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Oberhessische Zeitung (Alsfeld) vom 15.07.2003

„Darf öffentliches Eigentum zur Manipulationsmasse werden?"

attac Alsfeld schreibt an zwei Landesminister - Kritik an der „Sale-and-lease-back"-Idee

ALSFELD (r). In einem Schreiben an den hessischen Innenminister Volker Bouffier und den Finanzminister Karlheinz Weimar bittet jetzt attac Alsfeld um eine Stellungnahme zu dem „Sale-and-lease-back"-Vorhaben mit Hannover Leasing, das von Landrat Rudolf Marx in der kommenden Woche im Kreistag beschlossen werden soll. Dieses Modell sieht den Verkauf der kreiseigenen Liegenschaften vor, die anschließend zuriickgeleast werden.

Hauptvorteilsnehmer, heißt es in dem Schreiben weiter, seien bei der Realisierung dieses Leasinggeschäfts die Investoren - hier Personen, die durch Erbschaft oder Schenkung an große Vermögen gelangen - die eine Vermögensumschichtung betreiben und durch dieses Modell günstige Bewertungsvorschriften für ältere Liegenschaften bei Schenkungen und Erbersatzsteuerveranlagungen nutzten. Bei Realisierung dieses Modells trüge der Kreis zur massiven Schädigung des Fiskus bei, den Ländern würden also erhebliche Summen an Erbschaftssteuer entzogen.

Attac Aisfeld bittet die Minister besonders um die Beantwortung der Fragen, ob es Aufgabe eines Landrates sein könne, Makler für ein Unternehmen zu spielen und ein solches Modell offensiv zu vertreten ; ob öffentliches Eigentum zur Manipulationsmasse werden darf, um reichen Privatpersonen Steuerentziehung zu ermöglichen; ob nicht eher die Länder Hessen und Thüringen und die Sparkassen in Hessen und Thüringen als Eigentümer der Helaba dahingehend wirken müssen, dass sich die Hessische Landesbank als Gesellschafter der Hannover Leasing aus solch fragwürdigen Modellen zurückzieht, die der „legalen Asozialität" Tür und Tor öffnen; ob es für die Bürger Möglichkeiten gibt, solche Deals zu verhindern.

Wörtlich lautet das Schreiben: „Sehr geehrter Herr Minister Weimar, der Landrat des Vogelsbergkreises, Rudolf Marx, hat weitgehend unter Aus-schluss der Öffentlichkeit ein Leasinggeschäft (Sale-and-lease-back-Modell) mit der Hannover-Leasing GmbH & Co. KG. eingefädelt, das den Verkauf der kreiseigenen Liegenschaften vorsieht, die anschließend zurückgejeast werden (in der kommenden Woche soll dieser Deal im Kreistag beschlossen werden). Bei diesem komplexen Geschäft wird der Kaufpreis für die Immobilien zu 100 Prozent an den Kreis ausgezahlt, etwa 98 Prozent davon müssen jedoch bei der Helaba angelegt werden. Daraus sollen dann die Leasingraten gezahlt werden, auch soll damit der Rückkauf der Immobilien nach zehn beziehungsweise 15 Jahren finanziert werden. Etwa zwei Prozent des Gesamtwertes blieben beim Kreis. Dies wären nach Schätzungen (!) des Landrats etwa drei Millionen Euro. Die Unterhaltungslast für die verkauften Verwal-tungs- und Schulgebäude bliebe beim Kreis.

Der Sanierungsstau würde durch diese Vorgehensweise nicht aufgelöst. Hauptvorteilsnehmer dieses komplizierten Modells wären die Investoren - hier Personen, die durch Erbschaft oder Schenkung an große Vermögen gelangen, die eine
Vermögensumschichtung betreiben und durch dieses Modell günstige Bewertungsvorschriften für ältere Liegenschaften bei Schenkungen und Erbersatzsteuer- _ Veranlagungen nutzen. Bei Realisierung dieses Modells trägt der Kreis zur massiven Schädigung des Fiskus bei, den Ländern würde also auf diese Art und Weise Erbschaftssteuer entzogen.

Interesse an diesem Deal - da mit Entschädigung verbunden - haben jene im Kreis, wie wir meinen, die, sollte das Modell umgesetzt werden, Mitglied in einem zu installierenden Beirat werden.

Wir bitten Sie um eine baldige Stellungnahme zu diesem Vorhaben des Vogelsbergkreises unter Berücksichtigung besonders folgender Fragen:

- Kann es Aufgabe eines Landrats sein, Makler für ein Unternehmen zu spielen und ein solches Modell offensiv zu vertreten?

- Darf öffentliches Eigentum zur Manipulationsmasse werden, um reichen Privatpersonen Steuerentziehung zu ermöglichen?

- Müssen nicht eher die Länder Hessen und Thüringen und die Sparkassen in Hessen und Thüringen als Eigentümer der Helaba dahingehend wirken, dass sich die Hessische Landesbank als Gesellschafter der Hannover Leasing aus solch fragwürdigen Modellen zurückzieht, die der legalen Asozialität Tür und Tor öffnen?

-Welche Möglichkeiten sehen Sie für die Bürgerinnen und Bürger, solche Deals zu verhindern?

Hans-Georg Bodien für ATTAC Alsfeld"