Zurueck zur Vorseite
Zurueck zur Homepage
Cross-Border-Leasing(CBL), Sale-and-lease-back(SLB), Public-Private-Partnership(PPP)

Fragwürdige Lösungsmodelle für öffentliche Finanznot

Hans-Georg Bodien

Es ist sicherlich nicht mehr als eine Binsenweisheit, wenn man Massenarbeitslosigkeit, Steuerentziehung (eine Form der legalen Asozialität), Steuerhinterziehung (eine Form strafbewehrter Asozialität), öffentliche Misswirtschaft und unausgegorene Finanzpolitik als Ursachen öffentlicher Finanznot herausstellt. Die Folge davon ist das Privatisierungsfieber auf allen Ebenen unseres Gemeinwesens, besonders in Städten, Gemeinden und Gemeindeverbänden (Landkreise).

Als besonders fragwürdige und nach meiner Auffassung wenig mit der Hessischen Kommunalverfassung konforme Modelle für das schnelle Geld für Städte, Gemeinden und Landkreise sind CBL-, SLB- und PPP-Geschäfte anzusehen. Gemeinsam  ist ihnen, dass hier finananzkräftigen Investoren der direkte Zugriff auf öffentliches Eigentum wie Wasserversorgung, Klärwerke, Kanalisation, Müllentsorgung, Schulen, Verwaltungsgebäude etc. gewährt und ihnen damit Steuerentziehung in erheblichem Maße ermöglicht wird.

Bei dem risikobeladenen CBL sitzen die Nutznießer der Steuerentziehung   in den USA- unter Ausnutzung eines Steuerschlupfloches können/konnten amerikanische Investoren ihre Investitionen im Ausland steuerlich abschreiben und lassen/ließen die deutschen Kommunen an diesem Steuervorteil (Barwertvorteil)teilhaben. Derartige Geldbeschaffungsmaßnahmen über einen sogenannten Barwertvorteil zählt ein Bürgermeister einer NRW-Kommune zu den „aberwitzigsten Finanzkonstruktionen“. Sie könnten auch angesehen werden als „institutionalisierter, globalisierter Steuerbetrug“. Nutznießer dieser Deals sind ferner Privatisierungskanzleien mit ihren Fachleuten auf allen Ebenen des Rechts, Finanzsierungsfirmen etc, die sich für ihre Dienste bei solchen Deals großzügig entlohnen lassen. Inwieweit eine Änderung des amerikanischen Steuerrechts finanzielle Nachteile für die Kommunen bringt, die solch fragwürdige Geschäfte abgeschlossen haben, läßt sich nach meinen Informationen noch nicht absehen. Es handelt sich um Objekte im geschätzten Wert von 36 Milliarden Euro.

Bei SLB-Geschäften verkaufen Städte/Landkreise in einem Scheingeschäft Schulen, Verwaltungsgebäude usw. an einen inländischen Investor für einen längeren Zeitraum, der unter Ausnutzung eines Steuerschlupfloches (unterschiedliche steuerliche Bewertung von Kapital- und Immobilienbesitz) Steuern „spart“ (bei Schenkungs-, Erbschafts- und  Erbersatzsteuer). Auch bei diesem Modell lässt der Investor die Kommune/den Landkreis über den sogenannten Barwertvorteil  teilhaben. Hier leistet also die Kommune/der Landkreis für eine „Provision“ Beihilfe zur Steuerentziehung für Vermögende und  schadet somit dem Fiskus  der Länder. Oberbürgermeister, Bürgermeister, Landräte und ihre Adlaten in den Parlamenten, die solche Geschäfte tätigen, belegen – wie ich meine – damit ein gewaltiges Defizit an Gesamtverantwortung für die Finanzsituation der öffentlichen Hand.

