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Diskussion über PPP- Geschäfte, ausgehend vom Frankfurter "Bildungszentrum Ostend"

Ein Praktiker hat zum (vorläufigen) Schluss das Wort :


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Hallo zusammen,
 
die Kreisvorsitzende der ödp Miltenberg hat mir die untenanhängenden email weitergeleitet.
Ich bin Bezirksvorsitzender der ödp Unterfrankens und hauptberuflich Vorstand eines Kommunalunternehmens.
Durch meine berufliche Tätigkeit bin ich mitten in dieser Sache drin.
 
Klar ist:

1. Wir haben uns in der Kommune eindeutig fürs "Selbstmachen" entschieden; die Vorteile des "Kommunalunternehmens" in Bayern sind mannigfaltig (billige Kreditaufnahme, dies im Rahmen des vom eigenen Verwaltungsrat genehmigten Wirtschaftsplans, beschränkte Ausschreibungspflicht mit teilweise Möglichkeit zur Nachverhandlung)

2. Jedem ist klar, dass ein privater Investor ein PPP nicht aus Altruismus tätigt, sondern weil ER Geld verdienen will.

3. Dass Kommunen sich heutzutage massiv um PPP´s bemühen hat einzig und allein mit deren Finanzmisere zu tun. Eine Kommune oder der Freistaat (Bayern) kommt doch selbstverständlich durch das immer noch vorhandene Top-Rating bei den Banken massiv billiger an Fremdkapital als ein Privater. Mal als Beispiel bis vor einem halben Jahr mit 2,20% fürs Monatsgeld (jetzt ca. 2,80%). Zeige mir bitte male EINER einen Privaten, der das Geld so billig nachgeworfen bekommt (außer AG´s von ihren Aktionären).

Die öffentlichen Haushalte sind im Eimer; JEDER, der ein PPP beginnt, gibt damit nur öffentlich zu, dass er eine katastrophale Haushaltssituation hat

4. Die Schulden der öffentlichen Hand werden nur "gestreckt" über den Abschreibungszeitraum, um in den jeweiligen Haushaltsjahren die Haushalte gesetzeskonform werden zu lassen.

5. Viele Verwaltungen MÜSSTEN "selbst-privatisieren" (d.h. auslagern in eine selbständige, aber im Eigentum der öffentlichen Hand verbleibenden Gesellschaft - idealerweise das Kommunalunternehmen). Aber fast allen Verwaltungen fehlen Knowhow oder einfach nur der Mut, diesen Weg zu gehen. Nur wer so handelt, handelt wirklich verantwortungsvoll. Aber es bedeutet natürlich auch Mehrarbeit...

6. PPP heisst auf einen Nenner gebracht: Die Arbeit outsourcen, die Verantwortung ebenfalls, somit kann man ganz gemütlich weiterwurschteln. Aber der Preis dafür ist sehr hoch!
 
Grüße
Steffen Scholz
 
 
----- Original Message -----

From: Gregor Czisch

To: Wilhelm Ruehl ; attac-privatisierung@listen.attac.de ; agfinanzmarkt@listen.attac.de ; attacmod-d@listen.attac.de
Sent: Thursday, May 25, 2006 2:04 PM
Subject: [agfinanzmarkt] Generelles zu Kosten von PPP & Re: FAZ Rhein/ Main zu PPP in Frankfurt (fwd)


Mal eine ganz generelle Betrachtung zu Investitionskosten im Zusammenhang mit PPPs:

Mir stellt sich das folgendermaßen dar: Wenn eine öffentliche Einrichtung, (z.B. die Wasserversorgung, Ein öffentliches Gebäude ...) neu gebaut wird (oder erweitert oder erneuert ..) und die Frage ansteht, ob es billiger ist, das ganze privat oder öffentlich zu finanzieren, dann ist die Frage der Kosten m.E. immer leicht zu Gunsten der öffentlichen Finanzierung zu beantworten. Ich betrachte hier mal reine Investitionskosten und deren "Derivate" (Zinsen).

Voraussetzung zur Vereinfachung: Es stehen ständig (z.B. jedes Jahr) Investitionsentscheidungen etwa gleicher Höhe an (für eine Volkswirtschaft als ganzes, sollte das weitgehend erfüllt sein, genauso wie für die Summe kleinere Investitionen in einer Stadt oder ...). Die Lebensdauer unserer Einrichtung sei mit 20 Jahren angenommen (Die generellen Schlüsse ändern sich nicht grundsätzlich mit der Lebensdauer.).

