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http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,479847,00.html
27. April 2007
BÜRGERMEISTER AG
Bertelsmann macht, was Würzburg nicht schafft
In England steuert Bertelsmann schon
einen ganzen Landkreis - nun ist dem Konzern auch in Deutschland der
Einstieg in den Markt mit Verwaltungsbehörden gelungen. In
Würzburg soll er die Kommunalverwaltung modernisieren. Ein
bundesweit einzigartiges Projekt.
Gütersloh - Die Bertelsmann-Tochter Arvato soll künftig alle
Abläufe in der Würzburger Kommunalverwaltung über eine
zentrale Internet-Plattform steuern. Ziel sei es, Bürgern,
Unternehmen und Partnern alle Dienstleistungen der Stadt über nur
eine Anlaufstelle anzubieten. Arvato und die Stadt gaben die
Partnerschaft heute gemeinsam bekannt.
Das Projekt unter dem Titel "Würzburg integriert!" soll
Pilotcharakter für weitere Kommunen in Deutschland haben. Die
Stadt Würzburg erhofft sich während der Laufzeit von
zunächst acht Jahren Einsparungen in Höhe von 25 Millionen
Euro. Mit Hilfe dieses Geldes soll das Projekt auch finanziert werden.
Auch sollen die Qualität des Bürgerservices deutlich
erhöht und die Abläufe beschleunigt werden. "Unsere
Verwaltung wird schneller, besser und bürgernäher", sagte
Würzburgs Oberbürgermeisterin Pia Beckmann (CSU). Ziehen
Bürger um, müssten sie sich künftig nicht mehr an
mehrere Verwaltungsstellen wenden, sondern nur an einen
Ansprechpartner, der sich um alle Prozesse kümmere. Das Projekt
soll im kommenden Jahr starten.
Arvato, größter Mediendienstleister Europas mit weltweit
45.000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von knapp fünf
Milliarden Euro, hat bereits in England Erfahrungen mit dieser Form
sogenannter Private-Public-Partnership gesammelt. Im Distrikt East
Riding betreut Arvato einen ganzen Landkreis mit 325.000 Einwohnern.
Dort hat das Unternehmen alle Abläufe der Kommune
einschließlich aller Mitarbeiter komplett übernommen. Diese
sind nun Angestellte des Unternehmens.
Eine so weit reichende Privatisierung öffentlicher Leistungen ist
in Deutschland derzeit noch undenkbar. So ist nach Angaben von Arvato
die Übernahme von Personal aus steuerrechtlichen Gründen
für Unternehmen unattraktiv. Dennoch sieht Arvato in dem
Würzburger Projekt einen Einstieg in den deutschen Markt mit
öffentlichen Dienstleistungen.
itz/dpa