Pikant ,ja skandalös in diesem Zusammenhang ist, dass solche Deals durch die Hannover Leasing GmbH & Co. KG realisiert werden. An dieser Gesellschaft hält die Hessische Landesbank (Anteilseigner  sind die Länder Hessen und Thüringen und die Sparkassen) 50% der Anteile. Nutznießer eines solchen Modells sind nach meiner Einschätzung auch „entscheidende“ Kommunalpolitiker – und von daher auch besonders interessiert an solchen Deals . So wird  zur Abwicklung des Geschäfts eine Objektgesellschaft gegründet. Die Mitgliedschaft in dem Beirat, der zur Beratung und Unterstützung der Geschäftsfürung installiert wird, bietet  eine Möglichkeit der Kumulierung ihrer Einnahmen. Der Vogelsbergkreis (wie einige andere Landkreise in Hessen)wollte 2003 einen solchen Deal durchziehen. Eine Mehrheit von CDU,FWG und FDP im Kreistag gab dem besonders vom Landrat forcierten Vorhaben die Zustimmung. Während die Grünen ablehnten, konnte sich die SPD-Fraktion nur zu einer Enthaltung durchringen, da „entscheidende“ SPD-Politiker eigentlich gegen ein solches Steuerentzugsvorhaben nichts einzuwenden hatten. Öffentlicher Widerstand gegen dieses Vorhaben – getragen von Attac Alsfeld / Vogelsberg -  war letztlich mitentscheidend für das Scheitern des Vorhabens.  Was mir bei der Diskussion um dieses SLB – Geschäft auffiel, war das mangelnde Wissen vieler Kreistagsmitglieder um das komplizierte Vertragswerk. Der Aufforderung einer Abgeordneten ,mehr Erklärungen zu diesem Deal zu geben, begegnete der Landrat schroff, sie würde das Vertragswerk eh nicht verstehen – ging er da von sich aus? – und man müsste  den Experten von Helaba und Hannover  Leasing  vertrauen. Na  prost, Experten ersetzen Parlamente. Ähnlich muss es in den Gremien der Kommunen gelaufen sein, die sich auf einen CBL-Deal eingelassen haben. Dies gilt sicherlich auch für PPP-Geschäfte.

 Seit einiger Zeit heißt nämlich die Zauberformel für die Lösung öffentlicher Finanznot PPP oder ÖPP(Öffentliche Private Partnerschaft). Darunter ist die Zusammenarbeit öffentlicher und privater Akteure bei der Erstellung, Finanzierung und /oder auch dem Management bisher öffentlich erbrachter Leistungen.zu verstehen. Die PPP-Modelle beruhen auf einem gemeinsamen Konzept von Bund, Ländern und Bauwirtschaft. So wirbt die bereits erwähnte Hannover Leasing mit einer Äußerung des BK Schröder vom Juli 2002 für PPP, der damals verkündete, nach britischem Vorbild werde man künftig wesentlich stärker mit der Privatwirtschaft beim Bau, der Sanierung  und Bewirtschaftung von Schulen, Verwaltungsgebäuden, Krankenhäusern u.ä. zusammenarbeiten. Von Bundesminister Stolpe war zu erfahren ( September 03), dass das Steuerrecht auf die PPP-Modelle zuzuschneiden sei. Zu vermuten ist hier, dass  neue Steuerschlupflöcher für finanzkräftige Investoren aufgemacht wurden. Im April des vergangenen Jahres habe ich im Namen von Attac Alsfeld/Vogelsberg den Bundesfinanzminister Eichel (auch die Bundestagsfraktionen)  aufgefordert, Auskunft darüber zu erteilen, wie das Steuerrecht auf PPP zugeschnitten wurde. Eine Antwort steht noch aus. Weitere Recherchen  hierzu sind notwendig.

PPP-Deals sind nach meiner Einschätzung besonders dreiste Handlungen von Amts-und Mandatsinhabern, weil sie hier der klar profitorientierten Kalkulation bei der öffentlichen Daseinsvorsorge durch die Privatwirtschaft ungeniert Vorschub leisten. Sie machen sich auch zum Instrument zur Durchsetzung von Interessen von Vermögenden, was einen eklatanten Widerspruch zu den Aufgaben von Amts- und Mandatsträgern darstellt, sind sie doch dem Wohl der Allgemeinheit verpflichtet. Mit solchen PPP-Deals kaschieren Bürgermeister/Landräte und die Parlamentarier nach meinem Dafürhalten ihre Versäumnisse der letzten Jahrzehnte in Sachen Sanierung und Erhaltung und Bau von  Infrastruktur, stehlen sich Bund und Länder aus der Verantwortung für eine falsche Steuerpolitik, die einerseits riesige öffentliche Armut produziert und andererseits immensen privaten Reichtum ermöglicht(Zahlen zur riesigen Schuldenlast des öffentlichen Gesamthaushaltes können beim Statistischen Bundesamt abgerufen werden. Für das Jahr 2002 betrug sie rund 1,245 Billionen Euro. Auf die Länder entfielen danach 385 Milliarden Euro, auf das Land Hessen allein über 33 Milliarden).