Fall A:
Wir finanzieren das Projekt aus öffentlichen Mitteln (Steuern ..).
=> Es entfallen keine Zinsen und wir können rechnerisch die Kosten als jährliche Kosten von einem zwanzigstel (1/20) oder 5% der Investition ansetzen.

Fall B:
Die Regierung hat den Steuerhahn abgedreht und wir finanzieren die Investition vollständig über Kredit.
=> Wir können die jährlichen Kosten mit der Annuitätenmethode berechnen und kommem bei einem Zinssatz von 5% auf
0,05 / ( 1-(1+0,05)^(-20) ) = 0,08 = 8%
[(Zinssatz / (1 - (1+Zinssatz) hoch (-)Lebensdauer))]

also eine jährliche Belastung von 8% der anfänglichen Investition. Die zusätzlichen Kosten von 3% gegenüber Fall A sind Einnahmen der jeweiligen Kreditinstitute. Relativ erhöhen sich die Kosten gegenüber Fall A um gut 60%.

Fall C:
Ein finanzstarker Investor finanziert das Ganze aus seinem Eigenkapital und erwartet eine - heute vielfach übliche und sogar überschrittene - Eigenkapitalrendite von 15%:
=> Wir können die jährlichen Kosten wieder mit der Annuitätenmethode berechnen und kommem beim angesetzten Zinssatz von 15% auf

0,15 / (1-(1+0,15)^(-20)) = 0,1598 = 15,98%

also eine jährliche Belastung von 16% der anfänglichen Investition. Die zusätzlichen Kosten von 11% gegenüber Fall A sind Einnahmen des Investors. Relativ erhöhen sich die Kosten gegenüber Fall A um gut 220% auf mehr als das Dreifache. Irgendwer muß das natürlich bezahlen, z.B. über die Wasserrechnung.(Das Ganze, mit der Eigenkapitalrendite der Deutschen Bank (>25%) zu rechnen, ist Hausaufgabe ;-) )

Andere Fälle:
Prinzipiell gibt es natürlich verschiedenste Mischformen aus Fall A, Fall B und Fall C. Die Kosten liegen aber immer irgendwo zwischen Fall A und Fall C. Natürlich sind dabei andere Zinssätze und Eigenkapitalrenditen denkbar, was die Kosten von Fall zu Fall verändert. Das Prinzip bleibt aber das gleiche. Zu bedenken wäre noch, daß die öffentliche Hand als Schuldner eine hohe Bonität hat und eher an günstigere Kredite herankommt, als ein Privatinvestor, der zusätzlich zum Eigenkapital auch noch auf Kredite zurückgreift (also eine Mischung aus Fall B und Fall C zusammenstellt).

Was lernen wir daraus?

Wird eine Investition als PPP getätigt ist diese Investitions-PPP teurer als eine alternative, rein aus öffentlichen Mitteln finanzierte Investition. Ganz generell muß eine PPP dann teurer sein, wenn es sich um eine Unternehmung handelt, deren Kosten ganz überwiegend in Investitionskosten inklusive Kapitaldienst bestehen. Man könnte beim PPP lediglich vom evtl.beim privaten Partner vorhandenen Know-How (oder seiner Einkaufsmacht ....) profitieren, um die Unternehmung mit niedrigeren Investitionskosten zu realisieren. Dazu würde aber - wenn der Know-How-Effekt überhaupt trägt - wahrscheinlich schon eine Mischung von viel Fall A mit einem kleinen Anteil von Fall C beitragen.

Ich habe in der Diskussion bisher vielfach die allgemeine Feststellung vermißt, daß eine PPP-Investition grundsätzlich zu höheren Kosten führen muß als eine steuerfinanzierte Investition. Deshalb wollte ich das mal anhand eines simplen Beispiels in die Diskussion einbringen. Ich hoffe, das war Euch nicht zu trivial.

