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Oberhessische Zeitung (Alsfeld) vom 01.09.2005

1. Leserbrief

"Keine Enteignung"

Betrifft: Wasserpreise in Hessen, Leserbrief von Hans-Georg Bodien

Wasser hatten wir diesen August genug. Ob der Himmel weint? Er hätte Grund dazu. Mir jedenfalls scheint das Verständnis von Attac für die Wirklichkeit eigentümlich: Die IHK stellt einen Vergleich der Wasserkosten in Hessen an und Attac malt eine drohende Enteignung der gemeindlichen Wasserversorgung an die Wand. Die Privatisierung der Wasserversorgung wäre eine Enteignung von Bürgern. Das schreckt auf! Meines Wissens wird aber bei der Privatisierung öffentlicher Wasserversorgungen ein Kaufpreis entrichtet. Damit ist die so genannte „kommunale Enteignung" ein freiwilliger Verkauf. Oder wird etwa der Bäcker enteignet, wenn er seine Brötchen verkauft? Mitnichten. Man nennt das Handel. Und ich weiß kein anderes System, das auf Dauer ähnlich gut klappt.

Mit dem Wort „Verkauf der Wasserversorgung" wird aber deutlich, dass die verkaufenden Kommunen etwas bekommen - Geld. Das brauchen Gemeinden besonders dann, wenn sie über ihre Verhältnisse leben. Sie häufen dann Schulden an. Alsfeld beispielsweise, hat davon inzwischen um die 40 Millionen Eure. Das ist schon eher Enteignung!

Aber zurück zum Wasser. Wasserversorgung sollte sich vor allem an zwei Dingen ausrichten: 1. Qualität, 2. Preis, beides langfristig. Wie das erreicht wird, ob kommunal, ob liberal, ob privat, ob als Verein, ob als Stiftung oder kirchlich ja selbst Attacisch ist dann von nachgeordne-ter Bedeutung. Aber bitte keinen Aus-schluss von Möglichkeiten aufgrund von Scheingefahren, Sinnverdrehungen und Worthülsen. Was soll das?

Dr. Paul Braun, Alsfeld
 

2. Leserbrief

Oberhessische Zeitung (Alsfeld) vom 06,09,2005

Betrifft: „Keine Enteignung", Leserbrief von Paul Braun

Paul Braun hat in seiner Leserzuschrift zu den hessischen Wasserpreisen zwei zentrale Aspekte angesprochen: den Preis des Wassers und die Qualität. Er meint dann aber, wenn die Qualität stimme, dann seien der Preis und die Eigentumsverhältnisse der Wasserversorgung nachrangig.

Zunächst zu den veröffentlichten Daten der IHK-Umfrage zu den Wasserpreisen in Hessen und speziell im Vogelsberg. Wir wissen jetzt, dass wir bei den Wasserpreisen über dem Durchschnitt der Republik liegen. Allerdings sind die veröffentlichten Daten wenig vergleichbar, weil die Bedingungen der Wasserver- und -entsorgung regional sehr unterschiedlich sind und auch verschiedene Dienstleistungen in den Wasserpreis einfließen.

Allerdings haben die Bürger vor dem Hintergrund der IHK-Erhebung gute Gründe, die Berechnungen ihrer Wasserbetriebe zu erfahren.

Es scheint so, der IHK ist die Erhebung der Wasserpreise eigentlich nur die Folie dafür, die Privatisierung der Wasserwirtschaft zu propagieren. Die IHK-Vertreter meinen, dann würde effizienter gearbeitet, und die Wasserpreise würden sinken. Die Privatisierung der Wasserwirtschaft war dort, wo schon praktiziert, bisher keine Erfolgsstory für die Bürger und meistens auch nicht für die Städte und Kommunen. Man braucht zum Beleg nicht in der Ferne die Privatisierungskatastrophen von Wasser in Südostasien und Lateinamerika anzuführen.

Großbritanniens Wasserversorgung ist seit 1989 privatisiert. Die maroden, druckanfälligen Rohre zu reparieren, ist extrem teuer. Ständig werden Londons Straßen gesperrt, weil Rohre geplatzt sind. Das Versorgungsunternehmen „Thames Water" senkte den Druck einfach ab. Mit der Folge, dass das Wasser schon seit Jahren nicht immer und überall in die oberen Stockwerke steigt.

Um das horrende Schuldenloch zu verkleinern, verkaufte Berlin seine Wasserwerke an zwei Global Player: „Thames Water'' gehört zum deutschen RWE-Konzern. „Veolia" ist ein französischer Riese. Seit 1999 halten beide knapp die Hälfte der Anteile. Die Wasserpreise steigen. Geheime Zusatzverträge garantieren den Privaten die volle Verfügungsgewalt und einen hohen Gewinn. Wenn dieser nicht erwirtschaftet werden kann, garantiert der Berliner Senat eine Mindestrendite. Verschiedene Städte betreiben inzwischen enttäuscht die Rekommunalisierung der privatisierten Wasserversorgung.

Allerdings sind die Probleme des Wasserpreises und der Wasserqualität nicht ausschließlich auf den Aspekt der Privatisierung zu reduzieren, da hat Paul Braun Recht. Das Motto, „Wasser gehört nicht an die Börse, sondern ins Rathaus", trifft nur zur Hälfte. Wasser ist ein Lebensgut, man kann es durch nichts ersetzen. Vor diesem Hintergrund darf Wasser nicht kommerzialisiert werden, egal ob in privater oder kommunaler Regie. Es muss eine öffentliche Aufgabe der Daseinsvorsorge für die Bürger bleiben, dass Wasser in bekannter hoher Qualität und zu moderaten Preisen zu erhalten ist.

Michael Riese, Alsfeld