Wer sind nun die Nutznießer dieser PPP – Geschäfte ? Zunächst wären hier große Baufirmen zu nennen. So hat z.B. eine Firma aus Bad Hersfeld in Monheim (NRW) einen solchen PPP-Vertrag abgeschlossen.Im Landkreis Offenbach sind es die privaten Gesellschaften Facility Management Services (SKE Mannheim) und ein Tochterunternehmen der Baufirma Hochtief. Die Partnerschaften dauern 15 Jahre. Während dieser Zeit übernehmen diese Firmen die Bewirtschaftung der Schulen, also Sanierung, Bauunterhaltung, Hausmeisterdienste, Gebäudereinigung etc. Für ein solches Paket aus einer Hand zahlt der Kreis ein Nutzungsentgelt, das über die gesamte Laufzeit garantiert wird und das nach Angaben des Auftraggebers (Landrat) niedriger liegen soll, als eine Finanzierung über kommunale Kredite. Geht man von einer Rendite des privaten Betreibers und Investors von 10% aus, muss dies allerdings stark bezweifelt werden. Die Großen der Bauwirtschaft machen Luftsprünge, die kleinen Betriebe vor Ort gucken in die Röhre.

Weiter wären als Nutznießer solcher Geschäfte auch die großen Privatisierungskanzleien zu nennen. So heißt es bei  JUVE Online Resources : „Gut positioniert im hoffnungsvollen PPP-Segment sind viele Großkanzleien. So hat  Freshfields Bruckhaus Deringer sich mit der Arbeit für das entsprechende PPP-Kompetenzzentrum des Bundes an einer Stelle etablieren können, die unter dem Aspekt Folgemandate höchst interessant ist.“ Weiter wird hier diese Kanzlei im Zusammenhang mit der LKW-Maut und dem Schulprojekt Offenbach genannt. Die Kanzleien lassen sich für ihre Dienste  bekanntlich fürstlich entlohnen.
.
Auch Landräte, Oberbürgermeister und Bürgermeister sind Nutznießer der PPP-Deals. Sie behalten ihre Amtsbezüge, obwohl ganze Abteilungen gewinnorientierten Unternehmen überantwortet werden. Sie und andere  „entscheidende“ Politiker können auch hier – was diese Geschäfte bei diesen Allgemeinwohltätern besonders beliebt macht  -  über Mitgliedschaft in Aufsichtsgremien und Beiräten in privatrechtlich organisierten Gesellschaften, die extra zu Abwicklung solcher Deals gegründet werden, ihre Einkünfte kumulieren.

Besonders schwerwiegend ist nach meinem Dafürhalten, dass  Amts- und Mandatsinhaber mit solchen Deals zur massiven Entziehung demokratischer Kontrolle eigentlich öffentlicher Angelegenheiten beitragen und so einen nicht zu verantwortenden Beitrag zur Demolierung unserer Demokratie leisten, Grund genug solchem Handeln Widerstand entgegen zu setzen.

Was kann/muss man also tun? Auf der Ebene der Einzelkommune ist es möglich, durch Bürgerbegehren/Bürgerentscheid solche Deals zu stoppen (HGO §8b). Allerdings gibt es auf Kreisebene diese direkt demokratische Abwehrmöglichkeit nicht.  So können Landräte solche Geschäfte mit einer Mehrheit in den Kreisparlamenten durchziehen. Im  Zusammenhang mit dem geplanten SLB-Deal des Vogelsbergkreises 2003 habe ich die Fraktionen im Hessischen Landtag aufgefordert(31.07.03), Bürgerbegehren/Bürgerentscheid auch auf Kreisebene zu ermöglichen und die HKO dahingehend zu ergänzen. Die Fraktionen der CDU und SPD lehnen dies ohne große Begründung ab. Eine gemeinsame Aktion aller, die an einer solchen Erweiterung plebiszitärer Mitwirkung  interessiert sind, sollte angestrebt werden. Ich denke hier besonders auch an die Gewerkschaften und an Parteileute, die sich dem Mainstream ihrer Parteien zur Privatisierun entziehen wollen, und warte gespannt auf Reaktionen der Leser dieser Zeilen. Eile tut Not