Mit solidarischen Grüße,

             Gregor Czisch



Wilhelm Ruehl schrieb:

  ---Ursprüngliche Nachricht---
Absender: "Michael Riese" <michael@riese-family.de>
Empfänger: "Hans Bodien" <hansbodien@yahoo.de>
Empfänger: "Günther'" <g.kraemer@stadt.alsfeld.de>
Empfänger: "Michael Baumarth" <Michaelbaumarth@web.de>
Empfänger: "Wilhelm Rühl" <Wilhelm.Ruehl@t-online.de>
Betreff: FAZ Rhein/ Main zu PPP in Frankfurt
 


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Zur kenntnis
Michael Riese
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36304 Alsfeld
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Streit um PPP-Pilotprojekt

Revisionsamt: Bildungszentrum jetzt teurer als im Eigenbau


Bau und Unterhalt des Bildungszentrums Ostend nach dem "Public-Private-Partnership"-Verfahren haben der Stadt nach Ansicht des Revisionsamts finanziell geschadet: Amtsleiter Ulrich Uebele bestätigte gestern Zahlen einer eigens erstellten Studie, wonach der Gebäudekomplex an der Sonnemannstraße während des 20Jahre laufenden Leasingvertrags vier Millionen Euro mehr kosten werde, als wenn die Stadt das Zentrum selbst gebaut und bis 2025 betrieben hätte. Der Komplex beherbergt zwei Abendgymnasien, die Volkshochschule, das Hoch'sche Konservatorium, die Bethmannschule und einen Teil der Bankakademie. Investor ist das Mannheimer Finanzinstitut Süd-Leasing. Ihm zahlt die Stadt im ersten Jahr rund 3,9Millionen Euro, mit jedem weiteren Jahr steigt dieser Betrag um 1,5Prozent. Nach 20Jahren gehört das Zentrum der Stadt.
 http://www.faz.net/IN/INtemplates/faznet/img/leer.gif

Die Zahlen des Revisionsamts, das auch die Jahresrechnung der Stadt zu prüfen hat, stehen im Widerspruch zu Aussagen der Kämmerei, die Einsparungen durch die öffentlich-private Kooperation in Höhe von rund 25Prozent gegenüber einem Bau der Stadt in Eigenregie geltend gemacht hatte. Der Kostenvorteil soll etwa dadurch entstehen, daß ein Generalunternehmer sowohl Bau als auch Unterhalt übernimmt; damit würden Fehler am Bau vermieden, weil diese später zu Lasten des Bauherrn gingen. Außerdem werden PPP-Projekte oft schneller realisiert, weil einfachere Ausschreibungsregeln gelten.

Hauptgrund für die Mehrkosten sind laut Uebele die deutlich höheren Betriebskosten, weil an der Wärmedämmung der Gebäude gespart worden sei. Hinzu kämen "sehr hohe Transaktionskosten" - verursacht von Beratern während des Vertragsverfahrens. Uebele kritisierte ferner, daß die Stadt ein höheres Risiko trage als der Investor, weil sie für Unterhalt und Betrieb aufkommen müsse, während die Süd-Leasing nur für Schäden an der Außenhaut hafte. Diese seien bei einem neuen Gebäude gering. Der Amtsleiter hielt der Kämmerei zudem vor, sie habe den Auftrag nur nach der Bausumme vergeben und erst danach mit dem Investor über die Betriebskosten verhandelt. In den vergangenen Monaten hatte es schon mehrfach Kritik von Schulleitern wegen Qualitätsmängeln gegeben.

Für die Kämmerei wies der zuständige Abteilungsleiter Frank Heudorf die Vorwürfe zurück. Der Investor habe "sehr wohl ein Gesamtpaket vorgelegt". Eine angeblich getrennte Vergabe allein nach der Bausumme sei "eine Falschbehauptung". Heudorf hob die Effizienzvorteile von PPP hervor. Die Risiken seien außerdem "extrem auf den privaten Investor übertragen" worden. Nach 20Jahren werde die Stadt etwa 104Millionen Euro für den Gebäudekomplex bezahlt haben. "Als reiner Eigenbau und -betrieb hätte das Bildungszentrum rund 125Millionen Euro gekostet", sagte Heudorf. Das Revisionsamt habe an vielen Stellen Zahlen verwendet, die "nicht zielführend" seien und für weitere Projekte auch "keine Beachtung finden" würden.
Unterdessen hat die SPD einen Akteneinsichtsausschuß beantragt. Es handele sich um ein Pilotprojekt; die Zahlen müßten daher genau untersucht werden.  trö.


Text: F.A.Z., 24.05.2006, Nr. 120 / Seite 46

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MfG, Wilhelm Ruehl
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Zeller Weg 4, 36304 Alsfeld, Tel.06631/74524, http://www.meinepolitik.de/

Verbraucher sind alle (Bürger). (Ihre) Nachfragepolitik sollte daher in der Wirtschaft Vorrang haben.

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Administration d. Liste: Philipp.Hersel@blue21.de

 
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