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FR vom 10.05.2006

Freiburg : Gegner des Wohnungsverkaufs machen mobil

Freiburg In dieser Woche beginnt die Sammlung von Unterschriften gegen den vom grünen Oberbürgermeister Dieter Salomon angekündigten Verkauf des gesamten Wohnungsbestandes in Freiburg. Zehn Prozent der Wahlberechtigten müssen zustimmen, damit das Plebiszit überhaupt stattfinden kann.

Erst glaubten viele an einen Aprilscherz, doch Salomon, der einzige grüne Großstadtbürgermeister, meinte es ernst, als er am 1. des vorigen Monats bekannt gab, den kompletten Bestand von rund 9000 städtischen Wohnungen zu veräußern. Die Freiburger Stadtspitze erwartet sich davon Einnahmen von mindestens einer halben Milliarde Euro, womit sie nicht nur das Haushaltsdefizit, sondern alle Schulden in Höhe von rund 400 Millionen Euro tilgen könnte. Die Verwaltung hat ihren Plan vorige Woche den Fraktionen des Gemeinderates vorgelegt und erklärt, es gäbe keine andere Lösung, um Schulen und andere Einrichtungen sanieren zu können.

Soziale Schieflage befürchtet

Gegen den Wohnungsverkauf haben sich bislang die SPD und die linken "Unabhängigen Listen" im Gemeinderat ausgesprochen, weil sie soziale Schieflagen und ein noch höher steigendes Mietniveau befürchten, wenn die Stadt alle wohnungspolitischen Instrumente aus der Hand gibt. Die gleich starken Fraktionen von CDU und Grünen, die die Ratsmehrheit bilden, haben sich noch nicht endgültig festgelegt, doch die Parteispitzen signalisierten bereits Unterstützung für Salomons Verkaufskurs.

Sozialverbände, der Mieterbund, die CDU-Sozialausschüsse, Teile der Freien Wähler, Kirchenvertreter, die grüne Jugend und die grüne Bundestagsabgeordnete Kerstin Andreae sind gegen den Komplettverkauf. Der Ortschaftsrat des Stadtteiles Kappel hat einstimmig gegen den Verkauf votiert, und auf der Mai-Kundgebung des DGB in Freiburg musste Salomon beim Grußwort gegen ein mächtiges Pfeifkonzert anreden.

Eine neu gegründete Initiative "Wohnen ist Menschenrecht" will diese Woche mit der Sammlung von Unterschriften für ein Bürgerbegehren gegen den Verkauf beginnen. Ein solches Plebiszit ist nach der baden-württembergischen Gemeindeordnung möglich, wenn mindestens ein Zehntel der Wahlberechtigten zustimmt - das wären in Freiburg 14 000 Unterschriften. Beim dann folgenden Urnengang müssten mindestens 25 Prozent der Wahlberechtigten teilnehmen, damit das Votum Wirkung erzielt. Eine einfache Mehrheit würde dann genügen, um den Deal platzen zu lassen. Noch keines der bislang drei Bürgerbegehren erreichte in Freiburg sein Ziel, in zwei Fällen ignorierte der Gemeinderat die nicht bindende Abstimmung, weil das Quorum verfehlt wurde.

Die Initiatoren des Bürgerbegehrens sind jedoch optimistisch, die Abstimmung zu gewinnen. "Die Empörung ist gerade jetzt groß", erklärt SPD-Kreisvorsitzender und Stadtrat Walter Krögner.

Der Gemeinderat soll nach dem Willen der Stadtspitze am 4. Juli über den Wohnungsverkauf befinden. Heinz Siebold