonformen Haushalt - der die Aufnahme neuer Schulden verbietet - vorzulegen. Was Bremen da vorhabe, sei ein Schattenhaushalt, kritisiert deshalb die Opposition aus FDP und Bündnis 90/Die GRÜNEN. Statt der Gründung einer GmbH plädieren die GRÜNEN für mehr Schulautonomie und Budgetie-rung.

Gudrun Fischer

Bremens Bildungssenator Willi Lemke will Schulen durch Privatisierung neu organisieren.

GEW-Landessprecher Jürgen Burger: "Es wird schwer für den Senator, eine Kosteneinsparung nachzuweisen."

E&W 2/2004