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Afghanistan-Krieg,

bis heute andauernder nationaler militärischer Konflikt, der sich im Zeichen des Kalten Krieges zeitweise zu einem Stellvertreterkrieg zwischen Ost und West ausweitete. 1973 stürzte Mohammed Daud seinen Cousin König Sahir und ließ sich zum Präsidenten von Afghanistan wählen. 1978 wurde Daud seinerseits von der sozialistisch orientierten Demokratischen Volkspartei gestürzt, die das rückständige Land zu modernisieren suchte und Reformen im Sinn des realen Sozialismus durchführte, z. B. eine Bodenreform, Sicherstellung von medizinischer Versorgung, Schulbildung auch für Mädchen, Gleichstellung der Frau, Abschaffung des Schleierzwanges etc.

Diese Politik stieß bei Stammesführern, Großgrundbesitzern sowie islamischen Mullahs auf Ablehnung. Rund 30 Mudschaheddin-Gruppen bildeten sich, die den Kampf gegen die Regierung aufnahmen: Der Afghanistan-Krieg begann. Die teilweise fundamentalistisch orientierten Stammeskrieger waren untereinander zerstritten und nur geeint durch ihren „heiligen Krieg" gegen die „Ungläubigen". Darüber hinaus spielte die traditionelle Ablehung einer zentralen Regierung durch die Stammesoberhäupter eine motivierende Rolle.

Unter dem Druck der vorrückenden Mudschaheddin sandte die Regierung 1979 einen Hilferuf nach Moskau aus. Daraufhin kamen sowjetische Streitkräfte (rund 100 000 Mann) ins Land, die vor allem Städte und Straßen zu schützen suchten. Afghanistan war seit 1919 traditionell eng mit Moskau verbunden; das Land hatte umfangreiche Wirtschafts- und Entwicklungshilfe erhalten. Auf der anderen Seite schalteten sich nun die USA in den Konflikt ein und unterstützten die islamischen Gotteskrieger mit modernen Waffen (z. B. Stinger-Raketen), Finanzmitteln, Informationen und Militärberatern. Den USA ging es offenbar darum, direkt an der sowjetischen Grenze einen Unruheherd zu schaffen und die Sowjetunion ökonomisch zu schwächen. US-Präsident Ronald Reagan verkündete, er wolle die Sowjetunion „totrüsten". Auch etliche islamische Länder ließen den afghanischen Glaubenskriegern Unterstützung zukommen.

Durch die andauernden Kämpfe zwischen Regierungstruppen und Mudschaheddin wurde eine große Flüchtlingswelle ausgelöst (rund fünf Millionen Betroffene). Die Flüchtlinge sammelten sich vor allem in iranischen und pakistanischen Lagern. Pakistan war auch die Hauptnachschubbasis der Glaubenskrieger. 1981 versuchte die Regierung (mit wenig Erfolg) die allgemeine Wehrpflicht einzuführen; zu diesem Zeitpunkt waren rund zwei Drittel der Regierungstruppen zu den so genannten Freiheitskämpfern übergelaufen. 1982/83 war eine militärische Pattsituation erreicht; die Bevölkerung litt schwer unter den Kriegshandlungen. 1986 setzte der neue Staatspräsident Mohammed Nadschibullah auf einen Kurs der nationalen Versöhnung und des Dialogs, während die Mudschaheddin mehrheitlich den Sieg erzwingen wollten. Allerdings beurteilte etwa zur gleichen Zeit der neue sowjetische Präsident Michail Gorbatschow das sowjetische Engagement in Afghanistan als zu kostspielig und verlustreich. Der Krieg stelle eine „offene Wunde" dar und stehe einer Annäherung an den Westen und einer Beendigung des Kalten Krieges im Wege. 1988/89 wurden die sowjetischen Truppen nach und nach aus dem Nachbarland abgezogen.

Damit war das Schicksal der Regierung Nadschibullah besiegelt, die sich jedoch noch bis 1992 in Kabul halten konnte. Dann übernahmen die siegreichen Mudschaheddin die Macht und begannen sogleich, sich gegenseitig zu bekämpfen. Vorläufiger Sieger in diesen Auseinandersetzungen, die nur noch auf geringes Interesse im Westen stießen, sind die fundamentalistischen Taliban, die den größten Teil des Landes unter ihre Kontrolle brachten und einen islamischen Gottesstaat einrichteten. Ein Ende der Kämpfe im Norden des Landes ist nicht abzusehen; so gesehen dauert der Afghanistan-Krieg weiter an, nunmehr wieder auf rein nationaler Ebene.

Verfasst von:
Marion Pausch

"Afghanistan-Krieg," Microsoft® Encarta® Enzyklopädie 2000. © 1993-1999 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.