Auch muss gefragt und  juristisch geklärt werden, ob solche Privatisierungsdeals überhaupt mit der Hessischen Kommunalverfassung konform sind. So ist in §109 der HGO zu lesen, dass die Kommune Vermögensgegenstände, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben in absehbarer Zeit  nicht braucht, veräußern darf . Gehören dazu wasserwirtschaftliche Anlagen, Müllentsorgungsanlagen, Schulen, Verwaltungsgebäude etc? Sind dies nicht eher öffentliche Vermögensgegenstände, die zur Erfüllung der öffentlichen Daseinsvorsorge im Sinne des Gemeinwohls außerordentlich wichtig sind? §35 der HGO verpflichtet die Mandatsinhaber zu diesem Gemeinwohl. In §10 der HGO ist eindeutig festgelegt, dass die Gemeinde ihr Vermögen und ihre Einkünfte so zu verwalten hat, dass die Gemeindefinanzen gesund bleiben. Die Amts- und Mandatsinhaber sind also Treuhänder des Vermögens der Bürgerinnen und Bürger (dies gilt auch für die Kreisebene). Von Privatisieren ist nichts zu lesen. Im April des vergangenen Jahres habe ich hier Innenminister Bouffier als oberste Aufsichtsbehörde der Kommunen um eine verbindliche Interpretation der §§ 1, 10 und 109 der HGO gebeten. Er hat bis heute geschwiegen.

Auch muss weiter Druck gemacht werden bezüglich des Schließens aller Steuerschlupflöcher. So habe ich im Namen von Attac Alsfeld/Vogelsberg auch im Zusammenhang mit dem geplanten SLB-Deal des Vogelsbergkreises sowohl den Hessischen Finanzminister Weimar, Bundesfinanzminister Eichel und die Bundestagsfraktionen im Sommer 03 aufgefordert, solche Steuerschlupflöcher zu schließen. Entsprechende Erfolgsmeldungen gibt es bisher noch nicht, allerdings hat jetzt  Minister Weimar eine Initiative dazu angekündigt.

Hier will ich gleichfalls anmerken, dass auch behördlicher Steuerentzug beendet werden muss.Als Beispiel soll hier der steuerliche Querverbund OVAG – ÖPNV genannt werden. Die Eignerkreise der OVAG sind der Wetterau-, Vogelsbergkreis und der Landkreis Gießen. Hier werden Gewinne der OVAG mit Verlusten des ÖPNV verrechnet. Verluste des ÖPNV werden dadurch vom Bund oder vom Land also mitgetragen. Diese Form des behördlich betriebenen legalen Steuerentzugs ist sicherlich bundesweit verbreitet.

Im April des vergangenen Jahres habe ich ebenfalls im Namen von Attac Alsfeld/Vogelsberg  Bundesfinanzminister Eichel und die Bundestagsfraktionen aufgefordert, die Bundesbankreserven für kommunale Zwecke zu verwenden . Wörtlich heißt es in dem Schreiben dazu: „Die Deutsche Bundesbank, die ja durch die Einführung des Euros ihre Aufgabe als Währungs- und Notenbank verloren hat, sollte den Kommunen zinslose Kredite gewähren. So können nach unserer Auffassung kurzfristig finanzielle Engpässe in den Kommunalhaushalten überwunden werden, und Kommunen sind nicht mehr gezwungen, öffentliches Vermögen durch fragwürdige Privatisierungsdeals zu verhökern. Da der Marktzinssatz sich schon längere Zeit auf einem Tiefstand hält, entsteht hierdurch dem Bund nur ein relativ geringer Zinsausfall. Gedacht ist hierbei auch nur an einen Übergangskredit, bis durch eine Steuerreform ein vernünftiger Finanzausgleich zwischen allen Ebenen der öffentlichen Hand geschaffen worden ist. Inwieweit der Kredit für laufende Ausgaben (hier z.B. für die dringend notwendige Sanierung der vielerorts maroden Wasserinfrastruktur) bzw. Zukunftsinvestitionen verwendet werden kann, sollte sich nach den örtlichen Gegebenheiten richten. Eine kräftige Finanzspritze über einen zinslosen Kredit würde so auch dem Mittelstand helfen, Arbeitsplätze würden neu entstehen und der öffentlichen Hand Steuern und den Sozialkassen Beiträge zufließen. Wir bitten Sie, unseren Vorschlag umzusetzen.“

Geantwortet hat uns lediglich ablehnend die SPD-Fraktion . Gleichzeitig hat sie ein Papier der SPD zu PPP  übersandt.

Ich schließe meine Ausführungen in der Hoffnung auf breite Resonanz über:  hansbodien@yahoo.de oder

Hans-Georg Bodien
Finkenrain 3
36323 Grebenau          Tel.: 06646/1230